Mehr als 80 Prozent der deutschen Bürger*innen wünschen sich strenge EU-Gesetze, um Unternehmen für Menschenrechts- und Umweltverstöße im Ausland haftbar zu machen. Laut einer heute veröffentlichten, repräsentativen YouGov-Umfrage sollten Menschen, die von solchen unternehmerischen Verstößen betroffen sind, nach Ansicht der Befragten die Möglichkeit haben, die verantwortlichen Unternehmen in Europa vor Gericht zu bringen. Die Umfrage wurde von Friends of the Earth Europe (FoEE) und der European Coalition for Corporate Justice (ECCJ) in Auftrag gegeben.
Die Ergebnisse fallen zusammen mit der Ankündigung der Europäischen Kommission, zeitnah ein neues Gesetz über die Sorgfaltspflichten von Unternehmen für den Schutz der Menschenrechte, des Klimas und der Umwelt vorzulegen.
Antje von Broock, Geschäftsführerin des BUND: "Bürgerinnen und Bürger haben eine eindeutige Meinung: Wenn Unternehmen die Umwelt zerstören und Menschenrechte verletzen, dürfen sie nicht straflos davonkommen. Die EU muss Betroffenen einen besseren Zugang zu Gerichten verschaffen. Eine neue Bundesregierung hat es nun in der Hand, sich in der EU für eine robuste Regelung einzusetzen."
Wir fordern ein EU-Gesetz, das Unternehmen, ihre Tochtergesellschaften und Partner entlang der Wertschöpfungskette zivil- und verwaltungsrechtlich für Menschenrechtsverletzungen und Umweltschäden haftbar macht. Eine eigenständige Unternehmenspflicht zum Schutz des Klimas und der Umwelt muss rechtlich verankert werden. Darüber hinaus sollten Betroffene von Menschenrechtsverletzungen und Umweltschäden durch Unternehmen in Drittländern einen besseren Zugang zur Justiz in der EU haben.
Die repräsentative Umfrage wurde von Friends of the Earth Europe, dem europäischen Netzwerk des BUND, sowie der European Coalition for Corporate Justice beauftragt und ergab im Detail:
- 83 Prozent der deutschen Bürger*innen sind der Meinung, dass Unternehmen gesetzlich verpflichtet werden sollten, sich nicht an Menschenrechtsverletzungen – wie Zwangsarbeit oder Landraub – zu beteiligen.
- 81 Prozent sind der Meinung, dass Unternehmen gesetzlich verpflichtet werden sollten, außerhalb der EU keine Umweltverschmutzung zu verursachen oder zu Umweltschäden beizutragen, wie zum Beispiel Luftverschmutzung oder Zerstörung der biologischen Vielfalt.
- 81 Prozent sind der Meinung, dass Unternehmen, die Menschenrechtsverletzungen und Umweltschäden in der ganzen Welt verursachen oder dazu beitragen, vor Gericht zur Verantwortung gezogen werden sollten.
- 78 Prozent sind der Meinung, dass Opfer von Umwelt- und Menschenrechtsverletzungen außerhalb der EU die Möglichkeit haben sollten, die verantwortlichen Unternehmen in dem Land zu verklagen, in dem sie ihren Sitz haben – einschließlich der EU-Länder.
- In ganz Europa – von der Tschechischen Republik und Slowenien bis hin zu Irland und den Niederlanden – gab es in der gleichen Umfrage durchweg große Unterstützung.
Es wird erwartet, dass die Europäische Kommission im letzten Quartal 2021 einen Gesetzesentwurf zur „nachhaltigen Unternehmensführung“ vorlegen wird. In einer Petition forderten Anfang des Jahres eine halbe Million Bürger*innen und über 200 Organisationen die EU auf, diesem Gesetz Nachdruck zu verleihen, während Wirtschaftsverbände heftige Lobbyarbeit dagegen betreiben. In Deutschland wurde im Sommer 2021 ein Lieferkettengesetz verabschiedet. Dieses weist enorme Schwächen auf. So berücksichtigt es Umweltaspekte nur partiell.
Mehr Informationen
- BUND-Kommentar zum verwässerten Lieferkettengesetz
- Kontakt: BUND-Pressestelle (Daniel Jahn / Judith Freund / Heye Jensen), Tel. (030) 2 75 86-531 / -497 / -464, presse(at)bund.net