Nein zu "Gene Drives": Gentechnische Veränderungen wildlebender Arten und ganzer Ökosysteme bergen große Gefahren

Seit der Erfindung des Gentechnikverfahrens CRISPR/Cas können Gene noch viel grundlegender verändert werden, als es je zuvor möglich war: Nicht nur Gene von Ackerpflanzen und Nutztieren, sondern auch die wildlebender Tiere und Pflanzen können damit manipuliert werden. 

Auf diese Weise könnte in naher Zukunft auch die Natur – das Zusammenspiel von Arten in ihren Ökosystemen – gentechnisch umprogrammiert und an menschlichen Zielen ausgerichtet werden. Der BUND sagt "Nein" zu solchen Experimenten! 

Wie ist das möglich? Sogenannte "Gene Drives" verändern die Vererbungswahrscheinlichkeit von im Labor eingefügten Genen dramatisch. Während die Wahrscheinlichkeit für die Vererbung einer genetischen Eigenschaft normalerweise bei 50 Prozent liegt, können Gene Drives die Vererbung von Genen an die Nachkommen auf bis zu 100 Prozent erhöhen.

Und damit nicht genug. Gentechnisch veränderte Gene-Drive-Organismen wird ein Mechanismus eingebaut, der dafür sorgt, dass sich die gentechnische Veränderung selbstständig bei jeder Fortpflanzung vollzieht. Die Weitergabe erfolgt von Generation zu Generation. Gene Drives machen die Natur zum Gentechniklabor!

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Eine neue Dimension der Gentechnik

Die Gene-Drive-Technologie eröffnet eine neue Dimension in der Gentechnik: Der Gene Drive löst eine Art gentechnische Kettenreaktion aus, die erst zum Stillstand kommt, wenn das Ziel erreicht ist – oder eine genetische Mutation sie stoppt.

Das Ziel kann dabei sein, eine Population oder eine gesamte Art zu ersetzen oder sogar auszurotten. Dabei gibt der Mensch die Kontrolle über die Entwicklung und Verbreitung der gentechnisch veränderten Organismen ab. Ein Freilandversuch wäre deshalb eine unwiderrufliche Entscheidung – denn, einmal angestoßen, ist die Kettenreaktion nicht mehr zu stoppen oder rückgängig zu machen. Jedes menschliche Eingreifen erfordert einen weiteren Gene Drive.

Gene Drive: Ganze Arten im Fadenkreuz? Gene Drive: Ganze Arten im Fadenkreuz?  (WeMove Europe)

Doch wozu das Ganze?

Gene Drives werden von ihren Entwickler*innen und Geldgeber*innen als Möglichkeit der Schädlingsbekämpfung in der Landwirtschaft, zur Entfernung invasiver Arten aus sensiblen Ökosystemen und zur Ausrottung oder Veränderung von krankheitsübertragenden Insekten propagiert.

Erste Anwendungen zielen auf die Ausrottung von Mäusen, Ratten und Stechmücken ab. Die starke Beteiligung der amerikanischen Militärbehörde an der Finanzierung der Forschung deutet darauf hin, dass die Technologie auch als biologischer Waffe genutzt werden könnte.

Erste Freisetzungsversuche mit Gene-Drive-Mücken, die die Malaria-übertragende Anopheles-Mücke ausrotten sollen, werden derweil in Burkina Faso vorbereitet. Darüber entscheiden aktuell nur sehr wenige. Die großen Risiken und womöglich weitreichenden globalen Konsequenzen muss jedoch die ganze Menschheit tragen.

  • Der BUND sagt "Nein" zur Nutzung der Gene-Drive-Technologie in der Natur und fordert ein globales Moratorium!

Argumente für ein Gene-Drive-Moratorium:

  • Mit Gene Drives wird die Natur zum Gentechniklabor.
  • Gene-Drive-Organismen sind nicht rückholbar, ihre Überwachung und Kontrolle in der Natur ist unmöglich.
  • Mit Gene-Drive-Organismen schaffen wir neue invasive Arten, die sich weltweit verbreiten könnten.
  • Die Risiken sind hoch: Gene Drives könnten im Ernstfall zur Auslöschung ganzer Arten oder zum Zusammenbruch von Ökosystemen führen.
  • Ihre Effekte auf Ökosysteme, die Landwirtschaft, die menschliche Gesundheit und den Frieden sind weder erforscht, noch absehbar.
  • Die Gene-Drive-Technologie bekämpft nur Symptome statt die Ursachen unserer Probleme.
  • Bereits die Gene-Drive-Forschung ist riskant, das Entkommen einzelner Versuchstiere in die Umwelt kann die gentechnische Kettenreaktion in Gang setzen.

Im Sommer 2020 hat der BUND in einem Offenen Brief von 78 Umwelt-, Agrar-, Tierschutz- und Entwicklungsorganisationen aus ganz Europa die EU-Kommission dazu aufgerufen, die Freisetzung sogenannter Gene-Drive-Organismen in der EU und international zu ächten. 

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Daniela Wannemacher blickt in die Kamera.

Daniela Wannemacher

BUND-Expertin für Gentechnik
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