Neue Gentechnik-Regeln der EU opfern Wahlfreiheit und Vorsorgeprinzip

05. Juli 2023 | Landwirtschaft, Lebensräume

Der Vorschlag der EU-Kommission zur Deregulierung von mit neuen Verfahren erzeugten Gentechnik-Pflanzen schafft Kennzeichnungspflichten, Sicherheitskontrollen und jegliche Art von Haftung ab. Da leuchten bei uns alle Alarmsignale.

Maisfeld. Foto: meineresterampe / CC0 1.0 / pixabay.com  (meineresterampe / pixabay.com)

Vor allem haben Landwirt*innen, Lebensmittelproduzent*innen und letztendlich Verbraucher*innen dadurch keine Einsicht mehr, ob Lebensmittel, die sie anbauen, herstellen oder essen, neue gentechnisch veränderter Organismen (GVO) enthalten oder nicht. 

Lobbystreich statt Zukunftsvision

Dabei basiert der Vorschlag auf den leeren Versprechungen der Industrie zu Produkten, die noch nicht marktreif sind – ohne eine grundlegende, unabhängige Bewertung der tatsächlichen Nachhaltigkeit neuer GVO. Denn es werden nicht nur EU-Bürger*innen entmündigt, sondern auch der Umbau der Landwirtschaft, insbesondere der Ausbau des ökologischen Landbaus, erschwert.

Die Einordnung der GVO in in Kategorie 1 oder 2 anhand der Anzahl geänderter Basenpaare ist aus Sicht von unabhängigen Wissenschaftler*innen und dem Bundesamt für Naturschutz wissenschaftlich nicht nachvollziehbar. Damit steht der Kern dieser Bestrebungen in Frage.

Das bedeutet die Deregulierung im Detail

  • Keine Risikoprüfung für den Großteil neuer GVO
    Damit einhergehend ist die Freisetzung ungeprüfter neuer GVO in die Natur und Aussetzung des Vorsorgeprinzips. Es gibt noch keine Bewertung der direkten und indirekten Auswirkungen des Anbaus neuer GVO. Es wurden beispielsweise keine Untersuchungen darüber durchgeführt, wie neue GVO mit Bienen und anderen Bestäubern interagieren oder wie der Anbau von GVO den Verlust der biologischen Vielfalt beschleunigen kann.
  • Keine verpflichtende Kennzeichnung für die meisten neuen Gentechnik-Pflanzen
    Das ist die die tatsächliche Abschaffung der Wahlfreiheit für Verbraucher*innen und des Rechts auf Information, wie es in den europäischen Verträgen sowie im allgemeinen Lebensmittelrecht der EU verankert ist. Durch den Ausschluss neuer GVO von der Kennzeichnungspflicht können Verbraucher*innen die gesamte Lebensmittelkette nicht mehr nachverfolgen. Das betrifft das Saatgut, die Zutaten und die Lebensmittelendprodukte.
  • Zulassungserleichterungen für besonders nachhaltige Produkte
    Die sind noch nicht definiert und bieten wohlmöglich Schlupflöcher.
  • EU-Mitgliedsstaaten müssen Regeln umsetzen
    Es gibt keine Möglichkeit für einzelne Staaten, den Anbau neuer GVO auf ihrem Territorium zu verbieten (Opt-Out). Seit 2015 haben bereits 17 Regierungen den Anbau von GVO verboten.
  • Koexistenz der konventionellen, biologischen oder gentechnikfreien Land- und Lebensmittelwirtschaft nicht gesichert
    Der Vorschlag verweist die Verantwortung für die Sicherung der Vielfalt der Anbauformen an die einzelnen Mitgliedsstaaten.
  • Benachteiligung der konventionellen oder ökologischen Landwirtschaft ohne Gentechnik
    Der EU-Vorschlag schafft grundlegende Verantwortlichkeiten für die Biotech-Industrie ab, wie z.B. die Bereitstellung einer Testmethode für jeden neuen GVO. Zudem will die Europäische Kommission die Kosten für die Testmethoden denjenigen überlassen, die neue GVO vermeiden wollen, und die öffentlichen Anbauregister abschaffen.
  • Keine neue Regeln zu Patenten
    Zu Patenten – also der Frage, wer in Zukunft den Zugriff auf die Grundlagen unserer Lebensmittelerzeugung hat – gibt die Kommission keine Antwort.

Unsere Forderungen

Wir benötigen mit wachsender Anzahl an möglichen Gentechnik-Verfahren generell mehr Regulierung. Daher sind die Bestrebungen der EU als sehr kritisch einzustufen.

Weiterhin fordern wir im Zusammenhang zum Thema Gentechnik:

  • Verbesserung der Zulassungsprüfung und Risikoabschätzung von GVO allgemein.
  • Sicherstellung der Kennzeichnung und Rückverfolgbarkeit, Entwicklung von Nachweisverfahren.
  • Verbesserung der Kennzeichnungsregeln für GVO Futter- und Lebensmittel (inkl. tierische Produkte)
  • Keine Freisetzung von Gene Drive-Organismen
  • Förderung ökologischer Innovationen

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