Was ist Glyphosat?

Glyphosat ist das meistverkaufte Unkrautvernichtungsmittel der Welt und ein sogenanntes "Totalherbizid". Es tötet jede Pflanze, die nicht gentechnisch so verändert wurde, dass sie den Herbizideinsatz überlebt. Bekannt ist es vor allem unter dem Markennamen "Roundup", ein Produkt von Bayer-Monsanto. Glyphosat ist laut Krebsforschungsagentur der WHO wahrscheinlich krebserregend beim Menschen – und es trägt maßgeblich zum Artensterben in der Agrarlandschaft bei.

Glyphosat auf dem Prüfstand

Nach heftigen Protesten konnte die EU-Kommission Glyphosat im Sommer 2016 nicht wie geplant für weitere 15 Jahre wiederzulassen. Auch nach mehreren Versuchen kam unter den EU-Mitgliedstaaten die notwendige Mehrheit nicht zustande. Am Ende wusste sich die EU-Kommission nicht anders zu helfen, als die Entscheidung um 18 Monate zu vertagen.

Am 27. November 2017 hat der Unions-Teil der Bundesregierung dann in Person des damaligen Landwirtschaftsministers Christian Schmidt (CSU) im Alleingang mit einem "Ja" zu Glyphosat alle bisher gültigen Regeln und Absprachen zwischen den Regierungsfraktionen CDU/CSU und SPD gebrochen. Die deutsche Zustimmung hat ermöglicht, dass Glyphosat für fünf weitere Jahre in der EU eingesetzt werden kann. Fünf Jahre sind fünf Jahre zu viel.

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Die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) überprüfte nach der Vertagung das Pflanzengift auf seine Krebsgefahr und kam zu dem Ergebnis, Glyphosat sei nicht krebserregend. Kurz vor der erneuten Befassung der EU-Mitgliedstaaten mit der Wiederzulassung für Glyphosat belegte die neue Analyse "Glyphosat und Krebs: Systematischer Regelbruch durch die Behörden" jedoch, dass der Wirkstoff nach den geltenden EU-Standards so wie von der Krebsagentur der Weltgesundheitsorganisation WHO als "wahrscheinlich krebserregend" hätte eingestuft werden müssen.

Auch die negativen Folgen des Glyphosateinsatzes für Tier- und Pflanzenwelt sind erheblich. Glyphosat trägt maßgeblich zum Artensterben in der Agrarlandschaft bei. Eine Studie aus dem September 2018 legt nahe, dass Glyphosat eine wichtige Ursache für das weltweite Bienensterben sein könnte. Dabei ist Glyphosat in der Landwirtschaft ersetzbar, vor allem durch Pflügen und Grubbern.

Der BUND hat sich an der Europäischen Bürgerinitiative gegen Glyphosat beteiligt und fordert seit Jahren ein Verbot des Ackergifts.

Die Glyphosat-2-Minuten-Information – Stichpunkte für Eilige

  • Glyphosat ist das in Deutschland und der Welt am häufigsten eingesetzte Pflanzengift; es wird auf 40 Prozent der deutschen Ackerfläche eingesetzt.
  • Es ist laut Krebsforschungsagentur der WHO "wahrscheinlich krebserregend beim Menschen" und zerstört die biologische Vielfalt.
  • 70 Prozent der Deutschen sind für ein Verbot von Glyphosat, bei über 70 Prozent lässt es sich im Urin nachweisen.
  • Die EU-Pestizidgesetzgebung und das Zulassungsverfahren von Glyphosat sind auf die Bedürfnisse der Hersteller zugeschnitten. Übrigens: Die Chemieindustrie ist der drittgrößte Industriezweig Deutschlands.
  • Deutsche Behörden lassen die notwendige kritische Distanz zu den Pestizidherstellern vermissen.
  • Glyphosat muss verboten werden!

Häufige Fragen und Antworten zu Glyphosat

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Was ist Glyphosat?

Das meist eingesetzte Pflanzengift der Welt. Glyphosat ist ein Breitbandherbizid. Es tötet jede Pflanze, die nicht gentechnisch so verändert wurde, dass sie den Herbizideinsatz überlebt. Je häufiger glyphosathaltige Pestizide angewendet werden, desto eher entstehen allerdings auch resistente Populationen von Beikräutern, die durch das Mittel eigentlich vernichtet werden sollen. Die pflanzenvernichtenden Eigenschaften von Glyphosat wurden von der Firma Monsanto in den 1970er Jahren patentiert. Das Mittel kam unter dem Namen "Roundup" auf den Markt und wurde zum Bestseller. Glyphosat wirkt systemisch, d.h. aufgenommen über die Blätter gelangt es in alle Bestandteile der Pflanze: in Blätter, Samen und Wurzeln. Glyphosat lässt sich nicht abwaschen und wird weder durch Erhitzen noch durch Einfrieren abgebaut. Glyphosat-Rückstände halten sich etwa ein Jahr lang in Lebens- und Futtermitteln.

Wo wird Glyphosat eingesetzt?

Glyphosat wird weltweit eingesetzt – in der Landwirtschaft, im Obst- und im Weinbau, in Olivenhainen, im Zierpflanzenbau, in Christbaumplantagen, in Parkanlagen, auf Bahngleisen und in Gärten. Weltweit wurden 2011 etwa 650.000 Tonnen an glyphosathaltigen Pestiziden versprüht. Für 2017 wird eine Verdoppelung des Glyphosat-Verbrauchs vorausgesagt. Sollten glyphosatresistente Pflanzen für den Anbau in Europa zugelassen werden, würde hier Prognosen zufolge der Einsatz von Glyphosat sogar um bis zu 800 Prozent steigen (PDF). Denn in großen Mengen wird Glyphosat vor allem in Ländern eingesetzt, die gentechnisch veränderte Pflanzen wie Soja, aber auch herbizidresistenten Mais und Raps anbauen. Die Hauptanbauländer sind Argentinien, Brasilien und Paraguay in Südamerika sowie die USA.

Jedes Jahr werden Millionen Tonnen gentechnisch veränderter Soja aus diesen Ländern als Tierfutter nach Deutschland und in die EU importiert. Es ist davon auszugehen, dass diese Soja hohe Glyphosat-Rückstände aufweist. So ergab eine im Oktober 2013 veröffentlichte Stichprobenuntersuchung zu Glyphosat-Rückständen in Gentech-Soja aus Argentinien für sieben von elf Proben die Überschreitung des international geltenden Grenzwertes von 20mg/kg. Und dieser Grenzwert liegt mit 20 mg/kg ohnehin schon unverhältnis­mäßig hoch – bei der überwiegenden Zahl der Pflanzen sind ledig­lich Glyphosat-Rückstände bis 0,1 mg/kg zulässig (PDF). Die Lebensmittel­über­wachungs­­behörden der Bundesländer führen jedoch kaum Tests auf Glyphosat-Rückstände in Gentech-Soja durch. Zwischen Januar 2009 und Juni 2013 wurden in ganz Deutschland insgesamt gerade einmal 25 Sojaerzeugnisse auf Glyphosat-Rückstände untersucht (PDF).

Wie wird Glyphosat in Deutschland eingesetzt?

In Deutschland wird Glyphosat in der konventionellen Landwirtschaft sowie auf kommunalen und privaten Flächen angewendet. Nach einer Umfrage (PDF) aus den Jahren 2010/2011 bei 896 landwirtschaftlichen Betrieben wird auf 39 Prozent der Ackerfläche in Deutschland Glyphosat gespritzt. Dies geschieht vor der Aussaat, um Felder frei von Wildkräutern zu spritzen; kurz vor der Ernte, um die Reifung u.a. von Raps und Hülsenfrüchten wie Bohnen und Getreide zu beschleunigen (Sikkation) und nach der Ernte, um die Stoppeln zu bearbeiten. Je nach Kultur sind die Anwendungen unterschiedlich hoch. Mit Glyphosat behandelt werden:

  • 87,2 Prozent des Winterrapses,
  • 72,1 Prozent der Hülsenfrüchte (Körner-Leguminosen),
  • 65,9 Prozent der Wintergerste,
  • 41,7 Prozent des Sommergetreides,
  • 35,0 Prozent des Roggens/Triticale,
  • 33.6 Prozent des Körnermaises,
  • 31,0 Prozent der Zuckerrüben,
  • 25,2 Prozent des Silomaises,
  • 23,2 Prozent des Winterweizens,
  • 12,5 Prozent der Futterpflanzen und
  • 10,5 Prozent der Kartoffeln.

Auf kommunalen Flächen wird Glyphosat genutzt, um beispielsweise öffentliche Wege oder Plätze frei von Wildkräutern zu halten. Auch die Deutsche Bahn setzt Glyphosat auf Gleisanlagen ein. Selbst Hobbygärtner sprühen das Pestizid in ihren Gärten. 

Ist der Einsatz von Glyphosat auch in Deutschland ein Problem?

Ja. 2012 wurden in Deutschland rund 6.000 Tonnen Glyphosat (PDF) abgesetzt. Der "Arbeitsgemeinschaft Glyphosat" zufolge, dem Zusammenschluss der Glyphosat-Hersteller, waren es 2010/11 noch rund 5.000 Tonnen. Wenn diese gesamte Menge eingesetzt wird, entspricht das 4,2 Millionen Hektar oder rund 40 Prozent der Ackerfläche. Das Pestizid gelangt über viele Pfade in Böden und Gewässer und in Lebensmittel (s. Fragen "Welchen Schaden richtet Glyphosat in der Natur an?", "Kann Glyphosat in den menschlichen Körper gelangen?" und "Ist das Vorkommen von Glyphosat in Urinproben von Menschen aus Großstädten besorgniserregend?"). Nach der BUND-Studie (PDF) vom Juni 2013 auf Glyphosat-Rückstände im Urin räumt selbst die Bundesregierung eine "allgemeine Hintergrundbelastung europäischer Bürger mit Glyphosat" (PDF) ein.

Welchen Schaden richtet Glyphosat in der Natur an?

Als Totalherbizid tötet Glyphosat jede Pflanze auf dem gespritzten Feld ab, sofern sie nicht entsprechend gentechnisch verändert ist. Deshalb sind die Auswirkungen direkt auf die Ackerflora und indirekt auf die Ackerfauna groß: Weniger Wildpflanzen auf und neben den Ackerflächen bieten weniger Lebensraum für weniger Insekten. Und diese sind die Hauptnahrung für andere Tiere wie etwa Vögel (PDF); die biologische Vielfalt nimmt mit dem vermehrten Einsatz von Glyphosat ab. 30 Prozent aller Vögel der Agrarlandschaft stehen bereits auf der Roten Liste der bestandsbedrohten Tierarten.

Glyphosat ist außerdem ein Wasserschadstoff. Gelangt er in Bäche, Flüsse und ins Grundwasser, wird er dort zum Problem für Wasserlebewesen. Besonders empfindlich reagieren Amphibien auf Glyphosat: Ihre Embryonalentwicklung wird gestört, viele Kaulquappen sterben. Glyphosat wird in Deutschland nicht fachgerecht und zu häufig eingesetzt: Der BUND Brandenburg hat in Kleinstgewässern, die direkt neben Äckern liegen, Glyphosat oder sein direktes Abbauprodukt AMPA, das ebenfalls gewässerschädlich ist, nachgewiesen. Laut Zulassungsbericht des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (PDF) darf Glyphosat gar nicht ins Wasser gelangen. Landwirte müssten dies bei der Anwendung sicherstellen, tun es offenbar jedoch vielfach nicht. Und auch der private Gebrauch belastet das Wasser: Das Versprühen von Glyphosat auf Gehwegen und anderen versiegelten Flächen ist verboten, weil es so in die Kanalisation gelangen kann. Dennoch wurde Glyphosat bereits in kommunalen Kläranlagen (PDF) nachgewiesen.

Nach langem Glyphosateinsatz werden zudem die Krümelstruktur des Bodens und bodenfördernde Mikroorganismen (Mykorrhiza) zerstört. Das zeigen Erfahrungen aus Südamerika. 

Kann Glyphosat in den menschlichen Körper gelangen?

Ja. Glyphosat kann sowohl bei Menschen im Urin nachgewiesen werden, die beruflich mit dem Stoff zu tun haben, als auch bei Menschen, die nicht bewusst mit Glyphosat in Kontakt kommen. Der BUND und seine Partnerorganisationen von Friends of the Earth Europe haben in einer Studie an 182 Stadtbewohnern aus 18 europäischen Ländern bei 45 Prozent der Personen Glyphosat im Urin nachgewiesen. Eine industriefinanzierte Studie aus dem Jahr 2004 zeigt ebenfalls, dass amerikanische Landwirte, die Glyphosat einsetzen, diesen Stoff aufnehmen. Auch hier wurde Glyphosat im Urin der Landwirte und ihrer Familien nachgewiesen. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) stellte zudem 2011 fest, dass Rückstände von Glyphosat wie von anderen Pestiziden im Blut der Bevölkerung zu erwarten sind. Diese könnten nach Aussagen der Behörde grundsätzlich gut aus dem Magen-Darm-Trakt aufgenommen werden. Auch eine Belastung über die Nahrung sei plausibel (PDF). Dass Lebensmittel wie Mehl oder Brötchen tatsächlich mit Glyphosat belastet sind, bestätigt eine Untersuchung von Ökotest.

Eine weitere Studie zeigt, dass eine – wenn auch geringe – orale (über den Mund) und dermale (über die Haut) Aufnahme von Glyphosat möglich ist. Aufgrund seines allgegenwärtigen Einsatzes ist anzunehmen, dass ein Großteil der Bevölkerung kontinuierlich Glyphosat ausgesetzt ist. Bislang gibt es noch keine Untersuchungen über die gesundheitlichen Folgen einer Langzeitaufnahme von Glyphosat in kleinen Dosen – also über das Szenario, dass der Lebenswirklichkeit und dem Alltag der Menschen entspricht. 

Ist das Vorkommen von Glyphosat in Urinproben von Menschen aus Großstädten besorgniserregend?

Ja. Eine Belastung mit einem Stoff ist immer der erste Schritt für ein gesundheitliches Risiko. Wenn er aufgenommen wird und der Stoff dann noch eine gesundheitliche Gefahr birgt, besteht ein Risiko. Bei der BUND-Studie vom Juni 2013 waren 70 Prozent der Urinproben deutscher Großstädter mit Glyphosat belastet. Das zeigt, dass der Stoff verbreitet vorkommt und viele Menschen mit diesem belastet sein können – auch wenn sie beruflich nichts mit Glyphosat zu tun haben. Das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) schreibt in seiner Stellungnahme (PDF) zu der Studie: "Die Studienergebnisse sind plausibel. Die Studie liefert einen Hinweis darauf, dass es eine allgemeine Hintergrundbelastung europäischer Bürger mit Glyphosat gibt, die jedoch weit unterhalb eines gesundheitlich bedenklichen Bereichs liegt." Diese Einschätzung des BfR hinsichtlich der Unbedenklichkeit von Glyphosat teilt der BUND nicht. Pestizide – egal in welchen noch so kleinen Mengen – gehören nicht in den menschlichen Körper! 

Kann Glyphosat die Plazenta-Schranke beim Menschen überwinden?

Eine in-vitro-Studie (d.h. eine Studie an Zellen) von Wissenschaftlern der Universität Kopenhagen gibt Hinweise darauf, dass Glyphosat die Plazenta-Schranke überwinden kann. Diese Studie wird durch eine weitere dänische Untersuchung bestätigt, der zufolge 15 Prozent des Glyphosats von der mütterlichen Seite des Blutkreislaufes in die kindliche Seite gelangt. Bei dieser ex-vivo-Studie wurde mit nach der Geburt gewonnener Plazenta geforscht. Denn natürlich werden derartige Versuche nicht an einer menschlichen Plazenta in vivo, d.h. an Schwangeren durchgeführt. Die Ergebnisse der Studien sind deshalb besonders bedenklich, da ein giftiger und hormonell wirksamer Stoff auch in geringsten Mengen nichts im Körper und erst Recht nichts in hochempfindlichen Embryonen zu suchen hat. Hierüber müssen dringend weitere Forschungen durchgeführt werden! 

Kann Glyphosat das Hormonsystem beeinflussen?

Ja, Glyphosat kann das menschliche Hormonsystem negativ beeinflussen. Damit können auch sehr geringe Aufnahmemengen ein potenzielles Gesundheitsrisiko darstellen. Eine Beeinträchtigung des Hormonsystems kann beispielsweise irreversible Auswirkungen auf eine Schwangerschaft haben.

So zeigt eine Studie, die an Ratten während der Schwangerschaft und Stillzeit durchgeführt wurden, dass männlicher Nachwuchs durch glyphosathaltige Pestizide geschädigt wird. Unter anderem wurde die Spermienproduktion beeinflusst und der Testosteronspiegel sank, so dass davon ausgegangen werden muss, dass die Fähigkeit zur Fortpflanzung durch Glyphosat beeinträchtigt wird. Eine Untersuchung an heranwachsenden und pubertierenden Ratten kommt darüber hinaus zu dem Ergebnis, dass die Pubertät bei allen untersuchten Tieren selbst bei der niedrigsten Dosis deutlich später einsetzte. Die Wissenschaftler halten einen negativen Einfluss auf die Fruchtbarkeit von Menschen für denkbar, die aktiv oder passiv mit dem glyphosathaltigen Pestizid "Roundup" in Kontakt kommen. Bei weiblichen Tieren hemmt Glyphosat in einer Studie ebenfalls die Östrogenbildung – mit möglichen negativen Auswirkungen auf die Fortpflanzungsfähigkeit. Und auch Studien an Zellkulturen (PDF) demonstrieren, dass Glyphosat und glyphosathaltige Pestizide sowohl Einfluss auf den weiblichen wie den männlichen Hormonhaushalt haben.

Kann Glyphosat ungeborenes Leben schädigen?

Glyphosat steht im Verdacht, Embryonen zu schädigen. Eine argentinische Studie zeigt im Laborversuch Deformationen bei Frosch- und Hühner-Embryonen, die glyphosathaltigen Pestiziden und dem Wirkstoff Glyphosat allein ausgesetzt wurden. Hühner und Frösche dienen Embryologen als Modellorganismen, um im Labor nachzuvollziehen, was auch bei Menschen passieren kann. Die Ergebnisse geben einen Hinweis darauf, dass Glyphosat als Wirkstoff und nicht allein glyphosathaltige Pestizide Schäden an Embryonen auslösen können. Die Studie liefert nach Einschätzung der Wissenschaftler zudem Hinweise auf die Ursachen von Gesundheitsstörungen bei Menschen, die in Argentinien in ländlichen Regionen leben. In den großen Soja-Anbaugebieten in Südamerika häufen sich die Berichte über einen Anstieg von Missbildungen bei Neugeborenen. Eine Studie aus Paraguay ergab für Frauen, die in einem Radius von einem Kilometer zu pestizidbesprühten Soja-Feldern leben, eine doppelt so hohe Wahrscheinlichkeit, ein Kind mit Fehlbildungen zu gebären.

In der argentinischen Provinz Cordoba, der Region mit dem höchsten Anteil an gentechnisch veränderten Pflanzen in Argentinien und damit einem hohen Einsatz von Glyphosat, wird das größte Spektrum an Missbildungen gefunden. Auch die Anzahl an Missbildungen ist signifikant höher als in anderen Regionen. In der Provinz Chaco, ebenfalls in Argentinien, wurde eine Vervierfachung der Missbildungen (PDF) bei Neugeborenen von 1997 bis 2009 registriert. 

Begünstigt Glyphosat die Entstehung von Krebs?

Im März 2015 hat die Krebsforschungsagentur der Weltgesundheitsorganisation (WHO) Glyphosat als "wahrscheinlich krebserregend" (2A) für den Menschen eingestuft. "2A" ist die zweithöchste Gefahrengruppe. Seit Langem steht Glyphosat im Verdacht, Krebs auszulösen. Sowohl Glyphosat als auch sein Abbauprodukt AMPA wirken im Laborversuch genotoxisch. Das bedeutet, es beeinflusst die Fähigkeit der Zelle, ihr genetisches Material exakt zu kopieren und zu vervielfältigen. Dies führt potenziell zu Mutationen und einem erhöhten Krebsrisiko. In Ecuador und Kolumbien werden glyphosathaltige Pestizide in Coca-Plantagen eingesetzt. Es besteht die Befürchtung, dass es während der Sprühperiode zu Belastungen der Menschen kommt, die zu genetischen Schäden und damit möglicherweise zu Krebs führen. In der Provinz Chaco in Argentinien, wo Soja angebaut und massiv Glyphosat angesetzt wird, steigen die Krebsraten (PDF). In der Stadt La Leonesa hat sich die Krebsrate bei Kindern unter fünfzehn Jahren von 2000 bis 2009 gegenüber dem vorherigen Jahrzehnt verdreifacht. Die Wissenschaftler sehen einen Zusammenhang mit den sich gleichzeitig ausbreitenden Feldern mit glyphosatresistenter Gentech-Soja, die vermehrt mit glyphosathaltigen Pestiziden aus der Luft besprüht werden. 

Können geringe Mengen schädlicher Stoffe vernachlässigt werden?

Nein. Dank feinerer Messtechniken können heute auch geringe Mengen von Pestiziden oder anderen Chemikalien beispielsweise in Blut oder Urin nachgewiesen werden, die früher unentdeckt blieben. Aber auch kleinste Mengen eines schädlichen Stoffes können große Schäden anrichten; vor allem Stoffe, die einen Einfluss auf das Hormonsystem haben. Dies gilt insbesondere dann, wenn sie wiederholt aufgenommen werden, wie dies bei glyphosathaltigen Pestiziden der Fall ist. Immer wieder werden früher als "unschädlich" bezeichnete Mengen an Chemikalien für Mensch oder Umwelt nach neueren Erkenntnissen als schädlich eingestuft. Bei den so genannten "Niedrig-Dosis"-Effekten wird zudem diskutiert, in wie weit bei verschiedenen, v.a. hormonell wirksamen Stoffen ein Gesundheitsrisiko möglicherweise gerade bei kleinen Mengen gegeben ist.

Ebenfalls von großer Bedeutung ist die Tatsache, dass Menschen heute einer Vielzahl von Chemikalien ausgesetzt sind. Eine Reihe an Pestiziden wird über Lebensmittel mitgegessen, andere Chemikalien gelangen beispielsweise durch Kosmetika (PDF) in den Körper oder werden eingeatmet. So entstehen so genannte Mehrfachbelastungen, die bei der Einschätzung eines Gesundheitsrisikos bisher nicht berücksichtigt werden. Grundsätzlich gilt: Glyphosat und andere Chemikalien gehören nicht in den menschlichen Körper! 

Unternimmt der Staat genügend, um die Bürger vor Glyphosat zu schützen?

Nein. Im März 2015 hat die Krebsforschungsagentur der WHO Glyphosat als "wahrscheinlich krebserregend beim Menschen" eingestuft. Deshalb hätte Agrarminister Schmidt ein Sofortverbot erlassen müssen. Auf Forderungen der Verbraucherschutzminister der Länder, den Glyphosat-Verkauf an Privatpersonen zu verbieten, hat er nicht reagiert. Die Baumärkte Toom, Obi und Bauhaus werden glyphosathaltige Mittel auslisten.

Dass Minister Schmidt nicht handelt, fügt sich ins Bild: Nach den Urinuntersuchungen des BUND im Jahr 2013, die Stichproben darstellen, hätten die Behörden sofort eingreifen und weitere Tests durchführen lassen müssen. Dies kann nicht Aufgabe des BUND sein. Auch bei der Lebens- und Futtermittelkontrolle sind die Kontrollen viel zu lasch. Aufgrund aufwändiger und teurer Testverfahren werden nur wenige Glyphosattests durchgeführt. 2010 und 2011 wurden in Sachsen (PDF) beispielsweise nur 27 Futtermittelproben auf Glyphosat geprüft. Die Untersuchung ist laut dem zuständigen Ministerium schlicht zu aufwändig. Für die Förderung von Glyphosat ist dagegen Geld vorhanden: Über die Agrar-Umwelt-Programme der Bundesländer werden jedes Jahr Millionen von Euro für das Versprühen von Glyphosat bewilligt. Die pfluglose Bodenbearbeitung auf 76.620 Hektar und der damit der verbundene Einsatz von Glyphosat wurde 2008 allein in Sachsen mit 3,6 Millionen Euro (PDF) gefördert.

Sind die Behörden, welche die Sicherheit von Pestiziden bewerten, unabhängig?

Die Behörden stehen im Verdacht, den Interessen der Industrie gegenüber allzu sehr aufgeschlossen zu sein. Eine Studie der Organisation Corporate Europe Observatory (CEO) (PDF) zeigt, dass über die Hälfte der 209 für die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) tätigen Wissenschaftler direkte oder indirekte Verbindungen zu Industriezweigen haben, die sie eigentlich kontrollieren sollen. Die EFSA und Behörden von EU-Mitgliedsstaaten messen bei der Beurteilung wissenschaftlicher Studien zudem offenbar mit zweierlei Maß (PDF). Studien, die keine negativen gesundheitlichen Effekte nachweisen, werden eher akzeptiert, während Studien, die negative gesundheitliche Effekte zeigen, eher kritisiert werden.

Das gesamte Zulassungsprocedere von Pestiziden ist auf die Interessen der Industrie zugeschnitten. Es werden fast ausschließlich industriefinanzierte Studien berücksichtigt, die die Ungefährlichkeit eines Stoffes belegen sollen. Diese Firmenstudien bleiben als "vertrauliche Geschäftsgeheimnisse" so gut wie immer unpubliziert und können somit nicht durch unabhängige Wissenschaftler überprüft werden.

Das Missverhältnis zwischen industriefinanzierter und -unabhängiger Forschung zeigt die Antwort der Bundesregierung (PDF) auf eine Anfrage von Bündnis 90/Die Grünen vom Juli 2013 nach Langzeitstudien auf, die mögliche gesundheitliche Folgen von Glyphosat mindestens über einen Zeitraum von 90 Tagen beleuchten. In ihrer Antwort listet die Bundesregierung 28 industriefinanzierte Langzeitstudien auf – und nur eine Studie, die nicht von der Industrie finanziert wurde. 

Geht es auch ohne Glyphosat?

Selbstverständlich. Glyphosat ist für einen nachhaltigen, ordnungsgemäßen Ackerbau nicht notwendig, sondern lediglich ein Mittel zur weiteren Industrialisierung der Landwirtschaft. Landwirte haben Alternativen zum Glyphosat-Einsatz: "Mehr guten Ackerbau, bitte", fordert selbst die Deutsche Landwirtschaftsgesellschaft (DLG), die Interessenvertretung der industriell arbeitenden Landwirte, und meint: pflügen statt Pflanzen totspritzen. Ackerbau mit dem Pflug bekämpft seit Jahrhunderten sehr wirkungsvoll unerwüschte Pflanzen auf dem Acker. 

Was fordert der BUND?

Der BUND fordert ein Verbot von Glyphosat und glyphosathaltigen Pestiziden sowie folgende Sofortmaßnahmen:

  • Den Einsatz von Glyphosat auf landwirtschaftlichen Flächen vollständig zu verbieten.
  • Die so genannte Sikkation, bei der Glyphosat bis kurz vor der Ernte gespritzt wird, um Getreide, Hülsenfrüchte und Raps vorzeitig reifen zu lassen, zu verbieten.
  • Den Einsatz von Glyphosat in Haus- und Kleingärten zu verbieten.
  • Glyphosat-Rückstände in Lebens- und Futtermitteln stärker zu überwachen.
  • Die Einträge von Glyphosat und seiner Abbauprodukte in die Umwelt stärker zu überwachen.
  • Glyphosatresistente Gentech-Pflanzen zum Import nicht weiter zuzulassen.
  • Glyphosatresistente Gentech-Pflanzen zum Anbau in der EU nicht zuzulassen.

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