Schifffahrt: Nord- und Ostsee sind Hauptverkehrsrouten

Die Nordsee ist eines der meistbefahrenen Gebiete der Welt und der Verkehr in der Ostsee nimmt stetig zu. Die Umweltbelastungen durch die Seeschifffahrt sind dabei immens.

Ostsee-Fähre; Foto: ASSY / CC0 / pixabay.com Ostsee-Fähre

Der kommerzielle Seeschiffsverkehr ist ein bedeutendes Transportmittel in der Nord- und Ostsee. Fast 25 Prozent aller weltweiten Schiffsbewegungen finden auf der Nordsee statt und haben dieses Meer zu einem der meistbefahrenen Gebiete der Welt gemacht. Viele dieser Schiffsverkehre führen bis in die Ostsee.

Die Seeschifffahrt bringt aber mehrere gravierende Umweltbelastungen und -risiken mit sich.

Das bleibt nicht ohne Folgen für das Ökosystem. Zu den Problemen zählen Schiffsemissionen, Lärm, Müll, Rückstände von den Antifoulinganstrichen sowie die Gefahr von Havarien (Schiffsunglücke). Dadurch kommt es regelmäßig zu Schädigungen der Natur. Lange unbeachtet blieb die Gefahr, die dem Ökosystem durch mit dem Ballastwasser eingeschleppten Arten droht.

Belastungen durch die Schifffahrt

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Ballastwasser: Invasive Arten als blinde Passagiere

Mit Ballastwasser erhöhen Schiffe ihr Gewicht, um sich bei Leerfahrten zu stabilisieren. Leider werden dabei jede Menge kleine Tiere und Larven mit in die Tanks gepumpt. Beim Auspumpen der Tanks bei der Einfahrt in den nächsten Hafen landen auch die blinden Passagiere wieder im Meer. Ungefähr 2,7 Millionen Tiere sind es täglich alleine in deutschen Häfen. Finden sie dann noch gute Bedingungen vor, steht einer Ausbreitung der sogenannten Neozoen (invasive Tierarten) nichts mehr im Wege.

Dennoch ist die Anzahl der eingeschleppten Arten in Nord- und Ostsee bisher mit rund 170 vergleichsweise gering geblieben. Meist haben sich die neuen Arten ins Ökosystem eingegliedert ohne größere Schäden anzurichten. Ausnahmen sind die Pazifische Auster und die Amerikanische Schwertmuschel, die ihre ursprünglich heimischen Verwandten heute weitestgehend verdrängt haben und die als invasive Arten gelten.

Neben der Verdrängung einheimischer Spezies können sich Neozoen aber auch auf andere Weise dramatisch auf das Ökosystem auswirken. Einschleppte Parasiten und Krankheitserreger richten häufig größeren Schaden an als die neue Art selber. Ein Beispiel von vielen ist die aus Amerika eingeschleppte Krebspest, der unsere einheimischen Süßwasserkrebse reihenweise zum Opfer fallen.

Störungen der etablierten Nahrungsketten und der Räuber-Beute-Interaktionen aufgrund eingeschleppter Arten sind in unseren Meeren bisher immerhin ausgeblieben. Eine Hybridisierung, also eine genetische Vermischung mit einheimischen Arten, an deren Ende oft unfruchtbare Nachkommen stehen, wurde hingegen bei der Pazifischen und der Europäischen Auster schon beobachtet.

Den größten wirtschaftlichen Schaden richten bisher die holzfressende Schiffsbohrmuschel, die Pazifische Auster und ein fischparasitärer Wurm an, der sich in der Schwimmblase von Aalen einnistet. Neue Filtertechniken oder eine Sterilisation mit Bioziden oder Ozon sollen in Zukunft helfen, die Gefahr von Organismen aus Ballastwasser für das Ökosystem etwas zu reduzieren. Der Einsatz von Chemikalien sollte aber auf jeden Fall vermieden werden.

Schiffsemissionen: Schwefel & Co. – an Land wäre es Sondermüll

Seit dem Ende des 18. Jahrhunderts die Umstellung von Segel- auf Dampfschifffahrt begann, blasen Schiffe große Mengen Schwefel, Stickoxide und Ruß in die Luft. Die heutigen Schiffsdieselmotoren werden meist mit Schweröl angetrieben. Dieses Öl ist ein Rückstand aus der Erdölverarbeitung und enthält großen Mengen von Schwefel.

Bei der Verbrennung entstehen Luftschadstoffe, Treibhausgase und Substanzen, die zum Abbau der Ozonschicht beitragen. Neben dem Treibhausgas CO2 gelangen auch gesundheitsschädliche Stickoxide (NOx), Schwefeldioxid (SO2) und große Mengen Ruß in die Luft. Diese Stoffe, die an Land für sauren Regen verantwortlich sind, tragen im Meer, ebenso wie die Landwirtschaft, zur Eutrophierung bei. Gerade weit entfernt vom Festland und in den tropischen Gewässern mangelt es den Algen meist an Stickstoff. Man spricht auch von einer N-limitierung. Der zusätzliche Stickstoffeintrag führt hier zu einem unüblichen Algenwachstum. Das beeinträchtigt die auf klares Wasser angewiesenen Organismen wie Korallen.

Die Luftschadstoffe schlagen sich auch im Küstenbereich und in den Häfen an Land nieder und können dort Umweltprobleme verursachen, die sich auf die menschliche Gesundheit und die natürliche Umwelt auswirken. Eine alarmierende Studie über die Luftschadstoffbelastung durch den Bau des Kreuzfahrtterminals in der Hafenstadt Hamburg prognostiziert massive Feinstaub-Grenzwertüberschreitungen während der Liegezeit der Ozeanriesen im Hamburger Hafenbereich. Verschiedene Ergebnisse internationaler Studien bestätigen die Dimension der Auswirkungen von Schiffsemissionen. Der öffentliche und politische Handlungsdruck hat sich verstärkt.

Doch sind regionale Lösungen nicht einfach umsetzbar, da die Seeschifffahrt ausschließlich internationalen Regularien der IMO (Internationale Maritime Organisation) unterworfen ist. Das trifft allerdings nur auf den Fahrzustand zu, nicht auf die Liegezeit. Die EU hat diese kleine Lücke entdeckt und eine EU-Richtlinie für die Liegezeit erlassen. Auf Grund dieser EU-Richtlinie dürfen seit dem 1.1.2010 Schiffe während der Liegezeit nur Schiffstreibstoffe mit 0,1 Prozent Schwefelgehalt verwenden. Oder alternativ landseitigen Strom aus der Steckdose beziehen.

Also – alles geregelt? Leider nein! Die Emissionen der Schiffe übersteigen immer noch die Grenzen der Standards an Land. In den Tankstellen an Land werden in Deutschland Dieselkraftstoffe mit einem Schwefelgehalt von maximal 10 ppm (höchstens 0,001 Prozent Schwefel) angeboten. Auf Schiffen wird ein 1.000-fach höherer Schwefelgehalt verwendet, der in vielbefahrenen Küstenregionen inzwischen zu sehr hohen Belastungen führt. In den Häfen liegt er zum Teil bei über 95 Prozent der Gesamtemissionen. Ab 2015 werden die Schiffstreibstoffe auf 0,1 Prozent Schwefelanteil auch während der Fahrzeit in der Nord- und Ostsee begrenzt sein. Das ist immer noch das 100-fache des für Landfahrzeuge Erlaubten. Der Schiffstreibstoff müsste an Land weiterhin in einer Sondermüllverbrennungsanlage entsorgt werden.

Untersuchungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zeigen, dass Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie Schäden des Atemsystems in engem Zusammenhang mit Feinstäuben stehen. Die EU-Kommision machte die Feinstaubbelastung für 310.000 Todesfälle pro Jahr und die Verkürzung der allgemeinen Lebenserwartung um ein bis zwei Jahre verantwortlich. Nach einer Untersuchung der Europäischen Kommission erzeugen Schiffsemissionen etwa 20 bis 30 Prozent dieser so genannten sekundären anorganischen Partikel in den Küstengebieten und stellen damit neben den außerdem anfallenden Rußpartikeln eine enorme Belastung der Gesundheit der BewohnerInnen dar.

Der Schlüssel zur Reduzierung des Schwefelausstoßes ist die Senkung des Schwefelgehaltes im Treibstoff, denn der Feinstaub- und Schwefeloxid-Gehalt der Abgase ist abhängig vom Schwefelgehalt im Treibstoff.

Aber leider hat das keine Wirkung auf die emittierten Stickoxide. Auch der Ausstoß von flüchtigen Gasen und Ozon bleibt bei reduziertem Schwefelgehalt gleich hoch. Sie können nur mit Abgasreinigungssystemen herausgefiltert werden.

Stickoxide (NOx) können zu Reizungen der Augen und Atemwege sowie zu asthmatischen Reaktionen führen, Zellveränderungen hervorrufen und krebsfördernd wirken. Schiffe emittieren doppelt so viel NOx pro Tonnenkilometer wie ein Lkw. Der Stickoxidausstoß von Dieselmotoren ist unabhängig von der Reinheit des Treibstoffs und hängt mit dem Verbrennungsprozess im Motor zusammen. Die Reduzierung des NOx-Ausstoßes kann nur durch Filtertechniken oder durch Beeinflussung des Verbrennungsprozesses erfolgen.

Der BUND fordert:

  • weitere Reduktion der Schiffsemissionen
  • Abgasreinigungssysteme für Schiffe
  • Ausweisung von Nord- und Ostsee als ECA-Gebiet (Schwefel- und Stickoxid-Kontrollgebiet)
  • strikte Umsetzung der IMO-Richtlinie
  • weltweite Abschaffung von Schweröl als Schiffstreibstoff 
Sicherheit: Der nächste Unfall kommt bestimmt

Einige Jahre ohne größere Schiffskatastrophe in der Nord- und Ostsee lassen dieses Thema langsam aus dem öffentlichen Bewusstsein verschwinden. Ein Fehler, denn schließlich gehören sie zu den gefährlichsten Meeresregionen der Welt. Seit Beginn der Schifffahrt auf Nord- und Ostsee erlauben häufige Stürme, die vielen Sandbänke und Untiefen keine Unachtsamkeit der Kapitän*innen. Hinzugekommen sind inzwischen noch der dichte Schiffsverkehr und in zunehmendem Maße Offshore-Bauwerke wie Ölplattformen und Windräder

Wann ein Unfall eines der riesigen Tanker oder Containerschiffe mit schwersten ökologischen Folgen für das gesamte Ökosystem passiert, ist nur eine Frage der Zeit. Umso wichtiger ist es, die Sicherheit mit Hilfe von genauen Ortungs- und Warnsystem so weit wie möglich zu verbessern. Außerdem müssen Notfallpläne bereitliegen und das für eine Eindämmung der Umweltfolgen benötigte Material muss vorhanden sein. Auf diesem Gebiet gibt es noch viel zu tun.

Schiffslärm: Kommunikation von Fischen und Meeressäugern gestört

Auch der Lärm, den die Schiffen verursachen, ist eine Art der Emission. Schall breitet sich im Wasser viermal schneller und vor allem viel weiter aus als in der Luft. Jeder, der schon einmal in einem Maschineraum eines größeren Schiffes stand, weiß, dass es dort nicht gerade leise zugeht. Das führt in den vielbefahren Meeren zu einer Dauergeräuschbelastung – in etwa vergleichbar mit der einer Autobahn vor der eigenen Haustür.

Für besonders lauten Krach sorgen allerdings Bauaktivitäten, Sand- und Kiesabbau und seismische Messungen bei der Erdölexploration. Gebiete mit solchen Aktivitäten werden von vielen Tieren fluchtartig verlassen.

Wie sich der ständige Lärm auf die Meeressäuger – besonders die mit akustischen Signalen kommunizierenden Wale und Delphine – auswirkt, ist noch weitestgehend unbekannt. Vergessen wird häufig, dass auch viele Fische sich mit Hilfe von Lauten verständigen. Bestes Beispiel ist der Knurrhahn, der daher sogar seinen Namen hat. 

Antifouling-Substanzen: Wenn weiblichen Schnecken ein Penis wächst

Unter "Biofouling" versteht man die Besiedlung von Objektoberflächen durch Wasserorganismen. Jeder feste Untergrund ist den Larven von Seepocken, Muscheln, Korallen, Seescheiden, Schwämmen und Algen äußerst willkommen und wird schleunigst besiedelt. Gerade für Schiffe ist das ein großes Problem, da sich dadurch Reibung und Gewicht erhöhen.

Der Kraftstoffverbrauch steigt, die Korrosion nimmt zu und die Manövrierfähigkeit der Schiffe verschlechtert sich. Die Beseitigung dieser Organismen ist ein beträchtlicher Kostenfaktor für die Schifffahrtindustrie. Aber auch alle anderen ausgebrachten Oberflächen, wie zum Beispiel die Fundamente von Offshore-Windrädern oder Hafenanlagen, kämpfen mit diesem Problem.

Bis heute versucht man es zu lösen, indem man die im Wasser befindlichen Oberflächen mit hochgiftigen Farben bestreicht, die vor allem Organo-Zinn-, Kupfer- und Organo-Stickstoff-Verbindungen enthalten. Die hochgiftigen Substanzen lösen sich langsam aus der Farbe und vergiften die angesiedelten Organismen. Sie sterben und fallen bestenfalls ab oder stellen zumindest das Wachstum ein. Natürlich müssen die giftigen Farben regelmäßig erneuert werden, damit sie ihre Wirksamkeit behalten.

Da viele dieser Substanzen ziemlich stabil sind, reichern sie sich in den vielbefahrenen Meeresregionen an. Dadurch schädigen diese Stoffe auch die anderen am Biofouling unbeteiligten Meeresorganismen. Besonders in die Kritik geraten ist hierbei das inzwischen verbotene TBT (Triubutylzinnhydrid). Es wirkt bei vielen Meeresschnecken wie ein Geschlechtshormon und führt zu Imposex: Den weiblichen Schnecken wächst dann ein überflüssiger Penis, der die Vermehrungsfähigkeit stark einschränkt. Die Wellhornschnecke in der Nordsee hat das an den Rand des Aussterbens gebracht.

Von der Natur lernen: Neue Ideen für das Antifouling

Inzwischen geht die Antifouling-Forschung aber neuen Ansätzen nach. Die Idee ist, sich erst gar keine Organismen ansiedeln zu lassen. Schließlich gibt es Vorbilder in der Natur, die eine Besiedlung erfolgreich mit natürlichen Abwehrstoffen verhindern. Gesunder Kelp (Laminarien) wird zum Beispiel kaum bewachsen. Auch viele Korallen und Cyanobakterien (Blaualgen) scheiden Substanzen aus, die ein Ansiedeln anderer Organismen verhindern.

Die Oberflächenstruktur hat ebenfalls Einfluss auf die Entscheidung der Seepockenlarve, zu besiedeln oder nicht. Eine gerade erprobte Methode ist von der Haihaut abgeschaut worden. Aufgrund ihrer rauen Struktur bietet sie offensichtlich den Biofoulingorganismen keinen guten halt.

Ein anderer Ansatz ist, Oberflächen vor den auf der Suche befindlichen Larven zu verstecken. Viel Larven orientieren sich nämlich an von Bakterien oder anderen Organismen ausgeschiedenen Botenstoffen, die ihnen signalisieren "hier ist es schön". Es werden nun Möglichkeiten gesucht, diese Stoffe zu maskieren, bzw. Substanzen zu finden die ein "hier ist es blöd" vermitteln. 

Abfallentsorgung auf See: "Müll über Bord!"

Der Müll, der an Bord anfällt, sei es in der Kombüse oder bei Arbeiten auf dem Schiff, steht in der Regel im Weg oder ist unnötiger Ballast. Bequem und einfach ist die Entsorgung über die Reling – und so wird es auch oft gehandhabt. So landen Küchenabfälle, Metallschrott und Abwässer direkt im Meer.

Neben dem auf unserer Seite zur Müll-Kampagne beschriebenen Folgen führt das zu teilweise grotesken Situationen. So finden Fischer*innen mitten auf der Ostsee manchmal alte Autowracks in ihren Netzen. Sie stammen meist von Autotransporten Richtung Osten, die die fertig ausgeschlachteten Wagen einfach über Bord geworfen haben.

Auch heute noch melden Satelliten regelmäßig kleinere Ölteppiche auf den Meeren. Neben Unfällen und Lecks ist verschmutztes Reinigungswasser häufig die Ursache. Nach dem Ausspülen der Öltanks wird das stark verschmutze Wasser einfach zurück ins Meer abgelassen.

Diese kleinen Ölteppiche gefährden vor allem Vögel und Meeressäuger. Eine bessere Verfolgung und Überwachung hat endlich zu einem Rückgang dieser illegalen Praxis geführt.

Ungefähr zehn Prozent der weltweit produzierten Plastikprodukte landen irgendwann im Ozean. Rund 18.000 Plastikteile schwimmen Schätzungen zufolge in jedem Quadratkilometer Meer. 100 Millionen Tonnen schließen sich bisher in zum Teil riesigen schwimmenden Müllteppichen zusammen. Der größte Müllwirbel liegt im Pazifik und hat schon die Fläche Mitteleuropas erreicht.

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Nadja Ziebarth

Nadja Ziebarth

BUND-Meeresschutzbüro
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