Kommentar: PFAS: CDU-Antrag aus der Zeit gefallen – BUND fordert Verbot

18. Januar 2024 | Chemie, Naturschutz, Flüsse & Gewässer

Den im Bundestag auf der Tagesordnung stehende CDU-Antrag "Vorteile von per- und polyfluorierten Alkylsubstanzen weiter nutzen – Wertschöpfung erhalten – Gesundheit und Umwelt schützen" kommentiert Ulrike Kallee, Leiterin Abteilung Stoffe und Technologien beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND):

PFAS sind außerordentlich gefährlich für den Menschen und die Umwelt. Deshalb ist die Beschränkung dieser Chemikaliengruppe, wie von der EU vorgesehen, die einzig sinnvolle Lösung. Die CDU will die in der EU-Chemikalienstrategie für Nachhaltigkeit vorgesehene Beschränkung der „Ewigkeits-Chemikalien“ PFAS verhindern und liegt mit ihrer Einschätzung ganz auf einer Linie mit dem Verband der Chemischen Industrie. In ihrem Antrag werden Fakten verdreht und ernsthafte Bemühungen um dringend notwendige Verbesserungen des Umwelt- und Gesundheitsschutz in der EU grundlos diskreditiert.

Dabei sind die am EU-Beschränkungsvorschlag beteiligten Behörden aus Deutschland und vier weiteren EU-Ländern sehr gewissenhaft vorgegangen. Hersteller und Anwender von PFAS wurden vorab eingebunden und konnten ihre Kenntnisse zu PFAS-Anwendungen und Ersatzprodukte einbringen. Für viele Produkte gibt es längst sichere Alternativen. Und in kritischen Bereichen, wo es diese noch nicht gibt, sind lange Übergangsfristen vorgesehen.

Besonders bedrückend ist, dass der Begriff Vorsorge kein einziges Mal im CDU-Antrag auftaucht. Wissenschaftlich belegte Gesundheitsrisiken und die extreme Langlebigkeit dieser Ewigkeits-Chemikalien werden ignoriert oder verharmlost. Dabei haben wir alle PFAS im Blut und Böden und Wasser sind zunehmend verunreinigt. Die über 10.000 PFAS-Verbindungen werden in der Natur nicht abgebaut und reichern sich immer weiter an. Zurückholen kann man sie dann nicht mehr. Wer Umwelt- und Gesundheit wirklich schützen und Wertschöpfung erhalten will, der muss sich für nachhaltige Lösungen einsetzen.“ 

Hintergrund:

PFAS und die Regulierung durch die EU-Chemikalienstrategie: 
Nach dem Antrag der bayerischen Landesregierung im September vergangenen Jahres im Bundesrat, „PFAS-Regulierung mit Augenmaß“, folgte jetzt der oben kommentierte CDU-Antrag im Bundestag mit einer ähnlichen Stoßrichtung. Beide zielen im Grunde darauf ab, die in der EU-Chemikalienstrategie für Nachhaltigkeit vorgesehene Beschränkung der „Ewigkeits-Chemikalien“ PFAS zu verhindern und folgen dabei derselben Argumentationslinie des Verbands der Deutschen Chemischen Industrie (VCI) in einem einschlägigen Positionspapier vom August 2023.

Per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen werden wegen ihrer wasser-, schmutz- und fettabweisenden Eigenschaften in vielen Produkten eingesetzt. Diesen technischen Vorteilen stehen außerordentlich gefährlichen Eigenschaften für den Menschen und die Umwelt gegenüber. Allen PFAS ist gemein, dass sie unter natürlichen Bedingungen kaum abgebaut werden und über Jahrhunderte in der Umwelt verbleiben. Selbst bei der Abfallverbrennung werden keine ausreichende hohen Temperaturen für ihre Zerstörung erreicht. Daher werden PFAS inzwischen überall gefunden: in unseren Körpern, in der Nahrung und in der Umwelt, zum Teil in bedenklichen Konzentrationen. 

Auch in Deutschland und Europa sind viele PFAS-kontaminierte Flächen bekannt, die sich, wenn überhaupt, nur unzureichend und mit erheblichem finanziellen Aufwand sanieren lassen. Neben der Persistenz ist der Umfang der Stoffgruppe mit inzwischen mehr als 10.000 Einzelverbindungen ein Problem. Einzelne Vertreter der Stoffgruppe, deren Gefährlichkeit erwiesen ist, werden zügig durch weniger gut untersuchte Fluorverbindungen ersetzt und Verbote so umgangen. Die allermeisten Verbindungen auf dem Markt sind kaum oder nur unzureichend untersucht.

Eine Lösung kann deshalb nur die auf dem Vorsorgeprinzip basierende Beschränkung der gesamten Stoffgruppe sein. Eine Differenzierung nach Gefährlichkeit und die risikobasierte Bewertung in jedem Einzelfall, wie von CDU und VCI gefordert, ist weder durchführbar noch zielführend. Auch bei den weniger untersuchten Verbindungen ist es nur eine Frage der Zeit, wann potentiell schädliche Konzentrationen in der Umwelt erreicht werden. 

Der BUND unterstützt deshalb den von deutschen, niederländischen, dänischen, schwedischen und norwegischen Behörden erarbeiteten Beschränkungsvorschlag. PFAS können nur als Gruppe und auf Grundlage des in der EU verankerten und bisher kaum beachteten Vorsorgeprinzips effektiv reguliert werden. Eine differenzierte Vorgehensweise ist zudem sichergestellt. Der Vorschlag sieht für sogenannte „essentielle Anwendungen“, etwa im medizinischen Bereich oder in der Luftfahrt, lange Übergangsfristen bis zur Entwicklung geeigneter Alternativen vor. Für die allermeisten Anwendungen gibt es längst sichere Alternativen. In sensiblen Bereichen, wie Lebensmittelverpackungen und Kosmetika fordert der BUND ein besonders schnelles und umfassendes Verbot von PFAS.

Mehr Informationen:

Kontakt:

  • Kontakt: Manuel Fernandez, BUND-Experte für Chemikalienpolitik
    Mobil: +49 151-19336210
    manuel.fernandez(at)bund.net
  • BUND-Pressestelle: 
    Sigrid Wolff | Daniel Jahn | Lara Dalbudak
    Tel.: +49 30 27586-497 | -531 | -425
    presse(at)bund.net

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