Das heute von der EU-Kommission vorgelegte Naturschutzpaket ist ein wichtiges Signal für den Natur- und Meeresschutz. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) begrüßt, dass die EU-Kommission unter dem Druck der Agrarindustrie nicht eingeknickt ist und an den wichtigsten Punkten festhält: Dazu zählen insbesondere eine Überarbeitung des Pestizidanwendungsrechts und der neue rechtliche Rahmen für verbindliche Ziele zur Renaturierung von Ökosystemen in der Europäischen Union.
"Heute ist ein guter Tag für die biologische Vielfalt und die menschliche Gesundheit in Europa", erklärt Antje von Broock, BUND-Geschäftsführerin. "Der Vorschlag zum Pestizidrecht ist ein Schritt in die richtige Richtung. Dazu gehören quantitative Reduktionsziele und Zonen, in denen keinerlei chemisch-synthetische Pestizide mehr ausgebracht werden dürfen. Zu diesen Zonen zählen zum Beispiel Städte, aber auch Schutzgebiete wie das Natura 2000-Netzwerk."
"Doch es gibt auch Schatten", kritisiert von Broock. "Denn trotz guter Ansätze ist das Paket bei Weitem nicht ausreichend, um das Artenstreben etwa in der Landwirtschaft zu stoppen. So müssen wir aus den besonders gefährlichen Pestiziden bis 2030 komplett aussteigen. Die vorgeschlagene Halbierung wird dem Artenschutz kaum helfen. Auch die geplanten Pufferzonen um Schutzgebiete und Siedlungen sind viel zu schmal, um wirksam zu sein."
Das neue Renaturierungsgesetz ist ebenfalls nicht der ganz große Wurf. "Zwar begrüßen wir, dass endlich der Vorschlag für das neue EU-Renaturierungsgesetz vorliegt", sagt von Broock. "Die Mitgliedstaaten erhalten bindende und quantitative Ziele für den Schutz und die Vernetzung unserer Lebensräume, wie naturnahe Wiesen, Wälder und Moore. Die EU-Kommission bleibt aber auf halbem Weg stehen. An vielen Stellen des Textes müssen wir gefährliche Lücken feststellen, wenn es um die biologische Vielfalt geht. Diese Lücken lassen den Mitgliedstaaten zu viel Spielräume für einen wirksamen Schutz der Natur an Land und auf See."
So hat die EU-Kommission auf den letzten Metern die Verpflichtung für die Mitgliedstaaten gestrichen, zehn Prozent der Agrarlandschaft für die Natur (z.B. Landschaftselemente) zu reservieren. Hier hat der massive Lobbydruck im Vorfeld offenbar gewirkt. Auch verpasst die EU-Kommission die Chance, Meeresschutzgebiete wirksam zu schützen. Die zerstörerische Bodenfischerei ist durch die Einrichtung von "No-Take-Zonen" zu unterbinden. Völlig unverständlich ist aus Sicht des BUND, dass das Thema Finanzierung komplett außen vorgelassen wird. Hier wurde die Lektion aus der Umsetzung des europaweiten Netzwerks aus den Natura 2000-Schutzgebieten nicht gelernt. Seit genau 30 Jahren hakt dessen wirksame Umsetzung an fehlenden Geldern. Dabei zahlen sich Investitionen in die Natur gleich mehrfach aus, der Mensch profitiert auf vielfältige Weise von Natur- und Klimaschutz. Gerade die Erzeugung unserer Lebensmittel oder auch unser Trinkwasser ist auf intakte Lebensräume angewiesen. Hinzu kommen Vorteile durch den Schutz vor Naturkatastrophen und neue Chancen für den ländlichen Raum etwa im Tourismus.
Der Vorschlag der EU-Kommission geht nun an den Ministerrat sowie das EU-Parlament. Die Bundesregierung muss als Vorreiter ambitionierter Politik im Rat auftreten, um dort eine progressive Allianz zu schmieden und so die Lücken im Gesetzespaket zu schließen.
Mehr Informationen
- Eine Übersicht darüber, wo sich überall Pestizide finden lassen und, was daran problematisch ist
- Über die Relevanz von Lebensräumen und die Bemühungen des BUND, diese zu erhalten
- Kontakt: André Prescher, BUND-Experte für EU-Politik, Tel. (030) 2 75 86-76, Mobil: 00 32 / 4 88 84 70 64 andre.prescher(at)bund.net, Daniela Wannemacher, Teamleitung Landnutzung, Tel. (030) 2 75 86-567, Mobil: 0 15 90 / 1 34 02 27, daniela.wannemacher(at)bund.net , Magnus Wessel, BUND-Naturschutzexperte, Tel. (030) 2 75 86-543, magnus.wessel(at)bund.net sowie BUND-Pressestelle (Sigrid Wolff / Daniel Jahn / Clara Billen / Lara Dalbudak), Tel. (030) 2 75 86-497 / -531 / -464 / -425, presse(at)bund.net