Die Fangquoten für die Nordsee im Jahr 2023 stehen fest. Mehr als zwei Monate verhandelten die Fischereiminister*innen der EU, Großbritanniens und Norwegens über mehr als hundert Fangquoten für Fischbestände im Nordostatlantik und der Nordsee. Trotz des Einsatzes Deutschlands und der Europäischen Kommission für einzelne Fischpopulationen, vermisst der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) erneut die dringend notwendige Kursänderung zur Rettung von Fischpopulationen und Meeren.
„Ein Drittel aller Fischpopulationen im Nordostatlantik ist aktuell überfischt. Bei den Populationen, die sich EU und Großbritannien teilen, sind es sogar zwei Drittel. Das ist zwar eine Verbesserung im Vergleich zu den Vorjahren, doch dieser schleichende Fortschritt kommt für viele Fischpopulationen zu spät. Die Überfischung muss jetzt enden", fordert die BUND-Geschäftsführerin Antje von Broock.
Der umstrittenste Fisch der diesjährigen Verhandlungen war ohne Zweifel der Europäische Aal. An dem dramatisch schlechten Zustand der Population hat sich nichts geändert, seit sie 2008 offiziell auf der Internationalen Roten Liste als "vom Aussterben bedroht" eingeordnet wurde. Auf der Suche nach einem Kompromiss zwischen Artenschutz und Fischerei hatte die EU-Kommission vorgeschlagen, die aktuelle Schonzeit in den Meeren von drei auf sechs Monate auszuweiten. Trotz Unterstützung aus Deutschland, scheiterte die neue Schonzeit am Widerstand der meisten anderen Mitgliedsstaaten.
„Der heute gefasste Beschluss ist, abgesehen von der vollständigen Schließung der Freizeitfischerei in den Küstengewässern, keine Verbesserung. Er widerspricht nicht nur den wissenschaftlichen Empfehlungen, sondern auch allen Bekenntnissen zum Artenschutz. Es ist stark, dass Deutschland sich trotz heftigen Gegenwinds aus den Bundesländern und von Seiten der Fischerei- und Angelverbände für den Vorschlag ausgesprochen hat. Das ist genau die zukunftsgewandte Kursänderung, die wir von Fischereiminister Özdemir erwarten“, so von Broock.
Die vermeintlich guten Nachrichten der Erholung der Nordsee-Kabeljau-Population wurden dem Kabeljau in den Verhandlungen zum Verhängnis. Nachdem die Population bereits in den 60er Jahren zusammengebrochen war und die Fangquoten seitdem stark gesenkt werden mussten, zeigte sich dieses Jahr zum ersten Mal seit langem ein kleines Anzeichen für Wachstum. Darauf reagierten die Fischereiminister*innen prompt mit einer Erhöhung der Fangquote um 63 Prozent. Von Broock: „Die Erhöhung der Fangquote für Kabeljau steht im drastischen Widerspruch dazu, dass die Population immer noch in einem katastrophalen Zustand ist. Anstatt auf eine langfristige Erholung zu setzen, werden die Fehler der Vergangenheit wiederholt. Diese Politik ist weder nachhaltig noch zukunftsfähig.“
Die Meereswende braucht insgesamt mehr Tempo: „Nach einem Jahr können wir die ersten Anzeichen eines grünen Wandels in der deutschen Fischereipolitik erkennen. Wir setzen darauf, dass die neue Bundesregierung mutig und zügig eine sozialökologische Transformation der Fischerei vorantreibt. Nur so können wir das Leben in den Meeren schützen und weiterhin fischen“, fordert von Broock.
Mehr Informationen:
- Der BUND und andere NGOs zu den Empfehlungen für die Fangquoten im Nordostatlantik 2023
- BUND zum Thema Fischerei und Fischereipolitik
- BUND-Hintergrund zum Europäischen Aal und dem BUND Standpunkt zu einem Fangverbot
- Pressemitteilung des EU-Fischereirates zu den Ergebnissen
- Kontakt: Valeska Diemel, BUND-Expertin für Fischerei, Mobil: 0178 - 8101714, E-Mail: Valeska.Diemel(at)bund.net sowie BUND-Pressestelle: Sigrid Wolff | Daniel Jahn | Clara Billen | Lara Dalbudak Tel. 030-27586-497 | -531 | -464 | -425 | E-Mail: presse(at)bund.net