Neue Zeiten, neue Herausforderungen: Verena Graichen im Interview

26. Februar 2025 | BUND

Die Bundestagswahl ist vorbei, die politischen Karten werden neu gemischt – doch die Klimakrise wartet nicht. Inmitten dieser spannenden, aber auch besorgniserregende Phase tritt Verena Graichen ihr Amt als Bundesgeschäftsführerin für Politik an. Im Interview spricht sie über die Wichtigkeit einer starken Zivilgesellschaft und über die Zukunft des BUND.

Verena Graichen - Bundesgeschäftsführerin Politik  (Toni Mader / BUND)

Liebe Verena, du übernimmst in diesen bewegten Zeiten das Amt der Bundesgeschäftsführung des BUND. Gerade liegen die vorgezogenen Bundestagswahlen hinter uns. Ein Blick in die Glaskugel: Was erwartet uns in den nächsten vier Jahren?

Die aktuelle Situation ist mehr als besorgniserregend. Wirklich wichtige Themen haben im Wahlkampf kaum eine Rolle gespielt. Die Klimakrise und die Bedrohung der Biodiversität geht ja nicht weg, wenn keiner darüber spricht. Die Quittung für das beherrschende Thema Migration haben wir mit über 20 Prozent der Stimmen für eine Partei, die den Klimawandel leugnet und ein menschenverachtendes Weltbild verbreitet, bekommen. Das ist eine Gefahr für die Grundpfeiler unserer Demokratie.

Umso wichtiger ist es jetzt, bei den Koalitionsverhandlungen wieder die wirklich wichtigen Themen in den Mittelpunkt zu rücken. Das geht nur mit einer starken Unterstützung aus der Zivilgesellschaft. Wir werden den neuen Kanzler daran messen, ob er und seine Regierung sozial gerechten Klima- und Naturschutz voranbringen.

Die Unionsfraktion hat kürzlich für Aufregung gesorgt: In einer Kleinen Anfrage stellt sie die Gemeinnützigkeit diverser Verbände infrage, darunter auch die des BUND. Was macht das mit dir?

Wir lassen uns davon nicht einschüchtern, falls das das Ziel gewesen sein sollte. Wir müssen und werden weiterhin auf die Straße gehen und für Umwelt-, Klima- und Naturschutz demonstrieren. Der um sich greifende Rechtspopulismus gefährdet diese Ziele. Wir treten ein für wirksamen Naturschutz in einer stabilen Demokratie. Das machen wir gemäß unserer Satzung seit über 50 Jahren. In dieser Zeit haben wir immer wieder eng mit Bundes- und Landesregierungen der Union, sowie Landräten und Bürgermeistern kooperiert und dabei viel für Umwelt und Naturschutz erreicht. Mit ihrer Anfrage leistet die Unionsfraktion daher dem demokratischen Diskurs und dem Miteinander in unserem Land einen Bärendienst.

Was hat Dich persönlich motiviert, die Position als Geschäftsführung zu übernehmen? Was hast du dir vorgenommen?

Ich bin schon sehr lange beim BUND dabei. Mit 15 Jahren habe ich in der BUNDjugend angefangen, weil ich gemerkt habe, dass gemeinsam für die Umwelt zu streiten richtig Spaß machen kann. Das Highlight meiner Arbeit dort war die europäische Jugendklimakampagne „The Bet“: Wir haben gewettet, dass wir es mit den teilnehmenden Schulen schaffen, in acht Monaten acht Prozent CO2 einzusparen. Und wir haben gewonnen – gegen die EU-Kommission.

Seit 2009 bin ich Vorstand vom Landesverband Berlin. Da habe ich erfahren, wie unglaublich nah Politik an dem dran ist, was unser persönliches Leben ausmacht: Zum Beispiel, ob da ein Radweg oder vor der Schule meiner Kinder eine Spielstraße ist – genau das wird ja vor Ort entschieden. Heute bin ich Bundesgeschäftsführerin und ich freue mich, dass ich auf dieser Ebene weiter in diesem Verband arbeiten kann, zusammen streiten, lachen und feiern kann, wenn wir mit gemeinsamer Kraft Erfolge erzielen.

Und was hat der BUND in nächster Zeit vor?

Als nächstes begleiten wir die Koalitionsverhandlungen und schauen genau hin, was CDU/CSU und SPD vereinbaren. Um es konkret zu machen: Wir brauchen dringend eine Reform der Schuldenbremse, die Investitionen in technischen und natürlichen Klimaschutz sowie in die Wiederherstellung natürlicher Lebensräume ermöglicht. Die Akzeptanz für die ökologisch notwendigen Maßnahmen wird es nur geben, wenn diese sozial gerecht ausgestaltet sind. Gute Arbeit, ein bezahlbares Leben und der Erhalt unserer Lebensgrundlagen müssen Hand in Hand gehen. Außerdem muss die sozial gerechte Wärmewende kommen und ein öffentlicher Nahverkehr mit einem bezahlbaren Deutschlandticket attraktiv bleiben.

Als neue Geschäftsführerin ist es mir ein Herzensanliegen, für wirksamen Naturschutz einzustehen – auch gegen Widerstände. Unser Verband mit 675.000 Unterstützer*innen und mehr als 2.000 Ortsgruppen ist dafür eine kraftvolle Ressource. Gemeinsam setzen wir die Politik unter Druck und kämpfen für eine gerechte und nachhaltige Zukunft.

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