Berlin. Eine große Mehrheit der Bevölkerung ist gegen das Steinkohlekraftwerk Datteln 4 in Nordrhein-Westfalen, das am Samstag ans Netz gehen soll. Fast zwei Drittel der Befragten (63 Prozent) hält die Inbetriebnahme für "falsch", wie aus einer vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) in Auftrag gegebenen repräsentativen Umfrage des Instituts Kantar hervorgeht. Nur 25 Prozent sind dafür. Der umstrittene Meiler soll morgen den Regelbetrieb aufnehmen. Das ist ein klarer Verstoß gegen den Kompromiss der Kohlekommission.
Olaf Bandt, BUND-Vorsitzender: "Der Bundestag steht kurz davor, ein Gesetz für den Kohleausstieg zu erlassen. Da ist es ein unglaublicher Affront, jetzt noch ein Steinkohlekraftwerk ans Netz zu nehmen. Das ist Politik gegen die Menschen und gegen die Umwelt. Der Klimawandel stellt uns vor immer größere Herausforderungen: Wetterextreme und Naturkatastrophen nehmen zu, die Artenvielfalt ist bedroht und damit unser gesamtes Ökosystem. Doch was der Mehrheit der Bevölkerung große Sorge bereitet, scheint die Politik kalt zu lassen."
Neben der Bundesregierung verstößt auch die finnische Regierung durch die Inbetriebnahme des Kraftwerks gegen ihre eigenen Klimaziele. Finnland ist über den Staatskonzern Fortum Mehrheitseigner am Kraftwerksbetreiber Uniper. Die Regierung in Helsinki will sich aber nach eigenem Bekunden nicht in das operative Geschäft des Konzerns einmischen. Doch Kampf gegen den Klimawandel geht nicht ohne Einmischen: Denn die Klimakrise ist ein globales Problem, das nicht an Staatsgrenzen halt macht.
Die deutliche Ablehnung dieser Politik und des Kraftwerks Datteln 4 wird sich morgen auch vor Ort zeigen: Ein breites Bündnis aus Umweltbewegung und Zivilgesellschaft demonstriert am Samstag gegen die Inbetriebnahme des umstrittenen Kraftwerks. Eine gemeinsame Pressekonferenz ist um 9:30 Uhr geplant, gefolgt von einer "Rote-Linie-Aktion" von Aktivisten am Dortmund-Ems-Kanal.
Dirk Jansen, Geschäftsleiter des BUND Nordrhein-Westfalen und Kohle-Experte: "Trotz aller Proteste und entgegen jeglicher klimaschutzpolitischer Vernunft geht das Skandalkraftwerk Datteln 4 am Samstag regulär ans Netz. Wir sind mit unseren Verbündeten vor Ort und werden dafür sorgen, dass der ganzen Welt die Widersprüchlichkeit deutscher Klimapolitik vor Augen geführt wird. Klimaschutz predigen, aber ein neues Klimakiller-Kraftwerk durchdrücken – das passt einfach nicht zusammen. Wir hören nicht auf, uns gegen diesen klimapolitischen Irrsinn zu wehren. Wer anschaltet, kann auch wieder abschalten."
Der BUND kündigte an, auch in Zukunft alle Möglichkeiten nutzen zu wollen, um das Kraftwerk wieder stillzulegen. Noch steht die Entscheidung über drei Klagen des BUND gegen diesen Kohlemeiler aus. "Und wir setzen auch weiter auf die finnische Regierung. Sie hat es in der Hand, dafür zu sorgen, dass alle Beteiligten an den Verhandlungstisch zurückkehren", so Jansen.
Mehr Informationen
- BUND-Umfrage zur Inbetriebnahme von Datteln 4
- Am morgigen Samstag, 30.5.2020, findet vor dem Kraftwerk Datteln 4 eine Pressekonferenz mit BUND, Fridays for Future, Greenpeace und Ende Gelände statt. Einen Livestream der Konferenz können Sie ab 9:25 Uhr unter www.facebook.com/bund.bundesverband/posts/3453709111307112 aufrufen.
- Kontakt: Juliane Dickel, Leitung Atom- und Energiepolitik, BUND-Expertin für Energiepolitik, Mobil: 01 76 / 31 26 79 36, juliane.dickel(at)bund.net; Kontakt vor Ort in Datteln: Dirk Jansen, Geschäftsleiter NRW, Mobil: 01 72 / 2 92 97 33, dirk.jansen(at)bund.net sowie BUND-Pressestelle (Sigrid Wolff / Daniel Jahn / Judith Freund / Heye Jensen), Tel.: (030) 2 75 86-425/-531/-497/-464, presse(at)bund.net