Wald und Pestizide: Gifteinsatz nur als letztes Mittel

Pestizide treffen im Wald außer den "Schädlingen", die sie bekämpfen sollen, oft auch andere Insekten und Tiere (sogenannte "Nicht-Ziel-Organismen"). Insekten, Vögel und Säugetiere, denen die bekämpften Schädlinge als Nahrung dienen, sind bei gewissen Anwendungsformen einem Pestizid direkt ausgesetzt. In staatlichen oder kommunalen Forstbetrieben werden Pestizide heute meistens erst dann eingestzt, wenn andere Mittel nicht mehr helfen.

Ein knappes Drittel der Fläche Deutschlands ist von Wald bedeckt. Wälder sind Lebensräume für viele Pflanzen und Tieren. Sie sind wichtig für Wasserhaushalt, Lufterneuerung und Erosionsschutz. Außerdem werden viele Wälder zur Holzgewinnung wirtschaftlich genutzt. In Mitteleuropa ersetzten in den letzten Jahrhunderten Kiefer und Fichte die früheren Wälder mit Buche, Eiche, Birke sowie Mischwälder mit Nadelhölzern.

In diesen aufgeforsteten Kiefer- und Fichtenwäldern können Insekten in höherer Zahl auftreten und größere Schäden verursachen als in standortgerechten Mischwäldern. Die Anfälligkeit für Störungen erhöht sich, wenn Baumarten außerhalb ihrer natürlichen Verbreitungsgebiete nicht an die Umwelteinflüsse angepasst sind. Infolgedessen kann es eher zur Massenvermehrung von Schadinsekten kommen, vor allem, wenn sie am neuen Standort vorteilhafte Bedingungen vorfinden.

Um massive Waldschäden zu vermeiden, wurden und werden eine Reihe unterschiedlicher Pestizide gegen die – aus Sicht der Forstwirtschaft – "Schädlinge" eingesetzt. Ab Mitte des 20. Jahrhunderts zeigten sich die negativen Folgen von problematischen Pflanzenschutzmitteln (insbesondere Organophosphate und Chlorkohlenwasserstoffe). Viele dieser Wirkstoffe sind inzwischen verboten. In staatlichen oder kommunalen Forstbetrieben werden Pestizide heute meistens erst dann eingesetzt, wenn andere Mittel nicht mehr helfen. Seit Anfang 2010 wurden in deutschen Wäldern keine Organophosphate mehr eingesetzt.

Pestizide und Artenvielfalt im Wald

Pestizide treffen im Wald außer den "Schädlingen", die sie bekämpfen sollen, oft auch andere Insekten und Tiere (sogenannte "Nicht-Ziel-Organismen"). Insekten, Vögel und Säugetiere, denen die bekämpften Schädlinge als Nahrung dienen, sind bei gewissen Anwendungsformen einem Pestizid direkt ausgesetzt.

Unkrautvernichtungsmittel und Insektizide haben oft auch indirekte negative Auswirkungen auf Nicht-Ziel-Organismen, indem sie deren Nahrung beschränken oder natürliche Lebensräume verändern. Ein Pestizid kann das Verhältnis zwischen "Schädling" und dessen Feinden bzw. Parasiten massiv stören, so dass eine erneute Massenvermehrung möglich ist. Solche indirekten Folgen einer Pestizidanwendung lassen sich nur begrenzt vermeiden.

So führte beispielsweise Dimilin, ein für Säugetiere und Vögel an sich eher harmloses Mittel, in einem Eichen-Hainbuchen-Wald in Unterfranken zu einer Abnahme der Dichte insektenfressender Vögel. Es verhinderte bei Kohl- und Blaumeisen die Zweitbrut und reduzierte einzelne Arten von nachtaktiven Schmetterlingen stark.

Auch gegen den Eichenprozessionsspinner werden – vor allem in Brandenburg – häufig synthetische Insektizide eingesetzt, allerdings bekämpfen sie nicht nur den Prozessionsspinner, sondern sind auch für nahezu alle Schmetterlinge tödlich. Das Verwaltungsgericht Potsdam verbietet daher seit Mai 2014 in brandenburgischen Naturschutzgebieten, Insektizide gegen den Eichenprozessionsspinner einzusetzen.

Klimawandel begünstigt Massenvermehrungen

Die fortschreitende Klimaerwärmung wird vermutlich dazu führen, dass Massenvermehrungen diverser für die Fortswirtschaft schädlicher Insekten (u.a. Nadelfresser, Borkenkäfer, Prachtkäfer, Schwammspinner) künftig häufiger stattfinden. Und auch die Zuwanderung exotischer "Schädlinge" (z.B. des Asiatischen Laubholzbocks) wird trotz Quarantänemaßnahmen wegen weltweiten Holzhandels weitergehen.

"Schädlinge" als Naturschutz-Helfer

Aus Naturschutz-Sicht können insbesondere einheimische Insekten eigentlich keine "Schädlinge" sein. Im Gegenteil: Sie können sogar bei einem Waldumbau zurück zu standortgerechtem Mischwald helfen. In Naturschutzgebieten lässt man darum gelegentlich den Borkenkäfer gewähren, was zunächst zu einem Absterben vor allem vieler Nadelbäume führt. Doch schon bald entwickelt sich ganz von selbst ein stabiler Mischwald.

Maßnahmen zur Reduktion des Pestizideinsatzes im Forst

  • längerfristig: Widerstandsfähigkeit der Bäume fördern durch geeignete Bestockungsdichten und Wahl standortgemässer Baumarten; alte Biotopbäume erhalten (mind. 10 pro Hektar)
  • kurzfristig: die Logistik verbessern für frühzeitigen Abtransport von Stämmen aus Wäldern vor Beginn der Schwärmzeit des Borkenkäfers (im Februar)
  • anstelle von Setzlingen in Baumschule: Naturverjüngung von Buche (an geeigneten Standorten)
  • in Nadelholzreinbeständen Biodiversität – einschliesslich Nützlinge – erhöhen durch Pflanzen einzelner Laubbäume oder Baumgruppen: abgestorbene Bäume/Teile als Totholz im Wald belassen, sofern sie nicht von Borkenkäfern (Ips), Rüsslern oder Prachtkäfern befallen sind
  • Nützlinge fördern durch Anbringen von Nistkästen für Vögel und Fledermäuse, durch natürliche strukturreiche Vegetation, abgestufte, lichte (artenreiche) Waldränder und Feuchtstandorte
  • Pestizide durch integrierten Pflanzenschutz minimieren, abklären ob (und falls ja, wann) Maßnahmen nötig sind, ob eine nicht-chemische Methode wirksame und kostenverträgliche Abhilfe bietet, oder ob eine chemische Methode nötig ist. Ggf. Wahl eines zweckmäßigen chemischen Mittels, das für Nicht-Ziel-Organismen ein möglichst geringes Gefährdungspotenzial aufweist
  • In Wäldern, die in Natura 2000-Gebieten liegen oder innerhalb eines Vertragsnaturschutzprogramms naturnah bewirtschaftet werden, sollte Waldschutz möglichst auf Pestizide verzichten
  • zur Bekämpfung von Schmetterlingsraupen oder Käfern biologische Präparate bevorzugen, sofern sie für Anwendung auf den Flächen zugelassen sind
  • auf Mäusegifte verzichten, Grasdecke hemmen durch ein früh geschlossenes Kronendach und ggf. Voranbau von Weichlaubhölzern; in (PEFC-)zertifizierten Wäldern beinhaltet der Bedarfsnachweis für eine Bekämpfung von Erd-, Feld-, Rötel- oder Schermäusen durch ein Rodentizid (Köder) folgende Kriterien: Probefänge (mit Fallen), Anwesenheit fraßgefährdeter Baumarten, Vergrasung der Fläche, angrenzende Mäusehabitate sowie Gefährdung des Bestockungszieles

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Kieferneule, Forleule (Panolis flammea)

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Raupe an Kiefer

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Kiefern-Buschhornblattwespe; Kleine Fichtenblattwespe; Larve an Nadeln

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Larve (Engerling) an Wurzeln von Laub- und Nadelhölzern

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Gr. Brauner Rüsselkäfer (Hylobius), Larve an Wurzel/Rinde von Fichte, Kiefer

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