Mit einer Aktion vor der SPD-Zentrale fordern ausgestrahlt, der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), urgewald, das Umweltinstitut München, die Bürgerbewegung Finanzwende und weitere Organisationen Olaf Scholz auf, sich sofort bei der Europäischen Kommission gegen die Einstufung von Atomkraft und fossilem Gas als nachhaltige Investition stark zu machen. Das zivilgesellschaftliche Bündnis richtet einen klaren Appell an den Kanzler in spe und kommissarischen Finanzminister Olaf Scholz. Hintergrund ist die Ankündigung von EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen, noch in diesem Jahr die ausstehende Einstufung von Atomkraft und Gas vorlegen zu wollen. Durch die sogenannte "EU-Taxonomie" wird definiert, welche Wirtschaftsaktivitäten als nachhaltig gelten und damit durch grüne Finanzprodukte finanziert werden können.
Das zivilgesellschaftliche Bündnis fordert Olaf Scholz auf, bei Ursula von der Leyen sofort zu intervenieren. Er solle eine Vertagung der Entscheidung über die ausstehende Einstufung von Atomkraft und Gas erwirken, bis die Regierungsbildung in Deutschland abgeschlossen ist. Nur so kann Deutschland sinnvoll an der Entscheidung mitwirken.
Antje von Broock, BUND-Geschäftsführerin: "Atomkraft und fossiles Gas sind keine Zukunftstechnologien und dürfen nicht als grüne Investitionen einstuft werden. Dies wäre nicht nur für die deutsche, sondern auch für eine europäische Energiewende eine fatale Weichenstellung. Olaf Scholz ist designierter Kanzler und muss deutliche Signale nach Brüssel senden. Das Vorgehen der EU-Kommission ist Greenwashing und gefährdet die Glaubwürdigkeit des Green Deals."
Jochen Stay, Pressesprecher von ausgestrahlt: "Atomkraft ist eine Hochrisikotechnik und ist genau wie klimaschädliches fossiles Gas alles andere als nachhaltig. Mit einem Ökolabel für Atom und Gas wären Taxonomie und Europäischer Green Deal gescheitert. Ein Kuhhandel zwischen Frankreich und Deutschland würde viel Schaden anrichten."
Daniel Mittler, Geschäftsführer der Bürgerbewegung Finanzwende: "Atomkraft würde jegliche Glaubwürdigkeit eines Ökolabels für Finanzprodukte zerstören. Für deutsche Anlegerinnen und Anleger wäre der europäische Standard wertlos. Mit einem grünen Persilschein für Atomkraft würde die EU-Kommission hinter etablierten öffentlichen und privaten Standards zurückbleiben."
Hauke Doerk, Referent für Radioaktivität am Umweltinstitut München: "Die von der EU-Kommission eigens eingesetzte technische Expertengruppe hat auf wissenschaftlicher Basis Atomenergie aus der Taxonomie ausgeschlossen. Es ist absurd, die Kriterien für nachhaltige Finanzen aufzuweichen, nur weil Lobbyisten einfallen, oder manche Länder ihre Investitionen in Atomkraft oder fossiles Gas grün anstreichen wollen."
Urgewald-Campaignerin Regine Richter: "Die EU-Kommission darf dem Druck von Atom- und Gaslobby und nationalen Einzelinteressen nicht nachgeben. Europa braucht eine ambitionierte Taxonomie, damit der Finanzmarkt vom Problem zu einem Teil der Lösung wird."
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- Hintergrund: Am 22. Oktober hat EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen über Twitter angekündigt, schon bald die ausstehenden delegierten Rechtsakte zur Einstufung von Atomkraft und Gas im Rahmen der EU-Taxonomie vorlegen zu wollen. Die Taxonomie definiert, welche Wirtschaftsaktivitäten als nachhaltig gelten und damit durch grüne Finanzprodukte finanziert werden können. Derzeit drängt Frankreich stark auf eine Einstufung von Atomkraft als "nachhaltig". Deutschland soll sich Berichten zufolge für fossiles Gas einsetzen. Damit würde die EU-Kommission das derzeit in Deutschland herrschende Machtvakuum ausnutzen und die künftige Bundesregierung von einer folgenschweren Entscheidung ausschließen. Ist der delegierte Rechtsakt einmal vorgelegt, könnte nur eine qualifizierte Mehrheit im EU-Parlament oder im Rat ihn ablehnen. Dies gilt aber als unwahrscheinlich. Eine Einstufung von Atom als "nachhaltig" würde der Glaubwürdigkeit der Taxonomie in Deutschland enorm schaden. Schließlich sagen 82 Prozent der Bevölkerung laut einer repräsentativen Umfrage, dass Atomkraft für sie in keine nachhaltige Geldanlage gehört.
- Pressekontakt: Judith Freund, BUND-Pressereferentin, Mobil: 01 76 / 47 68 41 64, presse(at)bund.net