Ein süddeutscher Laubwald, Anfang März: Erntemaschinen ziehen nicht nur Stämme aus dem Wald, sondern ganze Baumkronen mit allem Geäst. Dabei ist gerade das Kronenholz besonders nährstoffreich. Wissenschaftler*innen warnen bereits vor einem Nährstoffmangel in den Waldböden. Gleichzeitig werden viele Wälder immer öfter ruppig und wenig fachgerecht bewirtschaftet, da die Forstverwaltungen stark auf Gewinn achten und Personal einsparen müssen.
Unser Wald steht zunehmend unter Druck. Die Holzpreise sind in den vergangenen Jahren stark gestiegen. Plötzlich lohnt es Bäume zu fällen, die früher kein*e Förster*in angerührt hätte. Grund ist vor allem die gestiegene Nachfrage nach Holz für die Energiegewinnung. Seit 2010 wird unser Holz mehrheitlich für die Strom- oder Wärmeerzeugung verbrannt, anstatt es erst einmal als Bau- oder Werkstoff zu nutzen – Tendenz steigend. Dies verknappt den ökologisch wertvollen Rohstoff und verführt dazu, noch mehr Holz einzuschlagen.
Hohe Nachfrage nach Holz gefährdet die Vielfalt im Wald
Für die biologische Vielfalt sind die Folgen der intensiven Holzernte fatal. Tiere, Pflanzen und Pilze, die auf alte, dicke Bäume, viel totes Holz und natürlich absterbende Bäume angewiesen sind, finden immer weniger Lebensraum. Viele dieser Arten sind eher unscheinbar oder führen ein Leben im Verborgenen, so die Käfer Eremit und Heldbock, der Hexenbutterpilz oder die Lungenflechte.
Aber auch Vögel und Säugetiere, die für die Aufzucht ihrer Jungen große Baumhöhlen brauchen, sind bedroht. Denn es gibt immer weniger dicke Bäume, die Platz für solche Höhlen bieten. So stehen Baummarder, Grauspecht und zahlreiche Fledermausarten als (teilweise stark) gefährdet auf der Roten Liste.
Bedrohung durch Schadstoffe aus Landwirtschaft und Verkehr
Gleichzeitig macht dem Wald zu viel Stickstoff aus der Landwirtschaft und dem Verkehr zu schaffen. Zwar wurde der Ausstoß von Schwefeldioxid in den vergangenen Jahrzehnten sehr reduziert. Doch sind etliche Wälder weiter mit zu viel Schwefel- und Stickstoffsäure belastet. Empfindliche Böden sind oft derart vorgeschädigt, dass sie auch die heutigen Immissionen nicht vertragen. Andernorts leidet der Wald, weil ihm zu viel Grundwasser entnommen wird – Beispiel Hessisches Ried.
Folgen des Klimawandels für den Wald
Auch der Klimawandel und seine Folgen setzen dem deutschen Wald deutlich zu. Immer häufiger kommt es zu langen Hitze- und Trockenphasen sowie Stürmen mit Orkanstärke. Dem halten speziell die nach dem Krieg großflächig gepflanzten Fichten- und Kiefernforste nicht stand, die heute über die Hälfte unseres Waldes bilden. Sie fallen vermehrt Stürmen, Borkenkäfern oder Kiefernspinnern zum Opfer.
Dabei wäre von Natur aus nur ein Prozent unserer Landesfläche mit reinem Nadelwald bedeckt. Stattdessen gäbe es jede Menge Laubwald: Auf 67 Prozent wüchsen Buchen-, auf 21 Prozent Eichenmischwälder. Weitere neun Prozent wären Auwälder oder feuchte Niederungswälder, zwei Prozent Bruchwälder.
Mehr Buchenwälder, mehr Schutzgebiete, mehr Waldnatur!
Für die Zukunft der Buchenmischwälder tragen wir besondere Verantwortung: Ein Viertel ihres natürlichen Verbreitungsgebietes liegt in Deutschland – wo sie als gefährdeter Biotoptyp gelten. Der BUND begrüßt, dass sich die Bundesregierung dafür eingesetzt hat, fünf Buchenwälder zum Weltnaturerbe der UNESCO zu küren. Für den Schutz des Lebensraums Buchenwald ist aber weit mehr nötig. Denn ungenutzte, über 160 Jahre alte Buchenwälder bedecken nur noch ein Tausendstel unserer Landesfläche.
Naturwälder, die sich frei von menschlichen Eingriffen zu einer Waldwildnis entwickeln können, bieten wichtige Lebensräume für bedrohte Tiere, Pflanzen und Pilze. Sie speichern zudem das Klimagas CO2 und dienen uns Menschen als Orte der Inspiration und Erholung sowie als Lernorte dafür, wie sich Waldökosysteme natürlich entwickeln.
In ihrer nationalen Biodiversitätsstrategie hat sich die Bundesregierung dazu bekannt, fünf Prozent der Waldfläche dauerhaft der Natur zu überlassen, im öffentlichen Wald zehn Prozent. Um diesem Ziel endlich näherzukommen, fordert der BUND ein Bund-Länder-Programm. Derzeit sind lediglich 1,9 Prozent erreicht – vor allem in Naturwald- und Biosphärenreservaten sowie in Nationalparks: ein Armutszeugnis angesichts der Tatsache, dass Deutschland regelmäßig den strengen Schutz der Tropenwälder anmahnt.
Der BUND setzt sich für die Ausweisung weiterer Schutzgebiete ein, besonders in Laubwäldern – so im nördlichen Steigerwald, in der Rhön oder in der Hohen Schrecke. In der Hohen Garbe schützt der BUND einen Auenwald an der Elbe – als Lebensraum von Fischotter, Seeadler und Moorfrosch.
Holz und Energie sparen
Holz ist ein umweltfreundlicher Rohstoff, der jedoch nur dann ein "nachwachsender" ist, wenn die zeitliche Dimension stimmt. Ein hundertjähriger Baum braucht schlicht einhundert Jahre zum Wachsen, daran ändern auch trickreiche Berechnungen nichts. Diese banale Tatsache wird gern übersehen bei der Frage, wie viel Ertrag ein Wald in Zeiten leerer Kassen abwerfen kann.
Geht es ums Geld, gerät all das, was unsere Wälder für das Gemeinwohl leisten, leicht ins Hintertreffen. Um Holz naturverträglich zu nutzen, haben wir die natürlichen Grenzen des Wachstums anzuerkennen und den Verbrauch von Holz und Papier wie auch Energie drastisch zu senken. Schließlich darf unsere Ressourcenverschwendung auch andernorts nicht zum Motor der Zerstörung wertvoller Wälder werden.