"Die neue Bilanz zum Anteil der Naturwälder in Deutschland ist ein Armutszeugnis. Nach über zehn Jahren schafft es die Bundesregierung nicht, Wälder im notwendigen Umfang dauerhaft ihrer natürlichen Entwicklung zu überlassen. Seit vor zwölf Jahren in der nationalen Biodiversitätsstrategie das Ziel gesetzt wurde, bis 2020 fünf Prozent Naturwälder zu erreichen, sind wir im Jahre 2018 noch nicht einmal bei drei Prozent angelangt.
Viele Tier-, Pflanzen- und Pilzarten, die auf die Alters- und Zerfallsphasen der Bäume und eine natürliche Dynamik im Wald angewiesen sind, sind unter anderem durch diese Versäumnisse stark gefährdet. Ihr Schutz schließt eine forstliche Nutzung aus – Waldwildnis ist wichtig für die biologische Vielfalt. Weißrückenspecht, Eremit oder Igel-Stachelbart haben nur dann eine Chance, wenn sich die Wälder auf großer Fläche wieder frei entwickeln können und echte Waldwildnis entstehen darf.
Der BUND fordert gemeinsam mit anderen Naturschutzverbänden die Bundesregierung auf, ein Programm zur Förderung der Sicherung von Naturwäldern auf den Weg bringen, in das Bund, Länder und Kommunen einbezogen werden. Auch braucht es mehr Transparenz in der Naturwälder-Bilanz: Die Leistungen der Bundesländer, erfolgreich zur Erreichung des Ziels beizutragen, sollten so sichtbar sein und anerkannt werden.
Ein gutes Jahr, bevor Deutschland die EU-Ratspräsidentschaft übernehmen und damit die Verhandlungen über das globale Ziel zum Schutz von Arten und Lebensräumen nach 2020 für die EU leiten wird, gleicht die schlechte Bilanz der Naturwälder einem Offenbarungseid. Deutschland kann sich im globalen Kontext nur dann glaubwürdig für den Erhalt von Mangroven, Regenwäldern oder Trockensavannen einsetzen, wenn es auch im eigenen Land Naturwäldern eine Chance gibt."
Mehr Informationen
- Im Koalitionsvertrag hat die Bundesregierung einen Wildnisfonds vereinbart, der noch in diesem Jahr starten soll. Aus Sicht des BUND kann der Fonds dabei helfen, die für den Erhalt von Arten und Lebensräumen besonders wichtigen großen Waldgebiete dauerhaft der Natur zu überlassen. Gleichzeitig müssen Länder und Kommunen darauf achten, die noch verbliebenen wertvollen alten Laubmischwälder endlich dauerhaft unter Schutz zu stellen, beispielsweise den nördlichen Steigerwald in Bayern.
- zu den Ergebnissen der neuen Naturwälder-Bilanz
- Bilanz der Naturschutzverbände zu zehn Jahren "Nationale Strategie zur Biologischen Vielfalt" (PDF)
- Pressekontakt: Nicola Uhde, BUND-Expertin für Waldpolitik, Tel.: (030) 2 75 86-498, nicola.uhde(at)bund.net bzw. Katrin Matthes, BUND-Pressereferentin, Tel.: (030) 2 75 86-531, presse(at)bund.net