Glyphosat schädigt Regenwürmer – Behörden spielen die Gefahr herunter

Glyphosathaltige Pflanzenschutzmittel beeinträchtigen die Aktivität und Fortpflanzung von Regenwürmern gravierend. Dies geht aus einer Studie eines Forscherteams der Universität für Bodenkultur (BOKU) hervor.

Brisant dabei ist: Die Zulassungsbehörden behaupten das Gegenteil. Denn sie ziehen auch in dieser Frage zur Risiko­abschätzung vor allem Industriestudien heran.

Deshalb hat Global 2000, die österreichische Partnerorganisation des BUND, Ende Oktober 2015 die Untersuchungsmethode der BOKU-Studie mit denen der im Zulassungsverfahren zugrunde gelegten Industriestudien verglichen. Ergebnis: Mit den realitätsfernen Versuchsanordnungen im Zulassungsverfahren ließen sich "auch in hundert Jahren noch keine negativen Auswirkungen der untersuchten Produkte auf Regenwürmer nachweisen". Die BOKU-Studie dagegen ist eine wirklichkeitsnahe Feldstudie – und sie beweist, dass Regenwürmer durch Glyphosat massiv geschädigt werden. Und damit auch die Umwelt, denn Regenwürmer sind eine Schlüsselspezies für Bodengesundheit und Fruchtbarkeit. 

 

Warum Glyphosat vom Markt genommen und das Zulassungsverfahren für Pestizide komplett reformiert werden muss

Wie kommt es, dass die Weltgesundheitsorganisation (WHO) Glyphosat als "wahrscheinlich krebserzeugend beim Menschen" einstuft, das für die gesundheitliche Bewertung des Wirkstoffes in der EU zuständige Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) jedoch Unbedenklichkeit attestiert? Ein Grund ist: Die Behörde folgt in ihrer Einschätzung eng der Pestizidindustrie, wie eine neue BUND-Analyse (PDF) aufdeckt.

In der Analyse zeigt sich, dass die Zulassungsbehörden jede kritische Distanz zur Industrie vermissen lassen, obwohl sie eigentlich dem Verbraucher- und Umweltschutz verpflichtet sind. Gemeinsam mit den Herstellern spielt das BfR die Gesundheitsgefahren von Glyphosat immer wieder herunter. Jede neue Veröffentlichung, die auf eine Gesundheitsgefährdung hinweist, wird als unwissenschaftlich diskreditiert. Dies ist möglich, da die Hersteller im derzeitigen Zulassungsverfahren bei unabhängigen Studien eine Vorauswahl treffen und über die Relevanz der Studien urteilen dürfen. De facto diskreditieren sie so alle unabhängigen Studien.

Die Bewertung von Glyphosat wird von der Industrie gesteuert

Die Einschätzung der WHO-Experten, dass Glyphosat wahrscheinlich krebserregend ist, stützt sich ausschließlich auf unabhängige Studien. Das BfR folgt der Beurteilung durch die Industrie. Es hat für die Bewertung des Wirkstoffes fast ausschließlich Hersteller-Studien herangezogen, die wiederum vor der Öffentlichkeit geheim gehalten werden.

Das BfR berücksichtigt wichtige unabhängige Studien, die die Glyphosat-Gefahren benennen, nicht oder wertet sie fehlerhaft aus, wie auch eine Untersuchung des Toxikologen Peter Clausing (PDF) im Auftrag der Organisationen Campact und dem Pestizid Aktions-Netzwerk (PAN) zeigt. Der BfR-Bericht ist die wesentliche Grundlage für die Entscheidung, ob Glyphosat in der EU für weitere zehn Jahre oder länger zugelassen wird.

Der BUND fordert das BfR auf, auf die Pestizidhersteller einzuwirken, ihre Studien offenzulegen und so eine Überprüfung durch unabhängige Wissenschaftler zu ermöglichen.

Gleichzeitig hat der BUND in einem Brief an die "Glyphosat-Taskforce" (PDF), ein Zusammeschluss der Pestizidindustrie, die Hersteller aufgefordert, die für das Zulassungsverfahren eingereichten Studien umgehend zu veröffentlichen.

Zudem muss das Zulassungsverfahren für die Zukunft radikal reformiert werden:

  • Die EU-Gesetzgebung muss so geändert werden, dass Risikobewertungen im Zulassungsverfahren nur noch von unabhängigen wissenschaftlichen Instituten durchgeführt werden, nicht mehr von den Herstellern selbst.
  • Diese Studien müssen über einen industrieunabhängig verwalteten Fonds finanziert werden, der sich aus Gebühren der antragstellenden Firmen speist.

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