Besondere Merkmale von Wildbienen: Einzelgänger, Pollensammler, Nestbauer
Wildbienen sind Insekten, die genauso wie Honigbienen zu den Hautflüglern gehören. Zugeordnet werden sie der Überfamilie „Apoidea“. Anders als Honigbienen werden Wildbienen allerdings nicht von Imker*innen gehegt: 90 Prozent der Wildbienen sind Einzelgänger – und nutzen nahezu jeden vorhandenen Lebensraum in Deutschland. Deshalb werden sie auch Solitär- oder Einsiedlerbienen genannt. Sie spielen als Bestäuber zahlreicher Pflanzen eine immens wichtige Rolle in der Natur. Sie sammeln Nektar und Pollen, stellen daraus aber – mit Ausnahme einiger Hummeln – keinen Honig her. Aus diesen Grund kommen Stiche durch Wildbienen auch selten vor, da sie, anders als Honigbienen, zwar stechen könnten, aber keine Honigvorräte zu verteidigen haben. Hummeln bilden hier wieder eine Ausnahme: Während die Stacheln vieler Wildbienenarten schlicht zu klein sind, um die menschliche Haut zu durchdringen, kann der Stich einer Hummel schmerzhaft sein. Die meisten Wildbienenarten bauen eigene Nester, zum Beispiel im Boden oder in Steilwänden. Andere suchen ihre Brutzellen in Totholz oder Pflanzenhalmen. Auf eine weitere Strategie greifen wiederum sogenannte Kuckucksbienen zurück: Sie legen ihre Eier in die Nester anderer Bienenarten.
Wie kann ich Wildbienen bestimmen?
Grundlagen der Wildbienen-Bestimmung
Die meisten Wildbienen sind behaart, sie haben sechs Beine und sind dreigeteilt: Kopf, Brust mit vier durchsichtigen Flügeln und ein Hinterleib mit Stachel. Wildbienen-Arten sind unterschiedlich groß. Die Spanne reicht von vier Millimeter bis vier Zentimeter. Sie können auch ganz unterschiedliche Farben haben. Wildbienen sammeln Pollen mit Sammeleinrichtungen an ihren Beinen oder der Unterseite des Unterleibs. Auch an diesen Sammeleinrichtungen kann man Wildbienen gut erkennen.
Wildbienenarten im Porträt
Blattschneiderbienen
Weibliche Blattschneiderbienen schneiden kleine Blattstücke aus Laubbäumen aus. Damit tapezieren ihre Nester aus. Zu den häufigen Arten in Deutschland gehören die Garten-Blattschneiderbienen (Megachile willughbiella). Sie sind zwölf bis 15 Millimeter groß. Weibchen verfügen über eine auffällige orange-rote Bauchbürste, Männchen sind an ihren verbreiterten Vorderbeinfüßen erkennbar. Während ihrer Flugzeit von Juni bis September sammeln sie bevorzugt Pollen auf Schmetterlingsblütlern, Glockenblumen und Weidenröschen. Für ihre Brutzellen nutzen Garten-Blattschneiderbienen Hohlräume in Mauerspalten, Nisthilfen (Holz und Bambusrohr) und Käferfraßgängen. Die einzelnen Unterarten der Blattschneiderbiene sind schwer voneinander zu unterscheiden.
Holzbienen
Die Gattung Xylocopa umfasst verschiedene in Holz nistenden Arten. Die Blauschwarze Holzbiene (Xylocopa violacea) kommt in Deutschland am häufigsten vor. Sie ist eine der größten heimischen Wildbienen. Weibchen sind 22 bis 30 Millimeter groß, Männchen 20 bis 25 Millimeter. Die Blauschwarze Holzbiene ist an ihrem schwarzen Körper und ihrer kurzen, dunkelgrauen Behaarung gut erkennbar. Ihre Flügel sind dunkelbraun und schillern bläulich. Sie fliegt von Februar/März bis Oktober, ernährt sich von vielen verschiedenen Blüten (polylektisch) und bevorzugt sonnenexponierte Stellen an Waldrändern, Parks, Gärten und Siedlungen. Für ihre Nester benötigen die solitär lebenden Xylocopa violacea liegendes oder stehendes Totholz, das ausreichen mürbe, aber noch nicht morsch ist. Sie gräbt Nistgänge bevorzugt in Obstgehölze wie Apfel, Kirsche oder Birne.
Hummeln
Hummeln lassen sich leicht von anderen Wildbienen unterscheiden. Sie sind dicker und größer als die meisten Wildbienenarten und am ganzen Körper behaart. Eine ausführliche Beschreibung von Hummeln finden Sie hier.
Langhornbienen
Langhornbienen verdanken ihren Namen der Fühlerlänge der Männchen. Diese schlüpfen ab Mitte April und werden 13 bis 15 Millimeter groß. Die Weibchen folgen etwa drei Wochen später. Mai-Langhornbienen (Eucera nigrescens) fliegen von Mai bis Juni. Pollen für ihre Brut sammeln sie ausschließlich an Schmetterlingsblütlern. Sie sind vor allem dort zu finden, wo es große Zaunwickenbestände gibt, beispielsweise auf Fettwiesen und an Hochwasserdämmen. Sie bauen ihre Nester im Boden, indem sie Gänge mit kurzen Abzweigungen für jeweils ein Ei sowie Futter-Depots für ihre Larven anlegen.
Maskenbienen
Zu den kleinen Wildbienenarten gehören Maskenbienen wie die Mauer-Maskenbiene (Hylaeus hyalinatus). Männchen tragen eine großflächige, weiß bis gelbliche Gesichtsmaske. Bei Weibchen besteht die Gesichtsmaske aus Flecken oder Streifen. Die schwarzen Körper beider Geschlechter sind nur fünf bis sieben Millimeter groß. Von Mai bis September sind Mauer-Maskenbienen vor allem in Gärten, Lehm-, Sand- und Kiesgruben sowie an Waldrändern und auf Brachlandflächen anzutreffen, wo sie diverse Pflanzenfamilien anfliegen. Ihre Nester beziehen sie in Mauerritzen, vorhandenen Hohlräumen, Felsspalten, Totholz und Brombeerranken.
Mauerbienen
Zwei kleine Hörnchen zwischen den Haaren am schwarzen Kopf sind namengebend für die Gehörnte Mauerbiene (Osmia cornuta) – eine Art, die in Deutschland häufiger vorkommt. Der Hinterleib der zehn bis zu 15 Millimeter großen Weibchen ist fuchsrot gefärbt und hat ein leicht metallisch schimmerndes Kopfschild. Von Ende Februar bis Anfang Juni fühlt sich die Gehörnte Mauerbiene vor allem im Siedlungsbereich zu Hause, wo sie früh im Jahr ihre Brutzellen in vorhandenen Hohlräumen, Mauerritzen und Felsspalten anlegt und frühblühende Pflanzen anfliegt. Sie besiedelt Nisthilfen. Als bestäubende Solitäre spielen Gehörnte Mauerbienen vor allem in der Landwirtschaft eine bedeutende Rolle.
Pelzbienen
Pelzig wie Hummeln, allerdings rasanten Flugs und unablässig unter lautem Summton steuert die Frühlings-Pelzbiene (Anthophora plumipes) zahlreiche unterschiedliche Pflanzenarten für Pollen- und Nektarsuche an. Männchen wie Weibchen erreichen eine Körpergröße von 14 bis 15 Millimeter. Männliche Individuen verfügen zudem über Beinfransen an den vorderen Beinpaaren. Von März bis Juni graben sich Frühlings-Pelzbienen häufig Gänge in Steilwände, Mauern, Sandgruben und Abbruchkanten und nutzen dort vorhandene Hohlräume.
Sandbienen
Unter den Sandbienen kommt die Fuchsrote Sandbiene (Andrena fulva) häufig in Deutschland vor. Durch den auffällig leuchtenden fuchsroten Pelz im Kontrast zur pechschwarzen, pelzigen Unterseite und ihren schwarzen Beinen sind die zwölf bis 14 Millimeter großen Weibchen gut zuzuordnen. Von März bis Mai sind Fuchsrote Sandbienen vor allem in naturnahen Gärten, Parks und Waldrändern anzutreffen. Dort sind nährstoffarme, löchrige Bodenflächen wichtig, in denen sie ihre Erdnester anlegen können. Die Fuchsrote Sandbiene nistet auch in Wegen und in Pflasterfugen sogar in Großstädten.
Scherenbienen
Unter den Scherenbienen ist die Glockenblumen-Scherenbiene (Chelostoma rapunculi) eine häufige Wildbienenart. Männchen wie Weibchen haben eine Größe von acht bis zehn Millimeter. Wie ihr Name nahelegt, sind die Tiere streng spezialisiert auf Glockenblumen wie die Sternpolster-, Polster- oder Fenster-Glockenblume. Glockenblumen-Scherenbienen nisten in vorhanden Hohlräumen, gern in Totholz wie abgestorbene Äste, wurmstichige Balken, alte Zaunpfähle oder Reetdächer. Dabei legen sie die Brutzellen für ihren Nachwuchs linear an – deshalb nutzt sie auch künstliche Nisthilfen aus Holz, Bambus und Schilfröhrchen.
Seidenbienen
Die Frühlings-Seidenbiene (Colletes cunicularis) gehört mit einer Körpergröße von elf bis 14 Millimeter zur größten Art der Seidenbienen. Als Einzige der Gattung fliegt sie bereits früh im Jahr zwischen März und Mai. Farbe und Größe sind ähnlich der der Honigbiene, deren Hinterleibsbinde aber deutlicher ist. Bei der Honigbiene sind die Hinterbeine im Unterschied zur Frühlings-Seidenbiene haarlos und glänzend. Die Wildbienen leben solitär: Auch wenn sie dazu neigen, in großen Kolonien zu brüten, kümmern sich die Weibchen ausschließlich um die eigenen Larven. Bevorzugte Nahrungsquelle sind Weidenblüten und früh blühende Obstbäume. Ihre Nester legt die Frühlings-Seidenbiene in selbstgegrabenen Hohlräumen oder schwach geneigten Sandflächen an, vor allem an Flussauen und Dünengebieten oder auf vegetationsfreien Flächen wie sandigen Sportplätzen, Sand- und Kiesgruben oder sandigen Bahndämmen.
Wollbienen
Von den elf in Deutschland bekannten Harz- und Wollbienenarten ist die Garten-Wollbiene (Anthidium manicatum) eine der häufigeren Vertreter*innen. Die weiblichen Tiere werden zehn bis dreizehn Millimeter groß, die männlichen 14 bis 18 Millimeter. Von Juni bis September sind Garten-Wollbienen in Gärten, Waldrändern, Sand-, Kies und Lehmgruben sowie Hochwassergebieten unterwegs und sammeln vor allem Pollen und Nektar von Schmetterlings- und Lippenblütlern. Zum Bau ihrer Brutzellen, die sie in vorhandenen Hohlräumen beziehen, verwenden sie Pflanzenwolle, beispielsweise vom Woll-Ziest. Diese wird zu kleinen Kügelchen geformt und mit Düsensekreten imprägniert, um die Brut trocken zu halten und vor Pilzbefall zu schützen.