Berlin/Köln. Die Autolobby ruft in diesen Tagen nach Kaufprämien für Pkw. Zeitgleich planen eben diese Autokonzerne Dividendenauszahlungen in Milliardenhöhe an Aktionärinnen und Aktionäre. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre kritisieren diese Vorgehen scharf und machen anhand konkreter Zahlen der drei großen deutschen Automobilhersteller deutlich, dass die Forderungen der Autokonzerne nach Staatshilfen in Form von Kaufbeihilfen, Steuersenkungen und einer neuen Form der Abwrackprämie absolut unangemessen sind.
Jens Hilgenberg, Leiter Verkehrspolitik des BUND und Vorstandsmitglied beim Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre: "Gewinne privatisieren und Risiken sozialisieren, das ist der Plan der Autokonzerne. Jetzt ist die Bundesregierung gefordert, diese Unverschämtheit nicht zuzulassen. Es muss gelten: Keine Staatshilfen für Dividenden zahlenden Konzerne."
Mit insgesamt 5,8 Milliarden Euro Dividende wollen Volkswagen, Daimler und BMW ihre Aktionärinnen und Aktionäre am für die Konzerne finanziell erfolgreichen Jahr 2019 beteiligen. Gleichzeitig rufen die gleichen Konzerne nach finanzieller Unterstützung des Staates für das Jahr 2020. Hilgenberg weiter: "Die gerade in der Corona-Krise nach wie vor begrenzten Steuermittel müssen vor allem solchen Unternehmen zugutekommen, die anders als unsere Autokonzerne keine großen finanziellen Rücklagen bilden konnten. Das betrifft vor allem kleine Unternehmen und den Mittelstand, die in vielen Fällen in der Existenz bedroht sind. Dass gut situierte Konzerne jetzt solchen Unternehmen die begrenzten Mittel streitig machen, ist unlauter."
Auch großzügige Boni für Vorstandsmitglieder sind der aktuellen Situation nicht angemessen und müssen gekürzt werden, erklärt Jens Hilgenberg weiter: "Boni für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hingegen sollten von den Dividendenzahlungen entkoppelt und ausgezahlt werden. Denn Sonderzahlungen für Mitarbeitende kommen, entgegen der Managerboni, vor allem der lokalen Wirtschaft zugute."
Aktuell einbrechende Absatzzahlen sind nicht zuletzt einer verfehlten Modellpolitik der letzten Jahre geschuldet. Die Konzentration auf immer größere, schwerere und leistungsstärkere Fahrzeuge macht sich in der Krise besonders negativ bemerkbar. Zukünftig müssen die Konzerne auf kleine, leichte und sparsame Elektrofahrzeuge setzten, die energie- und ressourcenschonend in Herstellung, Betrieb und Entsorgung sind. Auch sollten die Konzerne vermehrt auf die Produktion von Fahrzeugen für öffentliche Verkehre umstellen.
Hilgenberg abschließend: "Großaktionäre wie das Land Niedersachsen bei der Volkswagen AG oder die Familie Quandt/Klatten bei der BMW AG haben jetzt die Chance, Haltung zu zeigen. Sie müssen dafür bei den anstehenden Hauptversammlungen die Dividendenzahlung für das vergangene Geschäftsjahr unterbinden und dafür sorgen, dass die Modellpolitik und Geschäftsmodelle einmal grundlegend überdacht werden."
Hintergrund
Geplante Dividendenzahlungen deutscher Autokonzerne 2020:
- VW
Aktionärsstruktur: www.volkswagenag.com/de/InvestorRelations/shares/shareholder-structure.html
Aktienkurs: 128,32 (Stand 7.5.2020)
Dividende je Stammaktie: 6,50 €
Dividende je Vorzugsaktie: 6,56 €
Anzahl der ausstehenden Aktien:
Stammaktien: 295.089.818 x 6,50 € = 1.918.083.817 €
Vorzugsaktien: 206.205.445 x 6,56 € = 1.352.707.719 €
Dividendenausschüttung gesamt: 3.270.791.536 € - BMW
Aktionärsstruktur: www.bmwgroup.com/de/investor-relations/aktie.html#ace-411422262
Aktienkurs: 50,35 (Stand 7.5.2020)
Dividende je Stammaktie: 2,50 €
Dividende je Vorzugsaktie: 2,52 €
Anzahl der ausstehenden Aktien:
Stammaktien: 601.995.196 x 2,50 € = 1.504.987.990,00 €
Vorzugsaktien: 56.122.857 x 2,52 € = 141.429.599,64 €
Dividendenausschüttung gesamt: 1.646.417.589,64 € - Daimler
Aktionärsstruktur: www.daimler.com/investoren/aktie/aktionaersstruktur
Aktienkurs: 30,29 € (Stand: 7.5.2020)
Dividende je Stammaktie: 0,90 Euro
Anzahl der ausstehenden Aktien: 1.069.837.447
Dividendenausschüttung gesamt: 962.853.702 €
Mehr Informationen
- Gegenantrag zur Hauptversammlung der BMW AG am 14. Mai 2020, keine Dividende auszuschütten
- Pressekontakt: Jens Hilgenberg, Leiter Verkehrspolitik BUND und Vorstand Dachverband der Kritischen Aktionäre, Tel.: 01 51 / 56 31 33 02, jens.hilgenberg(at)bund.net sowie BUND-Pressestelle (Sigrid Wolff / Daniel Jahn / Judith Freund / Heye Jensen), Tel.: (030) 2 75 86-425/-531/-497/-464, presse(at)bund.net