Berlin. Anlässlich der Vorstellung der Kriterien für die geplante Tierwohlkennzeichnung durch Bundesagrarministerin Julia Klöckner fordert der BUND das Ministerium auf, bei den Haltungskriterien – insbesondere bei der ersten Stufe – nachzuschärfen und nur echtes Tierwohl zu kennzeichnen. "Es ist gut, dass die Agrarministerin das Thema Tierwohl aufgreift. Leider scheut sie es wieder einmal, sich mit der Branche anzulegen und verpasst zudem die Chance den Umbau der Tierhaltung anzugehen", erklärt Katrin Wenz, BUND-Agrarexpertin. "Freiwilligkeit und lasche Anforderungen an das Tierwohl werden der Dringlichkeit des Themas nicht gerecht."
Schon bei der Kennzeichnung mit der Stufe Eins müsse es den Tieren merklich besser gehen. "Wo Tierwohl drauf steht, muss auch Tierwohl drin sein", so Wenz weiter. "Für ein Mastschwein, das bis zu 110 Kilogramm wiegt, sind in der ersten Stufe nur 0,90 Quadratmeter eingeplant. Das ist viel zu wenig. Die bislang geplanten 20 Prozent mehr Platz sind keineswegs ausreichend." Deutlich mehr Platz, also mindestens 40 Prozent und ausreichend Stroh, müsste vorhanden sein, damit es den Tieren besser geht.
Das Kupieren von Ringelschwänzen ist in der ersten Stufe nicht untersagt, auch wenn dies laut Tierschutzgesetz schon lange in Deutschland verboten ist. "Das ist ein Skandal. Nicht einmal die Mindestanforderungen an das Tierwohl werden hier umgesetzt", kritisiert die BUND-Agrarexpertin. "Der BUND fordert die Agrarministerin auf, die Einhaltung des Gesetzes durchzusetzen und nicht mit immer neuen Ausnahmen den Gesetzesbruch zu legitimieren. Fleisch aus tierquälerischen Massentierhaltung darf auf keinen Fall als 'Tierwohl' gekennzeichnet werden und so den Verbraucher an der Einkaufstheke in die Irre führen."
Für eine langfristige Planung brauchen die Bäuerinnen und Bauern aus Sicht des BUND eine gesetzliche Verankerung der Kennzeichnung, sonst kann der Umbau nicht gelingen. Katrin Wenz: "Der notwendige Umbau der Tierhaltung braucht Planungssicherheit und staatliche Unterstützung. Landwirte, die nicht wissen, was auf sie zukommt, werden ihre Haltungssysteme nicht umbauen und größere Investitionen tätigen. Auf Freiwilligkeit zu setzen, ist der falsche Weg. Zudem darf Tierleid, das in der ersten Stufe gang und gäbe sein wird, vom Staat nicht finanziell gefördert werden. Die Kennzeichnung ab der zweiten Stufe, wo es deutlich mehr Platz für die Tiere gibt und die Ringelschwänze dranbleiben, sollte hingegen mit Mitteln gefördert werden, um so eine Änderung der Fleischproduktion zu erreichen."
Dass der Umbau aber mit dem nötigen gesetzlichen Rahmen funktioniert, hat das Erfolgsmodell Eierkennzeichnung in der Vergangenheit bereits gezeigt. Verbraucher können beim Ei erkennen, wie die Tiere gehalten wurden. Außerdem haben Kaufentscheidungen der Verbraucher dazu geführt, dass die Eier aus der Käfighaltung ausgelistet wurden. Um auch die Fleischkennzeichnung zu einem Erfolgsprojekt werden zu lassen, fordert der BUND bereits in dieser Legislaturperiode einen gesetzlichen Rahmen für die Überführung einer freiwilligen in eine verpflichtende Haltungskennzeichnung.
Mehr Informationen
- Pressekontakt: Katrin Wenz, BUND-Agrarexpertin, Tel.: (030) 2 75 86-549, katrin.wenz(at)bund.net bzw. Sigrid Wolff, BUND-Pressesprecherin, Tel.: (030) 2 75 86-425, presse(at)bund.net
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