Berlin/Genf: Anlässlich der heute beginnenden Verhandlungsrunde für ein UN-Abkommen, das Unternehmen verpflichten soll, entlang ihrer Lieferketten die Menschenrechte einzuhalten, fordert der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) die Bundesregierung auf, sich konstruktiv an den Verhandlungen zu beteiligen. Noch immer hat die Bundesregierung keine Position zu dem im Juli veröffentlichten Entwurf für ein zukünftiges Abkommen bezogen. Sie blockiert zudem im Rahmen der EU durch gebetsmühlenhafte Kritik an Verfahrensfragen eine inhaltliche Beteiligung an den Verhandlungen.
"Es ist unverantwortlich, dass die Bundesregierung Wirtschaftsinteressen über Menschenrechte und den Schutz der Umwelt stellt", sagt Ernst-Christoph Stolper, stellvertretender BUND-Vorsitzender. "Deutschland muss das aktuelle historische Fenster nutzen, um internationale Regelungen für die Wirtschaft im Rahmen der UN zu schaffen. Gerade in Zeiten, in denen die Menschenrechte von rechtspopulistischen Kräften in Frage gestellt werden, darf die Bundesregierung nicht vor der Wirtschaftslobby einknicken. Bundesaußenminister Heiko Maas muss zeigen, dass seinem Eintreten für die Menschenrechte auch praktische Konsequenzen folgen."
Weltweit gefährden deutsche Unternehmen durch ihre Aktivitäten die Umwelt und Menschenrechte. So exportieren deutsche Chemieunternehmen besonders gefährliche und in der EU verbotene Pestizide, deutsche Industrieunternehmen tragen mit ihren Standorten vor Ort zur Vergiftung von Flüssen bei, wie in Brasilien, und große Staudammprojekte mit Beteiligung deutscher Unternehmen führen weltweit zu Zwangsumsiedlungen. "Deutsche Konzerne sind oftmals mitverantwortlich für Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörung. Viele Betroffene vor Ort sind dem vollkommen schutzlos ausgeliefert", so Lia Polotzek, Wirtschaftsexpertin des BUND. "Gleichzeitig können deutsche Unternehmen ganze Staaten vor internationalen Schiedsgerichten auf Schadensersatz verklagen, wenn sie ihre Profite durch Umweltauflagen gefährdet sehen. Das ist ein Missstand, der unbedingt beendet werden muss."
Andere europäische Staaten haben bereits Maßnahmen ergriffen, um ihre Wirtschaft in diesen Bereichen zu regulieren. So hat Frankreich 2017 ein nationales Gesetz erlassen, das große Unternehmen verpflichtet, entlang ihrer Lieferkette Menschenrechte und Umweltstandards einzuhalten. Auch in den Verhandlungen um ein UN-Abkommen bemüht sich Frankreich die Blockadehaltung der EU aufzulösen und hat die Absicht, sich an den inhaltlichen Diskussionen zu beteiligen. In der Schweiz wird ein ähnliches Gesetz vermutlich im nächsten Jahr verabschiedet. "Bei der Verpflichtung von Unternehmen, global Menschenrechte und Umweltstandards zu beachten, brauchen wir in der EU keine deutsche Blockade, sondern eine mutige deutsch-französische Initiative", so Stolper.
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- Pressekontakt: Lia Polotzek, BUND-Expertin für Wirtschaft und Finanzen, Tel. vor Ort in Genf: 00 49 / 175 5 72 99 61, E-Mail: lia.polotzek(at)bund.net, bzw. Katrin Mattes, BUND-Pressereferentin, Tel.: (030) 2 75 86-531, presse(at)bund.net