Honigbienen. Foto: PollyDot / CC0 1.0 / pixabay.com

Das große Bienenvölkersterben – was haben Pestizide damit zu tun?

Die Ursachen des weltweiten Bienenvölkersterbens sind noch nicht komplett erforscht. Pestizide spielen dabei auf jeden Fall eine entscheidende Rolle, wie ein Bericht des UN-Umweltprogramms UNEP von 2011 festgestellt hat.

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Angesichts eines aktuell weltweit knapp werdenden Nahrungsmittelangebots stellt das Bienenvölkersterben ganz offensichtlich eine ernsthafte Bedrohung mit viel unmittelbareren Auswirkungen als etwa der Klimawandel dar. Dies hat auch der UNEP-Bericht betont.

2008: Bienen sterben nach Pestizideinsatz am Oberrhein

Im April und Mai 2008 starben in der Region Oberrhein in Baden-Württemberg zehn­tausende Bienen. Verantwortlich dafür war das Insektizid Clothianidin der Firma Bayer Cropscience. Als Saatgutbehandlungsmittel wurde das clothianidinhaltige Mittel "Poncho" zusammen mit einem Haftmittel auf die Saatkörner aufgetragen und hätte bei der Maisaussaat direkt in den Boden gelangen sollen. Der für Bienen hochgiftige Wirkstoff wurde jedoch auf benachbarte Äcker geweht und dort von Bienen aufgenommen, die kurze Zeit später in Massen starben.

Clothianidin ist ein relativ neues Insektizid aus der Gruppe der Neonikotinoide. Es soll die Pflanze gegen Maiswurzelbohrer, Frittfliege und Drahtwurm schützen. Neonikotinoide sind synthetisch hergestellte Nikotinverbindungen, die als Kontakt- und Fraßgifte auf das Nervensystem wirken. Der Wirkstoff wurde insbesondere für den Einsatz als Saatgutbehandlungsmittel ("Beizmittel") entwickelt.

Biene  (reizneidalarm / pixabay.com)

Verbot, Wiederzulassung und "Deutsches Bienenmonitoring"

Unmittelbar nach dem Bienen-Massensterben am Oberrhein 2008 wurde das Pestizid Clothianidin zunächst verboten, ein Jahr später allerdings nach Bayer-Untersuchungen zu seiner angeblichen Unbedenklichkeit wieder zugelassen.

Schon seit 2004 versucht eine Langzeituntersuchung unter dem Titel "Deutsches Bienenmonitoring" (Debimo) die Ursachen des Bienenvölkersterbens zu ergründen. In dieser Studie wird allerdings der Fall von 2008 nicht berücksichtigt, Pestizide spielen laut Abschlussbericht keine Rolle beim Bienenvölkersterben. Das könnte damit zusammenhängen, dass das Debimo zur Hälfte von der chemischen Industrie (BASF, Bayer und Syngenta) finanziert wurde, die genau die Pestizide herstellt, die im Verdacht stehen, die Bienen zu schädigen. Die Industrievertreter*innen saßen bis 2010 im Projektrat, der den Einfluss der Pestizide untersuchen soll, und stellen ihre Labore für die Auswertung zur Verfügung. In einer 2011 von BUND und Nabu veröffentlichten Studie wird das "Deutsche Bienenmonitoring" von zwei unabhängigen Wissenschaftlern scharf kritisiert.

Der britische Imkerverband hatte sich bis vor kurzem sein Stillhalten gegenüber der Pestizidindustrie gar direkt von dieser bezahlen lassen – mit mageren 17.500 Pfund pro Jahr. Doch inzwischen wird ein Neonikotinoide-Verbot bereits im britischen Parlament diskutiert.

Der BUND kritisiert auch die aktuelle Praxis der Zulas­sungs­­verfahren für Pestizide. Nicht-tödliche Effekte werden bisher bei der Zulassungsprüfung kaum berück­sichtigt. Das gleiche gilt für die Kombinations­wir­kungen die eintreten, wenn zeitnah mehrere Pestizide eingesetzt werden. Außerdem treffen die Pestizide auf ein vorge­schädigtes Immunsystem der Bienen, verursacht durch die Blütenarmut unserer industriellen Landwirtschaft.

EU verbietet Neonikotinoide

Pestizide, insbesondere Neonikotinoide, sind maßgeblich am Sterben ganzer Bienenvölker beteiligt. Mit Wirkung vom 1.Dezember 2013 hat die EU-Kommission auf Druck der Imker*innen und Umweltverbände die Nutzung von drei Neonikotinoiden für alle bienenrelevanten Kulturen für den Zeitraum von zwei Jahren verboten. Die Chemiekonzerne Bayer und Syngenta klagen gegen dieses Verbot durch die EU-Kommission. Ebenso ist BASF gegen das Verbot seines Insektizids Fipronil vor Gericht gezogen. Derweil hat die EU-Lebensmittelbehörde EFSA, die für die Zulassung der Wirkstoffe zuständig ist, Ende August 2015 Berichte zu drei Insektiziden veröffentlicht: Demnach bergen die Stoffe aus der Neonikotinoidgruppe "hohe Risiken" für Bienen und andere nützliche Bestäuber. Der BUND fordert ein Verbot aller Neonikotinoide.

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Infografik: Pestizide und Wildbienen

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