Eiserner Vorhang und Grünes Band

19. Juni 2018 | Grünes Band

Netzwerke und Kooperationsmöglichkeiten in einer europäischen Grenzlandschaft:
Internationale Tagung anlässlich des European Cultural Heritage Summit
im Rahmen des Europäischen Kulturerbejahres 2018 | Berlin, 17. – 19. Juni 2018

Berlin, 19. Juni 2018 – Zum Auftakt des European Cultural Heritage Summit "Sharing Heritage – Sharing Values" im Rahmen des Europäischen Kulturerbejahres 2018 ist am heutigen Dienstag die Tagung "Eiserner Vorhang und Grünes Band. Netzwerke und Kooperationsmöglichkeiten in einer europäischen Grenzlandschaft" zu Ende gegangen. Am symbolträchtigen Tagungsort in der Bernauer Straße, wo die Auswirkungen der deutschen Teilung einst kulminierten – heute Gedenkstätte Berliner Mauer – beleuchteten VertreterInnen unterschiedlicher Disziplinen vielfältige Facetten des Kultur- und Naturerbes, die die Nachkriegsgeschichte des geteilten Europas entlang des ehemaligen Eisernen Vorhangs hinterlassen hat.

Ausgehend von dem Leitthema "Grenzräume – Begegnungsräume" des Europäischen Kulturerbejahres wurden dabei insbesondere Chancen einer intensivierten grenzüberschreitenden europäischen Zusammenarbeit der erhaltenen Denkmale, Gedenkorte und historischen Stätten im einstigen Grenzraum sondiert.

Der Präsident des Deutschen Nationalkomitees von ICOMOS e.V. und Berliner Landeskonservator, Prof. Dr. Jörg Haspel, fasste die Tagungsergebnisse zusammen: "Die Tagung hat gezeigt, dass Konfliktlinien der Vergangenheit Kooperationslinien von heute sein können in Europa. Grenzräume bilden Begegnungsräume, auch zur Aufarbeitung von historischen und gegenwärtigen Nachbarschaftskonflikten. Das Kultur- und Naturerbe, das der Eiserne Vorhang in Europa hinterlassen hat, bietet einzigartige Lernorte für die kulturelle und politische Bildung und stellt zugleich ein attraktives touristisches Potential dar. Seine grenzüberschreitende Erhaltung und Erschließung sollte nachhaltig durch konzertierte Aktionen im Rahmen der europäischen Erbe- und Umweltpolitik und der Welterbeprogramme der UNESCO gefördert werden."

Der Direktor der Stiftung Berliner Mauer, Prof. Dr. Axel Klausmeier, hob hervor: "Ohne die Geschichte und Zeugnisse des Kalten Krieges und des Eisernen Vorhangs kann das wiedervereinigte Europa der Gegenwart mit all seinen aktuellen Fragmentierungstendenzen nicht begriffen werden. Ich freue mich daher besonders, dass die KonferenzteilnehmerInnen sich geschlossen zu dem Ziel bekannt haben, das bisher nur in Deutschland aktive 'Netzwerk Eiserner Vorhang' künftig zu europäisieren und über nationale Grenzen hinaus zu erweitern. Unter anderem die Tagungsbeiträge aus Österreich, Ungarn, Tschechien, Slowenien und Dänemark konnten hierzu wichtige Impulse geben."

Ein weiteres Ziel der Tagung war es, den Dialog zwischen Naturschutz und Denkmalpflege zu intensivieren. Am Beispiel des einstigen Grenzraumes des Kalten Krieges wurden mögliche Schnittmengen der unterschiedlichen Schutzinteressen (Natur- und Kulturerbeschutz) beleuchtet sowie Perspektiven für eine Verstetigung der Zusammenarbeit von Natur- und Kulturerbe verwaltenden Institutionen im Sinne einer "ständigen Konferenz" über nationale Grenzen hinweg erörtert. Dr. Kai Frobel, Vertreter des BUND, betonte "die Bedeutung des Nationalen Naturmonuments als Instrument zur Sicherung der naturschutzfachlichen und kulturellen Werte. Der BUND unterstützt daher nachdrücklich die Bemühungen der Länder Thüringen und Sachsen-Anhalt, ihren Teil des Grünen Bandes als Nationales Naturmonument auszuweisen."

Die Vertreter des Bundesamts für Naturschutz (BfN) machten deutlich, dass die bereits im Jahre 1989 gestartete Initiative Grünes Band nicht ausschließlich auf das naturschutzfachliche Ziel der Bewahrung des ehemaligen innerdeutschen Grenzstreifens als längste nationale Biotopverbundachse abzielt: "Der ehemalige innerdeutsche Grenzstreifen hat sich zu einem nicht ersetzbaren Rückzugsraum für viele seltene und gefährdete Arten entwickelt, den es unbedingt zu erhalten gilt. Es geht aber neben den naturschutzfachlichen Zielsetzungen auch darum, das Grüne Band dauerhaft als historisches Monument zu erhalten und in der Grüne-Band-Region eine nachhaltige ökonomische Entwicklung, z. B. getragen durch Tourismus und Erholung, anzuregen. Dieser Ziel-Dreiklang konnte mittlerweile auf den gesamten europäischen Eisernen Vorhang im Rahmen der European Green Belt Initiative übertragen werden."

Diskutiert wurden außerdem die Chancen einer möglichen Nominierung des Green Belt für die Welterbeliste der UNESCO anhand der vorliegenden, vom BfN mit Mitteln des Bundesumweltministeriums geförderten "Machbarkeitsstudie Welterbe Grünes Band".

Eingebettet in das "Grüne Band Europa" finden sich zahlreiche Denkmale, Relikte, Stätten, Spuren und Zeugnisse des Eisernen Vorhangs und des Kalten Krieges, die teilweise förmlich in die jeweiligen Denkmallisten eingetragen sind, teilweise denkmalwert oder als Kulturlandschaftselemente des Kalten Krieges erhaltenswert sind. So verbindet der Korridor des Grünen Bandes auf einzigartige Weise junges Naturerbe und zeitgeschichtliches Kulturerbe Europas. Die KonferenzteilnehmerInnen sprachen sich daher dafür aus, die Potentiale einer grenzüberschreitenden Welterbe-Nominierung als gemischtes Kultur- und Naturerbe weiter auszuloten.

Das Netzwerk Eiserner Vorhang

Zwölf bundesdeutsche Stätten, Museen und Gedenkorte entlang des einstigen Eisernen Vorhangs, die beispielhaft Aspekte der einstigen Systemkonfrontation in Deutschland sowie der europäischen Teilungsgeschichte verkörpern, wurden 2011 mit dem Europäischen Kulturerbe-Siegel (European Heritage Label – EHL) ausgezeichnet. Die auf acht Bundesländer verteilten Einrichtungen und Orte sind im Netzwerk Eiserner Vorhang zusammengeschlossen. Seit 2012 führen sie regelmäßig gemeinsame Bildungsprogramme durch, deren Aufgabe es ist, die einstige Bedrohung, aber auch deren Überwindung an künftige Generationen zu vermitteln.

Die Initiative Grünes Band Europa

Mit dem "Grünen Band" wurde in Deutschland bereits 1989 ein Projekt für den Erhalt und die Entwicklung einer deutsch-deutschen Erinnerungslandschaft als ein Symbol für die Überwindung des Kalten Krieges und eines länderübergreifenden Lebensraumverbundes entlang des ehemaligen Eisernen Vorhangs initiiert. Initiator war der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND), der sich seitdem federführend für Erhaltung und Entwicklung des Grünen Bandes einsetzt. Der BUND hat 2002 auch die Idee eines Grünen Bandes Europa angestoßen. 2003 schlossen sich die damals in den verschiedenen europäischen Regionen bestehenden Initiativen zur Grüne Band Europa Initiative zusammen. Heute besteht sie aus rund 150 Regierungs- und Nichtregierungsorganisationen, Universitäten, Raumplanern und weiteren Akteuren aus 24 Ländern.

Mehr Informationen

Mehr Informationen zur Tagung

Veranstalter: Deutsches Nationalkomitee von ICOMOS e.V., International Union for Conservation of Nature (IUCN), Stiftung Berliner Mauer, Landesdenkmalamt Berlin, BUND, Brandenburgisches Landesamt für Denkmalpflege und Archäologisches Landesmuseum

Partner: Netzwerk Eiserner Vorhang, Deutsche UNESCO-Kommission (DUK), Bundesamt für Naturschutz (BfN), BUND Fachbereich Grünes Band (Regionalkoordinator Grünes Band Zentraleuropa und European Green Belt Association e.V.), Grünes Band Berlin, Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam (ZZF)

Gefördert mit freundlicher Unterstützung durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages

Ein Tagungsbericht in gedruckter Form ist in Planung.

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