Tierwohlabgabe: Gut für Bäuer*innen und Tiere

06. Februar 2024 | Massentierhaltung, Landwirtschaft, Nachhaltigkeit

Die Bauernprostete haben die Tierwohlabgabe wieder in die öffentliche Diskussion gebracht. Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir sieht im „Tierwohl-Cent“ eine gute Möglichkeit, um Landwirt*innen beim Umbau der Tierhaltung finanziell zu unterstützen. Wir erklären die Details der Tierwohlabgabe.

Ein Schwein im Stall. Die Tierwohlabgabe soll Bäuer*innen beim Umbau der Tierhaltung unterstützen.  (Matthias Zomer / pexels)

Verbraucher*innen wünschen sich schon lange eine bessere Tierhaltung. Dafür müssen Landwirt*innen Ställe umbauen und haben höhere laufende Kosten. Bereits im Jahr 2020 hat das Kompetenznetzwerk Nutztierhaltung (die sogenannte „Borchert-Kommission“) Vorschläge gemacht, wie das gelingen kann und ausgerechnet, wie viel der Umbau kostet. Die Summe wurde auf drei bis fünf Milliarden Euro jährlich beziffert.

Das würden Verbraucher*innen mehr bezahlen

Diese Milliarden müssen in Zeiten eines knappen Haushalts eingenommen werden, zum Beispiel durch die Tierwohlabgabe. Für Verbraucher*innen würden dadurch tierische Produkte voraussichtlich teurer werden. Ein Kilogramm Fleisch würde dann circa 40 Cent mehr kosten, der Liter Milch zwei Cent mehr. Butter und Käse würden rund 15 Cent teurer (jeweils pro Kilogramm). Inwieweit der Handel diese Mehrkosten eins zu eins an die Verbraucher*innen weitergeben würde, müsste sich erstmal zeigen.

Tierwohl-Cent: Mengenbezogene Abgabe

Die Tierwohlabgabe funktioniert also mengenbezogen: Je mehr tierische Produkte man kauft, umso mehr zahlt man an Abgabe. Da wir aus gesundheitlichen Gründen und aus Umwelt- und Klimagründen deutlich weniger tierische Produkte konsumieren müssen, setzt die mengenbezogene Abgabe die richtigen Anreize. Einkommensschwache Familien sollten aber durch die Abgabe auf Lebensmittel nicht zusätzlich belastet werden. Deswegen ist es wichtig, die Tierwohlabgabe mit sozialpolitischen Maßnahmen zu flankieren.

Höhere Mehrwertsteuer auf tierische Produkte

Eine andere Möglichkeit, den Umbau der Tierhaltung zu finanzieren, wäre eine höhere Mehrwertsteuer auf tierische Produkte. Auch eine mengenbezogene Sondersteuer, wie es sie beispielsweise bei Kaffee bereits gibt, wäre möglich. Doch ob die dadurch entstandenen Mehreinnahmen auch tatsächlich in den Umbau der Tierhaltung fließen würden, ist fraglich. Denn Steuern dürfen nicht zweckgebunden erhoben werden. Die Einnahmen fließen zunächst in den allgemeinen Bundeshaushalt. Ob und wie viel Geld davon dann tatsächlich bei den Bäuer*innen ankommt, ist unklar. Deswegen ist eine Tierwohl-Cent-Abgabe nach Einschätzung des BUND die deutlich bessere Variante. Zentral ist, dass die Steuer oder Abgabe auf alle tierischen Produkte erhoben werden muss. Sie nur auf Fleischprodukte zu erheben, reicht nicht aus. 

So steht die Regierung zur Tierwohlabgabe

Das Finanzministerium unter Leitung der FDP war bisher sowohl gegen die Tierwohlabgabe als auch gegen eine zusätzliche Steuer. Die Bauern-Proteste haben inzwischen wohl zu einem Umdenken geführt. So hatten sich führende FDP-Politiker in den vergangenen Wochen offen gegenüber der Idee gezeigt. Doch es gibt noch einige Fragen zu klären. So gibt beispielsweise das EU-Recht vor, dass einzelne EU-Länder beim Handel nicht benachteiligt werden dürfen. Das könnte man mit einer Sondersteuer wie beim Kaffee umgehen. Ein konkretes Konzept, das von allen Beteiligten akzeptiert wird und keine absehbaren juristischen Probleme aufwirft, fehlt jedoch bisher. Das müsste jetzt das Finanzministerium ausarbeiten.

Umbau der Landwirtschaft längst überfällig

Der BUND war Mitglied der Borchert-Kommission und ist weiterhin Teil der Zukunftskommission Landwirtschaft (ZKL). Als Mitglied der Borchert-Kommission haben wir uns für die Tierwohlabgabe eingesetzt. Doch die Tierwohlabgabe ist nicht die einzige Stellschraube, an der in der Landwirtschaft gedreht werden muss. Der dringend nötige Umbau zu einer klima, tier- und umweltgerechten Landwirtschaft wurde leider jahrzehntelang von der Politik verschlafen.

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