Tatsächlich sind hier versteckt lebende Bauarbeiter am Werke, die es in ihrer Gesamtheit schaffen, den Meeresboden je nach Individuendichte bis zu einer Tiefe von 20 Zentimetern einmal im Jahr komplett durchzukauen und umzuwälzen: die Wattwürmer.
Für das Watt ist diese Aktivität, die sogenannte Bioturbation, eine Wohltat. Bauen die Wattwürmer doch abgestorbenes Pflanzenmaterial ab, befördern Nährstoffe an die Oberfläche und reichern den Sand oder Schlick mit Sauerstoff an, wovon andere Bodenlebewesen profitieren.
Ein Wattwurm schichtet pro Jahr etwa 25 Kilogramm Sand um
Die 20 bis 40 Zentimeter langen Wattwürmer leben einzeln in u-förmigen, mit Schleim ausgekleideten Röhren, die sich bis zu einer Tiefe von 30 Zentimetern zwischen dem Sandtrichter und -häufchen befinden.
Durch wellenartige Bewegungen erzeugt der waagerecht liegende Wurm einen ständigen Wasserstrom, der von hinten nach vorne durch die Röhre fließt. Dabei filtert der Sand Pflanzenreste und Bakterien aus dem Wasser und klärt es. Gleichzeitig nimmt der Wurm über seine Kiemenbüschel Sauerstoff und mit seinem ausstülpbaren Rüssel nährstoffreichen Sand auf, der vorne durch den senkrechten Gang nach unten rieselt. Dabei entsteht der Fresstrichter.
Zur Ausscheidung des nun gereinigten Sandes legt der Wattwurm den Rückwärtsgang ein und drückt kurz unter der Oberfläche seine Exkremente nach oben: die Spaghetti-Häufchen. Ein einzelner Wattwurm kann so pro Jahr etwa 25 Kilogramm Sand umschichten.
Überdüngung und Verschmutzung der Meere: Der Wattwurm ist bedroht
Obwohl der Wattwurm selbst sehr geringe Sauerstoffgehalte tolerieren kann, ist sein Lebensraum, den er maßgeblich mitgestaltet und prägt, durch Überdüngung und folglich Sauerstoffarmut bedroht.
Auch die Verschmutzung durch große und kleine Müllpartikel sowie die Anreicherung mit Schadstoffen sind Gefahren, die weitreichende negative Konsequenzen für das gesamte Ökosystem der Nord- und Ostsee bedeuten können.
Der BUND setzt sich daher für eine starke Reduzierung des Nährstoff-, Schadstoff- und Müll-Eintrags in unsere Meere ein und erarbeitet im Rahmen seiner Projekte strategische und praktische Lösungen, um Meeresbewohnern wie dem Wattwurm auch in Zukunft ein gesundes Lebensumfeld bieten zu können.
FAQ: Wattwurm-Hintergrundwissen
Der Wattwurm Arenicola marina gehört wie der Regenwurm und Blutegel zu den Ringelwürmern. Seine nächste Verwandtschaft sind andere Vielborster und Mitbewohner in Nord- und Ostsee wie der Seeringelwurm, der Bäumchenröhrenwurm, der Schuppenwurm, die Seemaus und der Posthörnchenwurm.
Charakteristisch für den rotbräunlich bis grünlichgelb gefärbten Wattwurm ist sein zweigeteilter Körperbau. Das erste Drittel des Wurms ist durch kräftige Borsten, das zweite durch tiefrot gefärbte Kiemenbüschel und das dritte durch viel schlankere Segmente ohne jegliche Anhänge gekennzeichnet. Besonders letzterer Körperabschnitt ist ein beliebtes Futter von Plattfischen und Seevögeln. Der Verlust einiger Segmente beeinträchtigt zwar das Wachstum, nicht jedoch das Überleben des Wattwurms.
Die Fortpflanzung der Wattwürmer erfolgt im Oktober, wenn die Männchen ihre Spermien ins offene Wasser abgeben und diese dann die Eier befruchten, die in den Röhren der Weibchen abgelegt wurden. Die Larven entwickeln sich zunächst in der Röhre der Mutter, kriechen dann aber an die Sedimentoberfläche und werden von der Strömung an andere Orte getrieben, wo sie, von einer gelartigen Masse umgeben, auf dem Meeresboden heranwachsen. Erst nach mehreren Monaten graben sich die jungen Würmer flach in den Boden ein. Wattwürmer sind mit zwei Jahren geschlechtsreif und können bis zu fünf Jahre alt werden.
Arenicola marina ist in sandigen und schlickigen Flachwassergebieten der Nordsee beheimatet und dringt auch in die westliche Ostsee vor.