Flugverkehr muss zum Klimaschutz beitragen – Umweltorganisationen kritisieren Ausgleichskonzept Corsia der Luftverkehrsbranche – Bundesregierung darf dem Konzept nicht zustimmen

15. November 2018 | Mobilität

Gemeinsame Pressemitteilung von BUND, DNR, VCD, Nabu, Germanwatch und BVF

Berlin. Der Flugverkehr steht als der klimaschädlichste Verkehrsträger zu Recht am Pranger. Um dem zu begegnen, hat die Luftverkehrsbranche das Konzept "Corsia" (Carbon Offsetting and Reduction Scheme for International Aviation) entwickelt. Über die Internationale Zivilluftfahrtorganisation ICAO soll der globale Mechanismus Corsia eingeführt werden, um die Treibhausgas-Emissionen durch Kompensationsprojekte auszugleichen. "Corsia in seiner jetzigen Ausgestaltung ist reine Augenwischerei und völlig unzureichend", kritisieren der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), die Bundesvereinigung gegen Fluglärm (BVF), der ökologische Verkehrsclub (VCD), Germanwatch, der Naturschutzbund Nabu und der Dachverband Deutscher Naturschutzring (DNR).

Derzeit befindet sich Corsia im Abstimmungsprozess der EU-Mitgliedstaaten, die Bundesregierung hält sich in den Verhandlungen bislang bedeckt. Bis Ende November haben die Staaten zudem die Möglichkeit, Vorbehalte gegen Corsia vorzubringen. Die Umweltorganisationen fordern die Bundesregierung auf, Corsia aktuell nicht zuzustimmen. "Der vorgestellte Mechanismus wird die Emissionen aus dem Flugverkehr nicht reduzieren", so die Verbände. Zum einen werden nur die ab 2020 wachsenden Emissionen erfasst, der Großteil der anfallenden Emissionen aus dem Flugverkehr bleibt unreguliert. Zum anderen werden die Emissionen nach den Plänen der Luftverkehrsbranche nur durch Ausgleichsmaßnahmen kompensiert, so dass am Ende überhaupt keine reale Minderung eintritt.

"Die in Corsia vorgesehenen Qualitätskriterien für die Kompensationsprojekte sind bisher ungenügend und aus Umweltsicht schlichtweg eine Katastrophe", kritisiert BUND-Verkehrsexperte Arne Fellermann stellvertretend für die Umweltorganisationen. Ein sinnvolles Ausgleichsprojekt muss sicherstellen, dass es keine negativen Auswirkungen auf die Umwelt hat und tatsächlich Emissionsreduktionen erreicht werden. Bereits erfolgte Projekte aus dem "Clean Development Mechanism", wie der Bau von Staudämmen in Afrika, haben zu einer weiteren Zerstörung der Umwelt geführt, ohne nennenswerte Vorteile beim Klimaschutz zu bringen. Ebenso wie eine Wiederaufforstung im Amazonasbecken, unmittelbar nachdem zuvor der tropische Regenwald gerodet worden ist. "Projekte dieser Art würden nur ein Greenwashing des Flugverkehrs bedeuten, dabei keine Klimavorteile bringen und schlimmstenfalls massive Umweltzerstörung bedeuten", so Fellermann weiter.

Eine Zustimmung Deutschlands zu Corsia zum jetzigen Zeitpunkt würde zudem bedeuten, dass mit dessen Einführung der Flugverkehr aus dem europäischen Emissionshandelssystem gestrichen werden müsste. "Wir gäben damit ein wirksameres Instrument auf, ohne zu wissen, ob die Alternative überhaupt funktionieren wird. Corsia steht im klaren Widerspruch zu den Klimazielen von Paris", betont DNR-Generalsekretär Florian Schöne. "Ohne ambitioniertere Ziele und Kriterien für Corsia werde der Politik und Öffentlichkeit lediglich Klimaschutz vorgegaukelt."

Aus Sicht der Umweltverbände wären fiskalische Instrumente der bessere Weg, um die steigenden Klimagasemissionen des Flugverkehrs zu regulieren. Marktkonforme Maßnahmen wie die Besteuerung von Kerosin würden den fossilen Treibstoff verteuern und könnten damit endlich auch technische Neuerungen voranbringen.

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