Besonders verheerend sind dabei die Nervengifte aus der Gruppe der sogenannten Neonikotinoide. Die u.a. von Bayer und Syngenta hergestellten Gifte stören das Orientierungsvermögen und Gedächtnis der Bienen und schwächen ihr Immunsystem. In der Folge finden die Tiere nicht mehr zu ihrem Stock zurück und werden anfälliger für Krankheiten, die zum Kollaps des ganzen Bienenvolkes führen können. Weltweit klagen Imker*innen bereits über den Verlust von Bienenvölkern.
Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Thema Bienen und Pestizide
Neonikotinoide zählen zu den Nervengiften und zugleich systemischen Pestiziden, d.h. sie werden über die Wurzel aufgenommen und verteilen sich dann in der gesamten Pflanze. Mit dem Pollen oder über Guttationstropfen (Wassertropfen auf der Blattrückseite) können diese dann direkt von den Bienen aufgenommen werden. Die Stoffgruppe steht in dringendem Verdacht, das weltweit zu beobachtende Bienenvölkersterben mit auszulösen. Deshalb hatte die EU-Kommission zum 1. Dezember 2013 europaweit drei Neonikotinoid-Wirkstoffe nur noch eingeschränkt zugelassen, bis es neue Erkenntisse zur Bienengefährlichkeit gibt: Clothianidin, Thiomethoxam und Imidacloprid. Im April 2018 hat die EU ein Freilandverbot für die drei Wirkstoffe erlassen. Ihr Einsatz ist nun nur noch im Gewächshaus erlaubt.
Wissenschaftler*innen haben belegt, dass Neonikotinoide u. a. das Orientierungsvermögen der Bienen schädigen. Im Juni 2014 ist dazu auch erstmals eine Meta-Studie der Weltnaturschutzunion (IUCN) erschienen, die über 200 Studien zusammengefasst hat. Diese liefern zahlreiche deutliche Hinweise, dass Neonikotinoide Insekten (also auch Bienen), Regenwürmer, Fledermäuse, Vögel und weitere Organismengruppen stark schädigen, ohne dass ihre Einwirkung sofort zum Tode führt. Beispielsweise können diese Pestizide das Immunsystem schädigen und die Fruchtbarkeit beeinträchtigen.
Bisher gab es wenige Untersuchungen über Umwelteinflüsse speziell auf Königinnen. Eine im Oktober 2015 veröffentlichte Studie zeigt, dass auch Bienenköniginnen Schädigungen durch Neonikotinoide erlagen können. Sie wiesen eine schlechtere Fortpflanzungsleistungen (weniger Arbeiterinnenbrut) derjenigen Königinnen nach, die den Pestiziden ausgesetzt waren. Die Gesundheit von Bienenköniginnen ist essentiell für die Honigleistung und die Entwicklung eines Bienenvolkes. Die Studie bestärkt die Notwendigkeit eines verbesserten Risikomanagements, um Artenvielfalt zu schützen und die für uns wichtige Bestäuberleistung von Insekten nicht noch weiter zu gefährden.
Orientierungsfähigkeit und Kommunikation sind überlebenswichtige Fähigkeiten für einzelne Bienen. Sogar das Überleben des gesamten Bienenvolkes hängt davon ab. Bienen kommunizieren über eine Art Tanz, der aufzeigt, wo ihre Artgenossen gute Quellen für Nektar, Honigtau oder Pollen finden können. Ist ihr Navigationsgedächtnis gestört, können sie sich nicht mehr "merken", wo sie wichtige Nahrungsquellen gefunden haben – und dies auch nicht mehr an die Arbeiterinnen in ihrem Bienenstock weitergeben. Manche Bienen finden auch gar nicht mehr zurück zu ihrem Volk und verenden kläglich. In der Häufung kann das alles sogar zum Tod ganzer Bienenvölker führen.
Auch Imker*innen wehren sich schon seit längerer Zeit gegen Neonikotinoide. Mehrere deutschsprachige Imkerverbände haben beispielsweise bei der Klage von Bayer und Syngenta gegen die EU-Kommission eine Prozessbeteiligung beantragt und sind als solche vor dem Europäischen Gerichtshof auch zugelassen worden. Sie haben dadurch Einsicht in alle Schriftsätze und können eigene Argumente einbringen, die das Gericht berücksichtigen muss. Auf diese Weise möchten die Imker*innen verhindern, dass es zu einer außergerichtlichen Einigung hinter verschlossenen Türen kommt.
Indirekt schon, denn wenn Honigbienen und andere wildlebende bestäubende Insekten geschädigt oder getötet werden, trifft dies jeden von uns: Die Insekten bringen allein in Deutschland jedes Jahr mit ihrer Bestäubungsleistung einen volkswirtschaftlichen Nutzen von zwei Milliarden Euro. Ohne sie müssten wir Bundesbürger also auf ein Drittel unserer Nahrungsgrundlage verzichten. Die Auswirkungen auf die Gesundheit von Bienen und Mensch durch einen Pestizid-Cocktail in Honig und Pollen sind noch nicht hinreichend untersucht worden – eine gesundheitsschädigende Wirkung auf Menschen kann daher nicht ausgeschlossen werden. Gleichwohl sind einige Bayer-Produkte mit Neonikotinoiden – beispielsweise dem hier im Streit stehenden Thiacloprid – immer noch behördlich zugelassen (PDF).
Sowohl Gießmittel als auch Sprays oder Stäbchen können Neonikotinoide enthalten. Die meisten Produkte mit dem Namen "Lizetan" und "Calypso" beinhalten den Wirkstoff Thiacloprid aus der Gruppe der Neonikotinoide. Bei "Careo"-Produkten wird oft der Wirkstoff Acetamiprid verwendet, ebenfalls ein Neonikotinoid. Die vollständige Liste (PDF) aller für den Kleingarten zugelassener Produkte mit Neonikotinoiden finden Sie hier.
Nein, das ist keine Alternative. "Compo Zierpflanzenspray" und "Compo-Schildlaus-Spray" enthalten Dimethoat als Wirkstoff. Dimethoat ist ebenfalls ein starkes Nervengift und für Bienen sehr gefährlich. Es darf keinesfalls auf blühende oder von Bienen beflogene Pflanzen ausgebracht werden. Alternative Mittel sind Gesteinsmehle, Mineralien, Hefen oder Algenprodukte.
Nach dem Teilverbot von drei bienengefährdenden Neonikotinoiden hat sich bei der Behandlung von Raps der Pestizidwirkstoff Thiacloprid auf dem Markt durchgesetzt. Auch dieses Neonikotinoid, das Bayer in mehreren seiner Präparate verwendet, beeinträchtigt nach neuesten Forschungsergebnissen (PDF) des renommierten Neurobiologen Randolf Menzel von der Freien Universität Berlin aus dem März 2014 das Navigationsgedächtnis der Honigbienen, stört deren Tanzkommunikation und reduziert die Pollensammelaktivität. Zudem ist durch das staatliche Deutsche Bienenmonitorring (DEBIMO) bekannt, dass dieses Pestizid am häufigsten als Rückstand im Bienenbrot (Pollen) nachgewiesen wird.
Der BUND ist gegen den Einsatz von chemisch-synthetischen Pestiziden sowohl in der Landwirtschaft als auch im Privatgarten. Es gibt eine Vielzahl natürlicher Mittel und alternativer Methoden wie Mischkulturen, Fruchtfolgen und die Schaffung von Lebensraum für Nützlinge, die erfolgreich Einsatz in der ökologischen Landwirtschaft finden und auch im Hobbygarten angewandt werden können. Nur so können wir die Artenvielfalt schützen und Wasser, Böden und Nahrung frei von Giften halten.
Pflanzen Sie heimische Pflanzenarten und -sorten, die zu Klima und Boden passen und beachten Sie die richtigen Pflanzabstände und die Bodenpflege. So garantieren Sie gesunde Pflanzen, die widerstandsfähig gegen Krankheiten und Schädlinge sind. Mischkulturen zum Beispiel verhindern, dass sich Schädlinge schnell und großflächig ausbreiten können. Maßnahmen wie seltenes Mähen der Wiese, Schaffen von wilden Ecken und Strukturen, Belassen von abgeblühten Stauden schaffen Lebensraum für Nützlinge, die die Schädlinge im Zaum halten. Wenn es doch mal zu viel wird mit den ungeliebten Insekten, kann man Gitter oder Netze anbringen, Schädlinge absammeln, mit Pflanzensud wie Schachtelhalmbrühe oder Brennnesseljauche gießen oder gezielt Nützlinge wie zum Beispiel Nematoden, Schlupfwespen oder Raubmilben einsetzen.
Mehr Tipps zum pestizidfreien Gärtnern finden Sie hier.
Wählen Sie heimische Pflanzen und verabschieden Sie sich von Exoten und Züchtungen mit gefüllten Blüten. Schaffen Sie ein Blühangebot von Frühjahr bis Herbst. Mähen Sie Ihren Rasen nicht zu oft (ein bis zweimal im Jahr), damit bienenattraktive Pflanzen wie Klee, Gänseblümchen und Löwenzahn zur Blüte kommen können. Schaffen Sie wilde Ecken, wo Natur sich selbst überlassen ist. Entscheiden Sie sich für bienenfreundliche Pflanzen und lassen Sie Küchenkräuter blühen. Honigbienen und auch Wildbienen lieben Thymian, Lavendel oder Borretsch. Pflanzen Sie Obstbäume und Beerensträucher: Das ist nicht nur gut für Bienen, sondern sichert auch eine leckere Ernte.
Hier finden Sie ausführliche Tipps für wildbienenfreundliche Gärten und detaillierte Informationen zu Bienenweiden und Artenlisten.
Der BUND kritisiert, dass Präparate mit Neonikotinoiden trotz neuer wissenschaftlicher Studien immer noch zugelassen sind (PDF). Die Zulassungsbehörde, das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL), hat das Neonikotinoid Thiacloprid sogar als "bienenungefährlich" eingestuft. Politik und Behörden hinken den wissenschaftlichen Erkenntnissen weit hinterher. Sogenannte subletale Effekte, die nicht unmittelbar tödlich sind, werden bei der Zulassung kaum oder gar nicht berücksichtigt. Der Verlust der Orientierungsfähigkeit beeinträchtigt Bienenvölker jedoch stark bei der Nahrungssuche. Kehren viele Flugbienen nicht zu ihrem Stock zurück, wird das Bienenvolk geschwächt und es sinkt die Chance zu überleben.
Das Programm setzt zwar an der richtigen Stelle an. Doch was dringend gebraucht wird, sind ganz konkrete, messbare Ziele, detaillierte Maßnahmen und wirksame Instrumente zum Schutz der Insekten. Zudem müssen die Maßnahmen unbedingt mit finanziellen Mitteln unterlegt werden, um erfolgreich zu sein.
Unbedingt erforderlich ist ein Systemwechsel in der Landwirtschaft. Dazu muss die Menge an Pestiziden deutlich reduziert werden. Besonders gefährliche Pestizide wie Glyphosat oder die der Wirkstoffgruppe der Neonikotinoide müssen vom Markt genommen werden. Ohne das Verbot von besonders gefährlichen Pestiziden ist das Insektensterben nicht zu stoppen.
Ein Umlenken in der Agrarpolitik ist auch auf europäischer Ebene unerlässlich. Mit der Finanzierung des europäischen Naturschutzes und der anstehenden Veränderung der europäischen Agrarpolitik im Rahmen der GAP liegen zwei unmittelbare Werkzeuge vor, um den Schutz der Bestäuber zu verbessern.
Der BUND fordert:
- Ein uneingeschränktes Verbot von Neonikotinoiden auf EU-Ebene und international
- die Auslistung von bienengefährlichen Pestiziden aus allen Baumärkten und Gartencentern
- eine naturnahe Landwirtschaft ohne den Einsatz von Pestiziden
- die Förderung von Landschaftselementen wie Gewässerrandstreifen und blühenden Ackerrändern
Für die Rettung der Bienen ist es höchste Zeit. Bisher hat die Bundesregierung außer schönen Worten und Konferenzen keine ernsthaften Maßnahmen zum Schutz von Honig- und Wildbienen ergriffen. Der BUND fordert die Bundesregierung auf, einen nationalen Bienenaktionsplan zu verabschieden und umzusetzen. Eckpunkte dafür sind:
- Bestäuber besser vor Pestiziden schützen: Neonikotinoide verbieten, Glyphosat nicht wieder zulassen, keine Pestizide auf kommunalen Flächen, Auslistung von bienengefährdenden Pestiziden in Baumärkten und Gartencentern.
- Vorhandene Lebensräume erhalten und wiederherstellen, neue Lebensräume schaffen
- Landwirtschaft umgestalten: Gemeinsame EU-Agrarpolitik (GAP) nutzen, um die bäuerliche und ökologische Landwirtschaft voranzubringen.
- Zulassungsverfahren für Pestizide reformieren: Auswirkungen auf (Wild-)Bienen einbeziehen, industrieunabhängig prüfen, Transparenz erhöhen.
- Weiterbildung und Forschung intensivieren: Alternativen prüfen, Bienenschutz stärken.
Als BUND machen wir uns stark gegen Pestizide!
Pestizide gefährden nicht nur die Artenvielfalt, Wildbienen und andere Insekten. Sie sind ebenso eine große Gefahr für uns Menschen. Jährlich kommt es weltweit zu Millionen von Vergiftungen mit Pestiziden. Dank Ihrer Spende mischen wir uns in politische Entscheidungen ein, erarbeiten wissenschaftlich fundierte Alternativkonzepte und gehen in die Öffentlichkeit mit dem Thema. Dabei sind wir unabhängig und überparteilich.