Wir haben Janna Kuhlmann, Wissenschaftliche Mitarbeiterin für Chemikalienpolitik und Verbraucherschutz beim BUND, gefragt worauf es beim Kauf von Badeutensilien ankommt.
Worauf sollte ich beim Kauf und Gebrauch von Luftmatratzen, Schwimmreifen und Co achten?
Janna Kuhlmann: Luftmatratzen und Co bestehen aus dem Weichplastik PVC, welchem häufig problematische Zusatzstoffe beigemischt werden, um es biegsam und langlebig zu machen. Im Jahr 2015 hat Ökotest 16 Planschbecken getestet und in 14 davon gefährliche Chemikalien nachgewiesen. Die gute Nachricht: Der BUND hat zusammen mit europäischen Partnerorganisationen im Frühjahr 2022 über 20 Produkte wie Planschbecken, Schwimmreifen, Luftmatratzen und Flipflops analysieren lassen, darunter auch von Ökotest getestete Marken, und nur in einem Paar Flip-Flops unzulässig hohe Konzentrationen an hormonell schädlichen Phthalaten und chlorierten Verbindungen gefunden. Die gute Nachricht lautet also, dass dem Sprung ins kalte Nass nichts im Wege steht. Der Druck durch Tests und Verbraucher*innenanfragen auf die Hersteller scheint also zu wirken.
Und doch empfiehlt es sich einige Dinge zu berücksichtigen.
Janna Kuhlmann: Wenn ein Urlaub im EU Ausland ansteht, am besten bereits vor dem Urlaub Luftmatratzen besorgen und diese ins Urlaubsland mitnehmen, da dort weniger strenge Gesetze bezüglich Schadstoffen gelten. Um einen Neukauf zu vermeiden prüfen Sie, ob Produkte von Bekannten ausgeliehen werden können. Beim Neukauf sollte auf Markenprodukte geachtet werden. Schadstoffe befinden sich insbesondere in billigen Importprodukten von unbekannten Händlern oder Importeuren. Beim Aufblasen am besten eine Luftpumpe verwenden um einen Kontakt des Materials mit der Mundschleimhaut zu vermeiden.
Lagern Sie Luftmatratzen und Planschbecken nicht in Kinderzimmern oder in Bereichen in denen sich Kinder viel aufhalten, da Schadstoffe wie Phthalatweichmacher ausdünsten. Ältere Plastikprodukte, die klebrig oder krümelig geworden sind, sollten in der Restmülltonne entsorgt werden, auch wenn sie noch funktionsfähig sind. Plastikprodukte in diesem Stadium geben Schadstoffe ab. Leider sind solche Produkte aus PVC nicht recycelbar wegen den enthaltenen problematischen Zusatzstoffen.
Wo liegt das Problem bei potentiellen Schadstoffen?
Janna Kuhlmann: Schadstoffe können mit unserem Hormonsystem interagieren oder potentiell Krebs verursachen. Sie dünsten aus den PVC Produkten aus und werden zum Beispiel mit dem Hausstaub eingeatmet. Einige dieser Stoffe, sogenannte Phthalate, sind seit Jahren als fortpflanzungs- und hormonell schädigend eingestuft. Sie können die sexuelle Entwicklung bei Kindern stören und die Fruchtbarkeit beeinträchtigen. Untersuchungen des Umweltbundesamtes wiesen Stoffwechselprodukte dieser Verbindungen im Urin nahezu aller Kinder nach. Chlorparaffine (SCCPs) sind von der Internationalen Agentur für Krebsforschung als "möglicherweise krebserregend für den Menschen" eingestuft.
Haben diese Schadstoffe auch einen negativen Effekt auf die Natur?
Janna Kuhlmann: Viele Schadstoffe, welche für den Menschen giftig sind, beeinflussen genauso auch andere Säugetiere. Chlorparaffine, zum Beispiel enthalten in den getesteten Flipflops und älteren Planschbecken, sind langlebig und reichern sich in der Umwelt und in Tieren in der Nahrungskette an. Sie sind sehr giftig für Wasserlebewesen.
Welche Alternativen gibt es?
Janna Kuhlmann: Vermeiden Sie PVC wo immer möglich. Manche Produkte gibt es auch ohne PVC aus hartem Plastik wie Polyethylen (PE) und Polypropylen (PP), etwa Planschbeckenmuscheln. Diese kommen ohne Zusatzstoffe aus und sind in der Regel gut recycelbar.
Zudem können Sie Druck auf Unternehmen ausüben, indem Sie über unsere ToxFox-App die Giftfrage stellen. Mit der kostenlosen ToxFox-App des BUND können Verbraucher*innen ganz leicht von ihrem gesetzlichen EU-Auskunftsrecht zu Schadstoffen in Produkten Gebrauch machen. Die App scannt den Barcode von Produkten und, sofern noch keine Informationen vorliegen, verschickt sie automatisch eine Giftanfrage an Hersteller und Händler. So werden alle Verbraucher*innen schlauer und Unternehmen merken: Wir wollen Produkte ohne Gift!