Scheue Sonnenanbeterin
Häufig landete sie auf dem Teller: beim Volk zunächst als beliebte Fastenspeise und später als Delikatesse bei Hofe – Brandenburger Händler*innen verkauften früher ganze Pferdefuhrwerke voller Schildkröten.
Das ist ein Grund, warum die Europäische Sumpfschildkröte heute zu den seltensten Bewohnern von Seen und Teichen zählt. Und zu den scheuesten und heimlichsten. Bei der geringsten Störung tauchen sie blitzschnell unter die Wasseroberfläche. Ist die Lage ruhig, paddelt die Schildkröte an Land. Denn als wechselwarmes Tier liebt sie ausgedehnte Sonnenbäder.
Verhängnisvolle Ablageplätze
Auf der Suche nach geeigneten Eiablageplätzen wandern die Weibchen im Frühsommer oft mehrere Kilometer weit. Ihre sechs bis zwanzig Eier vergraben sie anschließend bis zu zwölf Zentimeter tief im Erdreich. Sehr sonnig muss der Standort sein. Leider nutzen sie mangels geeigneter Plätze auch Ackerflächen zur Eiablage. Das Pflügen bedeutet für den Nachwuchs den sicheren Tod. Wenn aber alles glatt läuft, schlüpfen die Jungtiere im Spätsommer aus ihren Eiern, buddeln sich an die Erdoberfläche und nehmen unverzüglich Kurs auf das nahe Wasser.
Dort zeigen sie einen enormen Appetit und verschlingen gierig, was immer sie zu erhaschen vermögen. So legen sie in der kurzen Zeit, die ihnen bis zum Winteranfang bleibt, möglichst große Fettreserven an. Wenn sie Glück haben, liegen hundert Lebensjahre vor ihnen. Manche Schildkröten werden sogar noch älter.
Kaum noch Lebensraum
Für Land- und Forstwirtschaft werden Sümpfe und Feuchtgebiete trocken gelegt. Das Schildkrötenweibchen findet immer seltener geeignete Eiablageplätze und macht sich auf große Wanderschaft. Wo sie dabei Straßen überquert, wird sie häufig überfahren. Viele Wasserlebensräume verschwinden zudem durch die Absenkung des Grundwasserspiegels und ausbleibende Niederschläge. Nicht selten ertrinken Sumpfschildkröten grausam, wenn sie sich in Fischernetzen verheddern.