Was ist CCS?
Bei CCS-Technik wird CO2 aus Industrieabgasen mit hohem mit hohem Chemie- und Energieaufwand in einem chemischen Verfahren ausgewaschen (Carbon Capture) und in einen fast flüssigen Zustand gebracht. Das flüssige CO2 wird dann durch Pipelines oder per Schiff transportiert, zwischengespeichert und unter dem Boden der Nordsee oder an Land mit hohem Druck verpresst. So sollen die Klimagase in CO2-Endlagern auf Jahrtausende von der Atmosphäre isoliert bleiben (Storage).
Die Öl- und Gasindustrie setzt CCS seit über 50 Jahren ein. Dabei wird CO2, das bei der Erdgasaufbereitung anfällt, genutzt um zusätzliches Gas und Öl aus den Lagerstätten herauszupressen (Enhanced Oil Recovery EOR).
Für die Öl- und Gaskonzerne wäre Deutschlands Einstieg in eine CCS-Wirtschaft sehr profitabel. Für Ökosysteme, Gesundheit und Klima würden jedoch unkalkulierbare und generationsübergreifende Risiken entstehen. Die CCS-Politik der Ampel-Regierung stellt die völlig falschen Weichen und gibt mit CCS einen Freibrief aus: Industrie, Kraftwerke, Raffinerien können damit auf Jahrzehnte weiter Gas und Öl nutzen, statt in die Elektrifizierung zu investieren und auf Erneuerbare Energien zu setzen. So wird die Energiewende ausgebremst.
Wie glaubwürdig ist CCS?
CCS Projekte sind teuer, störanfällig und ungenügend erprobt. Die meisten werden abgesagt oder verschoben und CCS bleibt ein leeres Versprechen der Gasindustrie. Dennoch will die Ampel CCS-Anlagen und Infrastruktur mit Milliarden Euro Steuergeldern fördern.
Risiken durch CCS
Die Endlager müssten für Jahrtausende dicht sein und das CO2 von der Atmosphäre isolieren. Die Deckschichten der Gasfelder sind jedoch durch die Gasförderung durchlöchert. Dabei sind Risse entstanden. Bereits heute entweicht an dreiviertel der aufgegebenen Bohrlöcher Methan. Durch die Verpressung können neue Risse im Gestein entstehen oder sogar Erdbeben ausgelöst werden.
CCS verursacht zusätzliche Emissionen
CCS verursacht zusätzliche Treibhausgas-Emissionen, die bei der Betrachtung oft ausgeblendet werden. Aus technischen Gründen kann nie das gesamte CO2 aus dem Abgasstrom abgeschieden werden. Ein Teil des CO2 entweicht also trotz CCS immer in die Atmosphäre. Die CCS-Technik verbraucht außerdem extrem viel zusätzliche Energie, Und schließlich wird mit CCS der fortgesetzte Einsatz von Erdgas und Erdöl legitimiert. Bei Förderung und Transport dieses Erdgases entstehen hohe Mengen an Emissionen des besonders schädlichen Treibhausgases Methan. Die Öl- und Gaskonzerne lassen es aus wirtschaftlichen Gründen in die Atmosphäre entweichen.
CO2-Endlager sind eine Bürde für kommende Generationen
CO2-Endlager an Land oder im Meeresboden sind mit unkalkulierbaren Risiken verbunden. Mit den CO2-Deponien entsteht eine Endlager-Infrastruktur, die über Jahrhunderte überwacht werden müsste. Die Industrie will die Verantwortung dafür nicht übernehmen. Die Folgekosten für die kontinuierliche Überwachung der Endlager und die Behebung möglicher Schäden gehen nach einer Frist an den Staat über. Die Bundesregierung hat es bisher versäumt diese Folgekosten, Risiken und Gefahren der Entscheidung für eine CCS-Wirtschaft offen zu legen.
CCS: Keine Lösung für die Klimakrise
Hohe Umweltrisiken durch CCS
Millionen Tonnen CO2 mit Beimischungen aus dem Industrieabgas in Meeresböden oder tiefe Gesteinsschichten an Land zu pressen, ist ein massiver Eingriff in die Natur. Das mit hohem Druck verpresste CO2 verdrängt salziges Porenwasser im Gestein. Durch die Ausbreitung des Drucks kann in einem Umkreis bis zu 100 km das Grundwasser versalzen oder mit Schwermetallen kontaminiert und so für die Trinkwassergewinnung und die Landwirtschaft unbrauchbar werden. Auch die Böden können geschädigt werden.
Am Meeresboden versauert durch direkte Entweichungen (Leckagen) von CO2 das Wasser, was z.B. Muscheltiere und Korallen tötet und marine Lebensräume und Ökosysteme schädigt. Leckagen an alten oder aktiven Bohrlöchern oder durch Risse im Gestein können von einigen Tonnen CO2 pro Tag bis zu mehreren Tausend Tonnen täglich betragen, womit über die Zeit ein vermeintlicher Klimaschutzeffekt zunichte gemacht werden kann. Leckagen sind schwer oder gar nicht zu verschließen. Mit dem geplanten großskaligen Ausbau von CO2-Pipelines und würden Küsten und die Nordsee erhebliche industrialisiert durch Pipelines, Terminals, Zwischenspeicher, Schiffsverkehr und Lärm. Der Einsatz von Schallkanonen zur Untersuchung der CO2-Deponien ist eine enorme Belastung für das Ökosystem der Nordsee.
Chemikalien, Luftverschmutzung und Wasserverbrauch
Bei der Abscheidung und Verflüssigung des Klima-Abgases entstehen umweltschädliche Chemikalien und eine erhöhte Luftverschmutzung. Wenn Industrieanlagen mit CCS nachgerüstet werden, werden sie viel zusätzliches Wasser für den Betrieb brauchen. Auch der Flächenverbrauch ist groß. Ein Zementwerk müsste seine Fläche quasi verdoppeln. Auch das Risiko von Unfällen besteht. 2020 verursachte in den USA ein Erdrutsch einen Rohrbruch in einer unterirdischen CO2-Pipeline. 45 Menschen aus der nahe liegenden Ortschaft Satartia mussten wegen Erstickungssymptomen im Krankenhaus behandelt werden.
Was plant die Politik?
Die Bundesregierung hat im Mai 2024 eine Änderung des CCS-Gesetzes vorgelegt. Damit sollen die rechtlichen Voraussetzungen für den großmaßstäblichen Transport von CO2 aus Kraftwerken, Industrie und Müllverbrennung geschaffen werden. CO2 Deponien in der Nordsee wären erlaubt. Wenn die Landesregierungen es wollen, ist CCS dann auch unter Land erlaubt. Dafür sollen große Industrieanlagen und ein rund 5000 kilometer langes grenzüberschreitendes CO2-Pipelinenetz in Deutschland neu errichtet werden. Betreiber sind Gaskonzerne. Das Geschäft wird um so profitabler, je mehr CO2 entsteht. Enteignungsvorschriften zugunsten der CO2-Pipelines sollen vereinfacht, demokratische Beteiligungsrechte beschnitten werden. Dem Gesetz müssen noch Bundestag und Bundesrat zustimmen.
Diese Pläne bedeuteten eine neue Industrialisierung der Küste und der Nordsee. Sobald der Bedarf an Deponien steigt, kann das Klimaabgas laut Gesetz auch direkt neben oder unter Meeresschutzgebiete gepresst werden. Damit sind dann auch CO2-Pipelines durch das Weltnaturerbe Wattenmeer möglich.
Völlig falsche Weichenstellung
Wenn die CCS-Pläne der Ampel umgesetzt werden, können große Konzerne, beispielisweise der Chemieindustrie, darauf verzichten, in die Elektrifizierung zu investieren und stattdessen weiter fossile Ressourcen einsetzen. Gleichzeitig zementiert eine CO2-Pipeline diese Abhängigkeit auf lange Zeit. Der notwendige Umbau hin zu wirklich emissionsfreien Verfahren und Produkten fällt mit CCS aus. Auch Kraftwerke und Raffinerien können sich laut Gesetzentwurf an das CO2-Netz anschließen. Damit soll fossiler Wasserstoff oder Strom aus Erdgas grün gewaschen werden und noch Jahrzehnte zum Einsatz kommen. So gefährdet CCS die Energiewende.
Massive Subventionen für Verschmutzer
In den vergangenen zehn Jahren sind 3,6 Milliarden Euro Fördergelder der EU in CCS-Projekte geflossen – ergebnislos, wie der EU Rechnungshof feststellte. Dennoch haben EU und Bundesregierung Fördergelder und staatliche Risikoabsicherungen für CCS-Anlagen und Infrastruktur in Milliardenhöhe in Aussicht gestellt. Kürzlich wurde bekannt, dass es die niederländischen Steuerzahler vier Milliarden Euro kosten wird, wenn Shell und weitere Konzerne eine einzige CO2-Deponie vor Rotterdam 15 Jahre lang für die Verklappung eines Teils ihrer eigenen Abgase betreiben. Bundesländer müssen laut CCS-Förderrichtlinie 30 Prozent der Subventionen an Unternehmen zwingend übernehmen. Auf Länder und Kommunen kommen durch den flächenintensiven Infrastrukturzubau enorme Planungskosten zu. Weitere Folgekosten entstehen beispielsweise für die Nachrüstung von Feuerwehren und Rettungskräften, weil eine neue lokale Gefahrenlage durch CO2-Anlagen, -Leitungen und -Deponien entsteht. Wie beim Atommüll sind langfristige und nicht kalkulierbare Kosten mit den CO2-Endlagern zu erwarten. Wie der EU Rechnungshof feststellte, führten hohe Subventionen im vergangenen Jahrzehnt nicht zum Erfolg von CCS Projekten. Selbst wenn CCS funktionieren würde, könnten nur winzige Mengen an Kohlendioxid in den Untergrund verpresst werden im Vergleich zur Menge die im selben Zeitraum in die Atmosphäre geht. Laut Wekltklimarat (IPCC) entsprächen die von Öl- und Gaskonzernen weltweit angekündigten Projekte für CO2-Deponien lediglich einigen Hunderstel (2,4 Prozent) der globalen Emissionen im Jahr 2030.
In diesem Video wird erklärt, wie die fossile Industrie für CCS wirbt:
Was sind die Alternativen zu CCS?
Wir wissen wie die Klimakrise zu stoppen ist: Mit einem konsequenten Ausstieg aus fossilen Energien und dem Ausbau der Erneuerbaren Energien. Im Industriesektor muss die Politik die Verringerung des Energie-, Rohstoff- und Naturverbrauchs erreichen, indem sie Grenzen setzt und echte Alternativen fördert. Mit wirklich emissionsfreien Baustoffen, Recycling, Materialeffizienz und einer suffizienten Bau- und Verkehrsinfrastrukturpolitik lassen sich beispielsweise technisch unvermeidliche Emissionen aus der Zementproduktion auf ein Minimum reduzieren. Gleichzeitig entsteht weniger Baumüll und es würden weniger Flächen versiegelt und Naturräume zerstört.
Echte Kreislaufwirtschaft
Die Chemieindustrie ist der größte Verbraucher von Öl und Gas. 20 Prozent davon werden alleine für die Produktion von Plastikverpackungen verbraucht. Statt die Plastikflut mit CCS zu subventionieren muss Plastik wo immer es geht vermieden werden. Mit dem Versprechen, CCS könne Müllverbrennungsanlagen emissionsfrei machen, will diese Branche wachsen. Mit ihr würden auch die Müllmengen wachsen. Stattdessen können Kommunen mit viel weniger Kosten in Mehrweg und in modernste Recyclinganlagen investieren. Müllmengen lassen sich beispielsweise auch über eine bessere Getrennterfassung der Wertstoffe und mechanisches Sortieren stark reduzieren – diese großen Potentiale für den Ressourcen- und Klimaschutz werden noch nicht genutzt.
Der BUND fordert
- Keine Subventionen für CCS und fossilen Wasserstoff mit CCS („blauer Wasserstoff“).
- Keine Lizenzen und keine gesellschaftliche Haftung für CO2 Endlager.
- Der Meeresschutz darf nicht beschnitten werden.
- Keine Exportgenehmigungen für CCS auf See.
- Deutschland muss international gegen die Ausweitung der Gas- und Ölproduktion in der Arktis und überall Position beziehen.
- Ausstiegsplan aus allen fossilen Energieträgern und umfassendes Maßnahmenpaket für einen dekarbonisierten Industriesektor und echte Kreislaufwirtschaft.
- Verbindliche Energiesparziele auch für Industrie. Kein CCS solange Fossile genutzt werden.
- Natürliche CO2-Reduzierer wie Moore, Wälder und Grünland regenerieren und ökologisch nutzen.
BUND-Stellungnahmen zu CCS
- Der BUND hat in der Bundestags-Anhörung zum Antrag der CDU "CO2-Abscheidung und -Speicherung, CO2- Nutzung sowie Negativemissionen – Chancen für Klima, Industrie und Wohlstand" am 5. Juli 2023 eine Stellungnahme abgegeben. Diese finden Sie in voller Länge hier.
- BUND-Stellungnahme zum Referentenentwurf eines Ersten Änderungsgesetzes zum Kohlendioxid-Speicherungsgesetz sowie zum Entwurf von Eckpunkten der Bundesregierung für eine Carbon-Management-Strategie, März 2023.
BUND Webinar-Reihe zum Thema "CCS und technische Negativemissionen – Der Klimaleugnung neue Kleider?"
- Das erste Webinar zum Thema "Der BECCS-Bluff: Holz verbrennen, Müll verbrennen – plötzlich wieder nachhaltig mit CCS?" können Sie hier anschauen.
- Das zweite Webinar zum Thema "Wie Müllverbrennung mit CCS grün gewaschen werden soll und die Kreislaufwirtschaft und Wärmewende gefährdet" können Sie hier anschauen.
Gutachten zu CCS
Der BUND hat in den Jahren 2010 und 2011 Studien zu CCS in Deutschland beauftragt. Darin sind wichtige Grundlagen zusammengetragen und kritisch bewertet worden. Diese Studien wurden vielfach verwendet und haben nach wie vor Gültigkeit.
- Krupp R (2011 a): Gutachten zur geplanten Kohlendioxid-Einlagerung (CCS) in der Antiklinal-Struktur Neutrebbin, Ostbrandenburg.
- Krupp R (2011 b):Geowissenschaftliche Kurzstudie zu CCS im Offshore-Bereich der deutschen Nordsee.
- Krupp R (2010): Geologische Kurzstudie zu den Bedingungen und möglichen Auswirkungen der dauerhaften Lagerung von CO 2 im Untergrund.
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