Am 23. Mai 2018 hat die EU-Kommission einen Gesetzentwurf für eine schärfere Regulierung von Einwegprodukten aus Plastik vorgestellt. Vorrangiges Ziel der lang erwarteten Initiative ist erklärtermaßen die Reduzierung des Plastikmülls in den Meeren.
Nach den Vorstellungen der Kommission sollen Strohhalme, Plastikgeschirr, Wattestäbchen und Haltestäbchen für Luftballons verboten werden. Für Plastikflaschen soll die Sammelquote bis 2025 auf 90 Prozent erhöht, der Konsum von Einwegbechern und -verpackungen nach und nach gesenkt werden. Hersteller könnten künftig auch für das Einsammeln und die Behandlung von Plastikmüll zur Kasse gebeten werden.
"Wir sind froh, dass die EU-Kommission den dringenden Handlungsbedarf erkannt hat und begrüßen das geplante Verbot von Einwegprodukten, für die es längst nachhaltige Alternativen gibt. Jetzt braucht es verbindliche Vorgaben, um den Verbrauch von Einwegbechern und Essensverpackungen in den einzelnen Ländern effektiv zu senken", erklärte BUND-Chemieexperte Manuel Fernández.
Der Gesetzentwurf der Kommission ist Teil der bereits im Januar 2018 vorgestellten und im Rahmen des Kreislaufwirtschaftspaketes für ein nachhaltiges Recycling erstellte EU-Plastikstrategie. "Was jetzt fehlt, sind konkrete Vorschläge, wie wir umwelt- und gesundheitsschädliche Chemikalien aus dem Recyclingkreislauf heraushalten", so Fernández. "Andernfalls können wir uns jede weitere Diskussion über das Erreichen von vereinbarten Nachhaltigkeitszielen endgültig sparen."
Das Müllproblem
Mehr als 25 Millionen Tonnen Plastikabfälle erzeugen wir jedes Jahr in Europa, davon werden deutlich weniger als 30 Prozent recycelt. Über 70 Prozent des Plastikmülls wird deponiert, verbrannt oder verpestet die Umwelt. Sichtbarstes Alarmzeichen sind die Abermillionen Tonnen an Plastikabfällen, die alljährlich in den Weltmeeren landen. Die Bilder von an verschluckten Plastikverpackungen verendeten Seevögeln und Meeressäugern gehen seit Jahren um die Welt. Zwischen 150.000 und 500.000 Tonnen davon kommen jedes Jahr aus der EU.
Von der ohnehin geringen Recyclingmenge wird zudem nach EU-Angaben ein signifikanter Teil in Drittländer mit deutlich laxeren Umweltbestimmungen exportiert. Ziel der neuen EU-Plastikstrategie ist es, dass alle Plastikverpackungen bis 2030 wiederverwendbar oder recycelbar sein sollen. Um ein solches Ziel zu erreichen, braucht es jedoch mehr als einzelne symbolträchtige Verbote.
Das angepeilte Ziel, die Mehrwegquote für Plastikflaschen auf 90 Prozent zu erhöhen, ist ein richtiger Ansatz. Vorrangiges Ziel muss jedoch bleiben, den Plastikkonsum insgesamt zu senken. Das betrifft vor allem Trinkbecher und Verpackungen "to go", die rund die Hälfte des Plastikmülls ausmachen. Wegwerfprodukte dieser Art dürfen nicht länger kostenlos erhältlich sein.
Gefährliche Stoffe
Obwohl sie als Teil des sogenannten EU-Kreislaufwirtschaftspakets für nachhaltiges Recycling erdacht wurde, enthält die EU-Plastikstrategie keinerlei Vorgaben in Bezug auf umwelt- und gesundheitsschädliche Chemikalien in Konsumartikeln aus Kunststoff.
Dazu gehören hormonell schädliche Chemikalien (endokrine Disruptoren, ED), wie Phthalat-Weichmacher, Flammschutzmittel oder Bisphenol A, enthalten in unzähligen Kunststoffprodukten, vom Spielzeug, über Bodenbeläge, Polstermöbel, Dämmstoffe und Elektronikgeräte, bis hin zur Innenbeschichtung von Konservendosen. Diese Stoffe gelten unter anderem als Mitverursacher von Diabetes Typ B, Brust- und Hodenkrebs, Immunschwäche, Unfruchtbarkeit oder Lern- und Verhaltensstörungen bei Kindern – allesamt Erkrankungen, die seit Jahrzehnten überproportional zugenommen haben.
Die EU muss sicherstellen, dass Kunststoffmaterialien, die gefährliche Schadstoffe enthalten, nicht zur Wiederverwertung gelangen. Die Erhöhung von Recyclingquoten darf nicht dazu führen, dass Recyclingmaterialien, die gefährliche Stoffe enthalten, in Form von neuen Konsumprodukten wieder auf den Mark kommen.
Die EU-Plastikstrategie ist dennoch ein sehr wichtiger Schritt und zweifellos auch ein Erfolg der jahrelangen Bemühungen der Umweltverbände, die Folgen ausufernden Plastikkonsums für Mensch und Umwelt sowie die dringende Notwendigkeit entsprechender politischer Maßnahmen deutlich zu machen.
Dabei darf die Realität nicht aus den Augen gelassen werden: Weltweit steigt die Produktion von Kunststoffen weiter an. Allein in der EU beschäftigt dieser Wirtschaftssektor mehr als 1,5 Millionen Menschen und generiert einen Umsatz von über 340 Milliarden Euro. In einer neuen, nachhaltigen Wertschöpfungskette müssen all diese Faktoren in Einklang gebracht werden.