Glyphosat: Bayer wirbt mit Petition für Verlängerung der Zulassung

25. August 2023 | Landwirtschaft, Lebensräume, Naturschutz, Umweltgifte

Glyphosat ist nur noch bis Mitte Dezember diesen Jahres EU-weit zugelassen. Die EU-Mitgliedsstaaten entscheiden in den nächsten Wochen, ob die Zulassung von Glyphosat verlängert wird. Entsprechend nimmt die Lobby-Schlacht um das Ackergift jetzt wieder an Fahrt auf – schließlich hat der Chemieriese Bayer viel Geld zu verlieren. Dabei stellt Bayer in einer kürzlich gestarteten Petition an die Bundestagsabgeordneten krude Behauptungen über Glyphosat auf. Wir machen den Faktencheck.

Weizenfeld-Stoppel

Der Kauf von Monsanto (und damit einhergehend auch der Kauf von Glyphosat) hat Bayer satte 63 Milliarden Dollar gekostet. Das waren aber noch nicht alle Kosten, die Bayer in Zusammenhang mit Glyphosat bisher hatte: Zehntausende US-Bürger*innen klagten gegen Bayer, weil sie ihre Krebserkrankungen mit Glyphosat in Verbindung brachten. Bayer zahlte Milliarden-Summen für Vergleiche. Der Druck auf Bayer, weiter mit Glyphosat Geld verdienen zu können, ist also hoch. Doch die Folgekosten, die durch die Nutzung von Glyphosat entstehen, zahlen wir alle.

Faktencheck Glyphosat

Schaut man sich die Argumentation von Bayer an, kommt man zu dem Ergebnis, dass Bayer jede Menge Behauptungen aufstellt, die leicht zu widerlegen sind. Wir machen den Faktencheck im Einzelnen:

  • Behauptung von Bayer: „Da es aktuell in vielen Anwendungsgebieten keine wirtschaftliche Alternative zu Glyphosat gibt, würde ein generelles Verbot ab 2024 nicht nur Landwirtinnen und Landwirte sowie Winzerinnen und Winzer in Deutschland vor große Probleme stellen. Auch würde es die Erzeugung heimischer Lebensmittel auf unseren Feldern einschränken.“
     
  • BUND-Faktencheck: Falsch. Landwirt*innen, Obstbäuer*innen und Winzer*innen kommen im Öko-Landbau schon seit Jahrzehnten ohne Glyphosat aus. Unkräuter werden mit Striegel und Hacke innerhalb und zwischen den Kulturpflanzen entfernt. Unerwünschte Pflanzen auf dem Acker können mit vielfältigen Fruchtfolgen, Untersaaten und Mischkulturen unterdrückt werden.
     
  • Behauptung von Bayer: „Die Wissenschaft hat Stellung bezogen: Glyphosat ist bei richtiger Anwendung sicher!“
     
  • BUND-Faktencheck: Tatsächlich hat die europäische Lebensmittelbehörde EFSA Glyphosat im Juli diesen Jahres neu bewertet und sieht keine kritischen Problembereiche der Auswirkungen von Glyphosat auf die Gesundheit von Mensch und Tier sowie auf die Umwelt. Doch die Behörde räumt selbst Daten-Lücken ein. Dabei gibt es zahlreiche unabhängige Studien, die zeigen, dass Glyphosat ein gravierendes Gesundheits- und Umweltproblem ist. Viele dieser Studien belegen, dass Glyphosat das Nervensystem schädigen kann und das Mikrobiom im Darm beeinflusst. Glyphosat ist als Antibiotikum patentiert. Immer noch gilt es als wahrscheinlich krebserregend beim Menschen. Einmal in die Umwelt gebracht, verursacht Glyphosat gravierende Schäden im Boden, im Wasser und bei Nützlingen. Es schädigt direkt Florfliegen, Schmetterlinge, Bienen, Amphibien und Bodenorganismen. Auch der indirekte Schaden des Ökosystems ist enorm. Da Glyphosat als Totalherbizid alle Pflanzen tötet, fehlt Nahrung für blütenbesuchende und pflanzenfressende Insekten. Weniger Insekten heißt weniger Futter für Vögel, Fische und Fledermäuse.
     
  • Behauptung von Bayer: „Da durch Glyphosatanwendungen vielfach auf das Pflügen verzichtet werden kann, wird die Wasseraufnahme im Boden erhöht, kann Humus aufgebaut werden, wird Erosion vorgebeugt und die biologische Vielfalt im Boden geschützt. Zudem haben chemische Alternativen oft ein schlechteres Umweltprofil.“
     
  • BUND-Faktencheck: Bei der Bodenbearbeitungmethode „Mulchsaat“ wird der Boden flach bearbeitet und nicht gewendet (wie beim Pflügen). Viele Ökolandwirt*innen und konventionelle Bäuer*innen haben sich bereits dafür entschieden. Die Mulchsaat ist guter Erosionsschutz, spart Wasser und sorgt für mehr Bodenleben. Wenn der Boden überhaupt nicht bearbeitet wird, wie bei der Glyphosatanwendung der Fall ist, besitzt der Boden eine hohe Anzahl an vertikalen Grobporen. Dadurch dringt Sickerwasser schneller ins Grundwasser ein. So wird das Wasser weder gereinigt noch für spätere Dürreperioden gespeichert. Mit Blick auf Dürreperioden und Starkregen, verursacht durch die Klimakrise, schadet die verdichtete Bodenstruktur der Widerstandsfähigkeit und der Erntesicherheit.

      Glyphosat zerstört biologische Vielfalt

  • Ganz falsch ist, dass Glyphosat die biologische Vielfalt im Boden schützt. Das Gegenteil ist der Fall: Glyphosat wirkt wie ein Antibiotikum und greift massiv in die Mikroorganismen des Bodens ein. Mikrobielle Gemeinschaften unterstützen viele lebenswichtige Funktionen für Ökosysteme, einschließlich der Zersetzung von organischer Bodensubstanz und deren Umwandlung in Mikromineralien und Pflanzennährstoffe. Das fördert die Pflanzengesundheit und verbessert die Pflanzenproduktion. Ihre Vielfalt und Häufigkeit sind für die Bodengesundheit und damit für die Nahrungsmittelproduktion unerlässlich. Glyphosat schädigt Bodenlebewesen und damit die Bodenfruchtbarkeit.

       Humus-Aufbau

  • Beim Humus-Aufbau kommt es in erster Linie darauf an, wieviel und welches organisches Material in die Böden eingebracht wird. Ob es untergepflügt wird oder nicht, spielt beim Humus-Aufbau keine Rolle. Wenn der Boden nicht mehr gepflügt wird, werden Erntereste nicht mehr eingearbeitet und Pflanzenmaterial bleibt an der Oberfläche liegen. Diese Oberflächenbedeckung schützt in der Tat bei Regen vor Erosion. Der gleiche Effekt lässt sich aber auch mit einer Mulchsaat, Zwischenfrüchten oder Untersaaten erreichen. Dabei werden sogar gleichzeitig Bodenorganismen gefüttert und Humus aufgebaut. Mehr Informationen dazu finden Sie in unserem Faktenblatt „Glyphosat ist weder Boden- noch Klimaschutzmittel“.

Wir fassen nochmal zusammen, warum Glyphosat so gefährlich ist: 

Warum Glyphosat die Gesundheit gefährdet

  • Glyphosat ist laut WHO wahrscheinlich krebserregend beim Menschen.
  • Glyphosat kann das Nervensystem schädigen.
  • Glyphosat kann das Mikrobiom im Darm beeinflussen.
  • Glyphosat ist chronisch toxisch und wirkt auf Neurotransmitter.
  • Glyphosat-Rückstände können im Urin und in der Muttermilch nachgewiesen werden.

Warum Glyphosat maßgeblich zum Artensterben beiträgt

  • Glyphosat schädigt viele Nützlinge wie Insekten, Spinnen, Bodenlebewesen und Regenwürmer.
  • Glyphosat tötet jede Pflanze, die nicht entsprechend gentechnisch verändert ist. Weniger Wildpflanzen bedeutet weniger Lebensraum für Insekten, die wiederum Nahrungsquelle für Vögel, Fische und Säugetiere sind. Nimmt der Bestand von Insekten ab, folgt daraus Artenschwund bei anderen Tieren.
  • Wildbienen und Schmetterlinge haben durch die Zerstörung von Wildpflanzen kaum noch Pollen und Nektarquellen.
  • Glyphosat ist langfristig giftig für Wasserorganismen.

Wie Glyphosat der Umwelt schadet

  • Glyphosat belastet das Grundwasser, unsere Böden und die Luft.
  • Durch Regen und Wind kann Glyphosat auch in angrenzende Flächen und in Seen und Flüsse gelangen und sich so breit in der Umwelt verteilen.

Aus für Glyphosat im Koalitionsvertrag

Im Koalitionsvertrag der derzeitigen Bundesregierung ist festgeschrieben, dass Glyphosat bis Ende 2023 vom deutschen Markt genommen wird. Deutschland muss also in der EU gegen eine weitere Zulassung von Glyphosat stimmen. Doch es deuten sich bereits erste Uneinigkeiten zwischen Grünen und FDP darüber an. Deswegen ist es umso wichtiger, die Bundesregierung jetzt an ihre Zusagen im Koalitionsvertrag zu erinnern. Fordern Sie mit uns gemeinsam Landwirtschaftsminister Cem Özdemir auf, Glyphosat zu verbieten und den Einsatz von Pestiziden bis 2030 mindestens zu halbieren. 

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