Berlin: "Was die Umweltthemen betrifft, bleibt dieses Regierungsprogramm weit hinter den Möglichkeiten zurück. Der Koalitionsvertrag ist nicht geeignet, den Schutz unserer Lebensgrundlagen zu sichern. Nicht nur, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien deutlich gebremst werden soll, der Vertrag enthält auch weder ein Klimaschutzgesetz noch ein Verbot des Anbaus gentechnisch veränderter Pflanzen", kommentierte Hubert Weiger, Vorsitzender des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) den heute vorgestellten schwarz-roten Koalitionsvertrag. Im Regierungsprogramm von Schwarz-Rot fehlten außerdem klare Regeln für eine naturverträgliche Land- und Forstwirtschaft sowie Maßnahmen gegen den viel zu hohen Flächenverbrauch in Deutschland.
"Schon im Wahlkampf wurde der Schutz von Umwelt und Natur vernachlässigt. Der Koalitionsvertrag enttäuscht in diesem Bereich ebenfalls vor allem durch Leerstellen. Wenn dies Grundlage für die Arbeit der neuen Bundesregierung ist, dann braucht Deutschland in den nächsten Jahren dringend eine stärkere öko-soziale außerparlamentarische Bewegung. Sie muss die Energiewende, den Klimaschutz und die erforderlichen Reformen in der Agrarpolitik noch energischer als bisher gegen deren Gegner voranbringen. Damit nicht Steuergelder in Milliardenhöhe für die Kohleindustrie und für fragwürdige Verkehrsinvestitionen verschleudert werden, muss der Protest zunehmen", sagte Weiger.
Besonders enttäuschend sei, dass die potentiellen Koalitionäre das von vielen geforderte Klimaschutzgesetz nicht in ihr Regierungsprogramm aufgenommen hätten und auch in der EU nicht für mehr Klimaschutz eintreten wollten. Ohne ein Anheben der Klimaschutzziele und ohne eine grundlegende Reform des Emissionshandels fehlten die Anreize, verstärkt in erneuerbare Energien, in mehr Energieeffizienz und in Maßnahmen zum Energiesparen zu investieren. Eine gerechtere Kostenverteilung bei der Energiewende sei ebenfalls nicht in Sicht.
"Mit diesem Koalitionsvertrag drohen vier Jahre große Koalition für große Stromkonzerne“, sagte Weiger. „Die fossilen Stromerzeuger sollen ihre alten Kraftwerke problemlos weiter betreiben können. Ein besonders gefährliches Signal ist auch das deutliche Abbremsen des Ausbaus erneuerbarer Energien. In Süddeutschland droht der Windenergieausbau komplett zum Erliegen zu kommen. Zur Senkung des Energieverbrauchs hingegen fehlen konkrete Maßnahmen und Kohlekraftwerken werden Subventionen in Aussicht gestellt. CDU, CSU und SPD steigen bei der Energiewende leider voll auf die Bremse", kritisierte der BUND-Vorsitzende.
Ein fatales Signal sei auch die geplante Einführung einer Pkw-Vignette. Leider habe die CSU deren Einführung zu ihrem Schwerpunkt gemacht anstatt auf den Schutz von Landwirtschaft und Verbrauchern vor den Risiken der Gentechnik zu dringen. Eine Pkw-Vignette lenke lediglich davon ab, dass nach wie vor zuviel Geld in ein fragwürdiges Planungssystem fließe. "Jetzt ist eine intensive Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger an den Entscheidungen über die Verkehrsinvestitionen gefragt. Mehr Geld im falschen Planungssystem führt nur dazu, dass der Schutz der Natur und ökologische Alternativen noch stärker unter die Räder kommen als bisher", warnte Weiger.
"Wir stützen uns auf die Zusagen vieler Bundestagskandidaten, die sich mit deutlichen Mehrheiten sowohl für die Beschleunigung der Energiewende, für mehr Bürgerbeteiligung und gegen die Massentierhaltung ausgesprochen haben", sagte Weiger. "An die Zusagen der Abgeordneten, die sich für mehr Umwelt- und Naturschutz einsetzen wollen, werden wir anknüpfen und vor allem die Rolle des Parlaments und die des Bundesrates gegenüber der Regierung stärken", so der BUND-Vorsitzende.
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