Insektenschutz in der Kommune

In der Kommune Lebensräume für Insekten zu schaffen ist gar nicht so schwer! Und es lohnt sich: Die Kosten für Grünflächenpflege sinken, die Lebensqualität der Menschen steigt. Der BUND gibt Kommunalpolitiker*innen und Bürger*innen Tipps an die Hand, wie sie ihre Gemeinde für Insekten attraktiv machen können.

BUND-Tipps: So wird Ihre Kommune zum Insektenparadies

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Rathaus

Hier wird entschieden, ob und wie sich eine Gemeinde für den Insektenschutz einsetzt. Über 500 Kommunen haben sich in Deutschland bereits dem Netzwerk "Pestizidfreie Kommune" angeschlossen und zeigen: Es geht! 

Jede Stadt, jede Gemeinde hat eine Verwaltung. Hier werden die Weichen gestellt für das, was in den Parks, Straßen und öffentlichen Anlagen des Gemeindegebiets passiert. Gute Partner und Vorantreiber im Rathaus sind also von großer Wichtigkeit für eine erfolgreiche Umsetzung von insektenschützenden Maßnahmen in der Kommune. Die genaue Konstellation und der zeitliche Ablauf können hierbei ganz unterschiedlich aussehen. Manchmal können es einzelne Personen in der Verwaltung sein, die den Prozess vorantreiben, bei größer angelegten Projekten vielleicht sogar ein ganzes Projektmanagement. 

Im BUND-Netzwerk "Pestizidfreie Kommune" haben sich bereits über 500 Kommunen zusammengeschlossen. Ihnen allen gemeinsam ist der Verzicht auf Glyphosat oder auf mehrere Pestizide in der kommunalen Anwendung und teilweise auch auf den von ihnen verpachteten landwirtschaftlichen Flächen. Viele Kommunen haben dazu im Stadt- oder Gemeinderat einen Beschluss gefasst. Hier finden Sie eine Muster-Beschlussvorlage für den Gemeinderat, die Sie an Ihre Bedürfnisse anpassen können.

Ist der Wille zur Veränderung da und vom Stadt- oder Gemeinderat beschlossen, sollte zunächst einmal eine Bestandsaufnahme gemacht werden: Welche Flächen können wir direkt beeinflussen, welche indirekt? Wo reicht eine kleine Veränderung in der Pflege, wo können wir schon bei der Neuanlage von Grünflächen insektenfreundlich planen?

Wichtig ist, die richtigen Ansprechpartner und Verantwortlichen innerhalb der Verwaltung zu finden und gemeinsame Treffen zu organisieren. Innerhalb der Gemeinde können das die Gartenbauamtsleiter*innen (bzw. Grünflächenamt oder Bauhof), Straßenbauamtsleiter*innen und Hausmeister*innen öffentlicher Einrichtungen (zum Beispiel von Schulen oder Krankenhäusern) sein. Hierzu sollten erfahrene Personen wie Landschaftsplaner*innen oder Verantwortliche anderer Gemeinden eingeladen werden, die bereits Ähnliches durchgeführt haben.

Ein gutes Netzwerk sind die Kommunen für die biologische Vielfalt oder die Pestizidfreien Kommunen des BUND. Auch das Netzwerk blühende Landschaften stellt Beispiele und wertvolle Fachbeiträge bereit. Die Ortsgruppen der Umweltverbände BUND und NABU verfügen über wertvolles Fachwissen und beteiligen sich gerne.

Infotafeln/Öffentlichkeitsarbeit

Nehmen Sie die Bürger*innen mit beim Projekt Insektenschutz. Infomieren Sie sie vor dem Start, warum blühende Wiesen Insekten und Menschen glücklich machen. Und: Kommunizieren Sie Ihr Blumenmeer nach außen, die Besucher*innen werden es Ihnen danken. 

Wenn sichtbare Veränderungen auf den Flächen der Gemeinde umgesetzt werden sollen, müssen die Bürger*innen mitgenommen werden. Ohne die richtige Kommunikation kann es sonst schnell zu Unmut kommen. Wurden Straßen- und Wegränder jahrzehntelang einmal im Monat akkurat getrimmt, kann schon ein verändertes Mahdregime (siehe auch Grünflächen) schnell zu einem Gefühl von Unordnung und Nachlässigkeit in der Grünflächenpflege führen.

Um dem zuvorzukommen, hilft es, die Bewohner*innen frühzeitig und am besten direkt vor Ort zu informieren. Ist einmal klar erklärt, warum jetzt auf manchen Flächen Blumen ausblühen dürfen, werden die meisten Menschen dem positiv gegenübertreten. Mit kleinen Infotafeln, die sich einfach vor der blühenden Pracht in die Erde stecken lassen, lässt sich ganz leicht Verständnis für die Maßnahme wecken. Und ein bisschen Umweltbildung gibt es gratis dazu! Aber auch breit verteilte Flyer, Führungen oder Infoveranstaltungen haben in einigen Kommunen gute Dienste geleistet.

Aber nicht nur nach innen ist die richtige Kommunikation wichtig: Blühende Wegränder und bunte Wiesen sind selten geworden. Getrimmter Rasen und eintönige Pflanzbeete dominieren häufig das Gemeindebild. Ein vielfältiger Lebensraum für Pflanzen und Tiere ist da ein echtes Alleinstellungsmerkmal, das regional und überregional anziehend wirkt und den Aufenthalt in der Stadt angenehmer macht. Die neu gewonnene Schönheit und der Reichtum an Biodiversität eignen sich hervorragend, um Image und Bekanntheit der Gemeinde zu steigern.

Grünflächen

Einfach rüber mit dem Rasenmäher und "gut is"? Für Insekten sind kurzgeschnittene Rasen ein Graus. Kein Unterschlupf, keine Nahrung = kein Schmetterling. Selten und abschnittsweise gemähte Grünflächen verwandeln Ihre Gemeinde hingegen in ein summendes Blütenmeer. 

Das von Imker*innen, Landwirt*innen und Naturschützer*inen gegründete Netzwerk blühende Landschaften bringt es auf den Punkt: "Wir brauchen einen Übergang vom öffentlichen Grün zum öffentlichen Bunt." Gemeint ist damit, dass auf vielen Flächen der Kommunen, an denen heute monatlich getrimmter Rasen wächst, eigentlich regionale Blühpflanzen stehen könnten: also eine ideale Weide für eine Vielzahl von Fluginsekten. 

Beispiel Park: Auf bestimmten Flächen ist regelmäßig kurz geschnittener Rasen nötig und sicherlich auch von den meisten Einwohner*innen gewünscht. Es lassen sich jedoch in jeder Grünanlage auch Flächen finden, die nicht zwangsläufig wöchentlich geschnitten werden müssen, sondern nur ein- bis zweimal pro Jahr.

Generell ist es empfehlenswert, nicht die gesamte Fläche zum gleichen Zeitpunkt zu mähen, um zu unterschiedlichen Zeitpunkten unterschiedliche Lebensräume zu erhalten und auf diese Weise unterschiedlichen Insektenarten zu helfen. Es hilft zudem, wenn einige Bereiche nur mit einem Abstand von zwei, drei Jahren gemäht werden. Die dann erhaltenen Pflanzenstängel und mehrjährigen Arten bieten vorzüglichen Unterschlupf für Wildbienen und andere Insekten. Die goldene Regel ist: Eine räumlich und zeitlich differenzierte Wiesenpflege trägt dazu bei, möglichst viele Pflanzen-, Insekten- und Vogelarten auf einer Wiese zu fördern. 

Der optimale Mähzeitpunkt (in der Fachsprache "Mahd" genannt) ist dabei sehr unterschiedlich, Technik und Vorgehen ist fast wichtiger: Schon bei nur einer Mahd pro Jahr werden, je nach eingesetzter Mahdtechnik, zehn bis 50 Prozent aller Insekten auf der Fläche getötet und bei dreifacher Mahd verschwinden auch die letzten Schmetterlinge

Um eine kraut- und blumenreiche Vegetation zu fördern, sollte der Schnitt erfolgen, wenn die Gräser in Blüte stehen, also je nach Region und Klima zwischen Mai und Juli. Sollen bestimmte Insektenarten geschützt werden, kann die Flugzeit der Tiere ein optimaler Mahdtermin sein, weil diese vor der Mähmaschine in die benachbarten Flächen ausweichen können. Wichtig ist, dass auf diesen noch ungemähten Flächen Nektar- und Eiablagepflanzen zur Verfügung stehen. 

Die Tageszeit hat einen großen Einfluss auf mögliche Tierverluste. Grundsätzlich ist die Mittagszeit empfehlenswert für die Mahd. Bei Sonnenschein sind zum Beispiel nachtaktive Raupen tief in der Vegetation verborgen und Falter fliegen vor dem Mähwerk davon, während sie in den Morgen- und Abendstunden in den Pflanzen ruhen. Schäden kann die Mahd jedoch zu allen Zeitpunkten verursachen. 

Wichtige Ansätze bei der Mahd, also beim Mähen sind:

  • Seltener mähen: Pflanzen und Schmetterlinge brauchen Zeit, um sich entwickeln zu können. Pflanzen müssen Blätter und Blüten entfalten, damit sich Raupen und Falter von ihnen ernähren können. Deshalb sollte eine Fläche nur ein- bis zweimal pro Jahr oder auch nur jedes zweite Jahr gemäht werden. Diese Anzahl der Mahdtermine richtet sich nach der Nährstoffversorgung der Standorte, die den Pflanzenwuchs und die Insektenvielfalt beeinflusst. Auf nährstoffarmen Standorten sollte eine Mahd pro Jahr oder alle zwei Jahre ausreichend sein. Denn umso nährstoffärmer eine Fläche ist, desto mehr Arten finden sich dort. Bei niedriger Nährstoffversorgung sind zwei und bei starker Nährstoffversorgung zeitweise drei Mahdtermine im Jahr zu empfehlen. 
  • Gezielt mähen: Wichtig ist, nicht die gesamte Fläche zu mähen, sondern stets etwa zehn bis 30 Prozent der Fläche mit ihrer Vegetation und den daran lebenden Insekten ungemäht zu belassen. So kann bei jedem Mahdtermin ein Teil der Insektenpopulationen überleben, sich weiterentwickeln und später von hier aus die gemähten Bereiche wieder besiedeln. Die Mahd kann streifenweise, mosaikartig oder auch selektiv erfolgen, so dass gezielt bestimmte Pflanzenbestände von der Mahd ausgeschlossen werden. Auch über den Winter muss Vegetation erhalten werden, weil daran Raupen und Puppen die kalte Jahreszeit überdauern. Wichtig ist auch, einen kleinen Teil der Fläche über den Winter stehen zu lassen und erst im Frühjahr zu mähen.
  • Schneidende Mahdwerkzeuge benutzen: Die Insektenverluste können auf der zu mähenden Fläche reduziert werden, wenn schneidende Mahdwerkzeuge zum Einsatz kommen – also entweder ein selbstfahrender oder ein an einen Traktor montierter Balkenmäher oder eine Handsense. Die derzeit gebräuchlichsten Mähgeräte besitzen Rotationklingen (zu denen auch der Rasenmäher gehört), welche die Vegetation (und die Insekten) mehrfach schneiden, schlagen und zerkleinern, so dass es zu erheblichen Ausfällen bei den Insekten kommt. Diese Technik ist deshalb nicht zu empfehlen. Verwenden Sie auch keine Mulchgeräte, da diese die Vegetation extrem stark zerkleinern und das Mulchgut auf der Fläche belassen. Unter dem Mulchgut kommt es zu Licht- und Luftabschluss und Feuchte fördert die Schimmelbildung. Außerdem kommen unter der Mulchdecke die Keimblätter von Blühpflanzen nicht mehr ans Licht. Das Mahdgut sollte abtransportiert und, wenn möglich, in einer Biogasanlage energetisch genutzt werden. Eine Schnitthöhe von acht bis zehn Zentimetern ist zu empfehlen, weil so am Boden lebende Tiere sowie die Rosetten von Pflanzen und die daran lebenden Entwicklungsstadien der Insekten geschont werden.
  • Mahdgut beräumen: Verbleibt das Mahdgut drei bis sieben Tage auf der Fläche, können Insekten von den gemähten Flächen in benachbarte, nicht gemähte Vegetation ausweichen und sich dort weiter entwickeln. Dies vermindert wiederum die Insektenverluste bei der Mahd.  
  • Ästhetische Gedanken: Da ungemähte Grünflachen im Stadtgebiet bei vielen Bürger*innen das Gefühl auslösen, die Kommune kümmere sich nicht mehr richtig oder komme mit der Pflege nicht hinterher, hat sich als einfache aber wirksame Maßnahme das regelmäßige Mähen eines 1-1,5 Meter breiten Streifens entlang des Weges erwiesen. Dadurch, eventuell in Kombination mit einem Hinweisschild, wird klar, dass die Fläche nicht "ungepflegt" ist, sondern einer so gewünschten und geplanten Maßnahme unterliegt. 
Pflanzbeete

Primeln, Stiefmütterchen und Co. verzieren in vielen Städten Fußgängerzonen oder Mittelinseln. Doch die Zuchtpflanzen bieten kaum Nahrung für Insekten und man muss sie ständig auswechseln. Besser: mehrjährige einheimische Stauden pflanzen! Das spart Arbeit und Geld und hilft Wildbienen und Schmetterlingen beim Überleben.

In fast jeder Gemeinde gibt es Anpflanzungen in Fußgängerzonen und an öffentlichen Plätzen. Oft sind dies Wechselpflanzungen wie zum Beispiel von Primeln und Stiefmütterchen, die im Abstand weniger Monate neu bepflanzt werden. Dieses Vorgehen ist mit einem hohen personellen und finanziellen Aufwand verbunden. Insekten haben in der Regel nicht viel von der künstlichen Blütenpracht, da in den gezüchteten Pflanzen (wie zum Beispiel den Stiefmütterchen) kaum noch Nektar zu finden ist. Solche Pflanzungen lassen sich aber ohne großen Aufwand insektenfreundlich gestalten, in dem sie durch mehrjährige, heimische Stauden ersetzt werden. Diese Umstellung kommt dem Bedürfnis der Bürger*innen nach Blütenreichtum nach und ist zudem wesentlich günstiger im Unterhalt. 

Viele blühende einheimische Stauden müssen nur einmal gepflanzt werden und bleiben dann für mehrere Jahre erhalten. Jäten und Neupflanzung ist nur einmal im Jahr nötig. Um "Unkraut" zu unterdrücken, eignet sich am besten Miscanthus-Mulch. Rindenmulch tendiert dazu, den Boden zu versauern. Pestizide sind nicht notwendig. Wichtig: Schneiden Sie die trockenen Stängel erst im Frühjahr zurück – dann bieten diese den Insekten im Winter guten Unterschlupf. 

Eine Liste mit insektenfreundlichen Stauden finden Sie hier.

Straßenbegleitgrün

Rasenflächen an Straßen sind meist aus Verkehrssicherheitsgründen glattrasiert. Dabei gibt es eine gleichsam insektenfreundliche wie für den Verkehr sichere Möglichkeit, diese Abschnitte zu gestalten: einfach einteilen in einen eher streng gemähten und in einen wildwüchsig gehaltenen Teil. Und schon gibt’s wieder mehr Käfer. 

Als Straßenbegleitgrün bezeichnet man alle zur Straße gehörenden Grasflächen, Gehölze und Hecken. Diese Flächen können wertvolle Lebensräume für Insekten sein, gerade da sie keinem finanziellen Nutzungsdruck unterliegen. Soweit die Verkehrssicherungspflicht der Gemeinde beachtet wird, können sie sehr gut nach ökologischen Gesichtspunkten gepflegt werden.

Das Pflegekonzept sollte grundsätzlich in zwei Zonen eingeteilt sein: Eine Intensivzone, welche vom Fahrbahnrand bis zum Graben reicht, erweitert um Sichtflächen, Mittelstreifen und Rastplätze. Hier ist eine intensive Standardpflege aus Gründen der Verkehrssicherheit und des Wasserabflusses unabdingbar. Von Vorteil ist es, wenn schneidende Mähwerkzeuge wie selbstfahrende Balkenmäher eingesetzt werden und das Mahdgut nach dem Schnitt beräumt wird, um eine Nährstoffanreicherung auf den Flächen zu verhindern.

Für den Rest der Fläche, den Extensivbereich, können ohne Mehraufwand für die Straßenmeisterei naturschutzfachlich abgestimmte Pflegekonzepte angewandt werden. Die dadurch entstehenden und gepflegten Flächen können äußerst wertvoll sein. Hier sollte die Pflege auf das notwendige Maß beschränkt werden. Um vorrückende Gehölze zurückzudrängen, reicht der Schnitt einmal im Jahr. Viele Abschnitte können auch nur alle zwei bis drei Jahre gemäht werden.

Wichtig ist, dass der Schnitt des Extensivbereichs nicht zeitgleich mit dem des Intensivbereichs erfolgt, da sich so Kleintiere während oder nach der Maßnahme in die stehengelassenen Bereiche zurückziehen können. Insofern ist es sinnvoll, den Extensivbereich nach dem zweiten Schnitt des Intensivbereichs im Spätsommer/Herbst zu mähen.

Ist der Extensivbereich breit genug, kann er parallel zur Straße in mehrere Streifen eingeteilt werden, welche zeitversetzt gemäht werden. Diese sollten mindestens zwei Meter breit sein. Auf diese Weise lassen sich differenzierte Bereiche herstellen. Für den Insektenschutz wäre es am besten, wenn jeder dieser Streifen nur alle zwei Jahre gemäht würde.

Kleingärten und Privatgärten

Um Privat-Gärtner*innen für eine insektenfreundliche Gartengestaltung zu gewinnen, braucht es eine gute Kommunikation und Beispielflächen. Legt die Kommune selbst wildblühende Wiesen an und stellt sie Lehrmaterialien oder auch insektenförderliches Saatgut zur Verfügung, spornt das zum Nachmachen an. 

Auch in privaten Außenanlagen liegt riesiges Potential für insektenfreundliche Lebensräume. Während die Gemeinde auf ihre eigenen Flächen direkten Zugang hat, lässt sich auf private Gärten nur über die richtige Kommunikation Einfluss nehmen. Besonders wichtig ist hier auch die Vorbildfunktion der öffentlichen Hand: Wer blühende Bienenweiden an allen Ecken, gepaart mit Informationstafeln und Hilfestellungen findet, wird sich bald auch um den eigenen Garten Gedanken machen.

Die Gemeinde kann unterstützend tätig werden: Informationsveranstaltungen über das neue Stadtbild können auch Lehrmaterial für den Privatgarten enthalten und es können Beratungen angeboten werden. Denkbar ist außerdem eine Bereitstellung oder Teilfinanzierung von regionalem Saatgut und Obstbäumen innerhalb der Gemeinde. Hierfür können auch Fördermittel beantragt werden.

Eine weitere Möglichkeit, Insektenschutz in der Kommune zu verankern, ist die Aufnahme bestimmter Klauseln in die Satzungen von Kleingartenanlagen. Denkbar ist beispielsweise der Verzicht auf Pestizide oder das Bekenntnis zu regionalen Blühpflanzen und insektenfreundlichen Anpflanzungen. Auch in Kleingartenanlagen sind Vorträge und Veranstaltungen zur insektenfreundlichen Gartenpflege sinnvoll. 

Hier finden Sie interessante Informationen, wie die Gemeinde Tänneberg das Thema Artenvielfalt in Gärten vorangebracht hat.

Insektenfreundliche Beleuchtung

Rund eine Milliarde nachtaktive Insekten verenden in Deutschland an Straßenlaternen – pro Tag. Diesen Verlust können Kommunen deutlich senken, indem sie insektenfreundliche Straßenlampen anbringen, Lichtquellen aufs Nötigste verringern und in der Nähe von Biotopen möglichst ganz vermeiden. Da freut sich der Nachtfalter!

Künstliche Lichtquellen sind seit vielen Jahrhunderten ein wichtiger Teil des Alltags der Menschen. Licht bietet Sicherheit in der Nacht, verströmt Behaglichkeit und dient auch immer öfter als Verschönerung. Die Kehrseite der Medaille ist, dass seit der Einführung der Straßenbeleuchtungen im 19. Jahrhundert die Menge an Lichtquellen exponentiell gestiegen ist. In Deutschland stehen inzwischen knapp sieben Millionen Straßenlaternen. Sie werden zu einer tödlichen Falle für Insekten: Forscher*innen der Universität Mainz haben berechnet, dass bis zu eine Milliarde nachtaktive Insekten pro Tag in Deutschland an Straßenlaternen verenden.

Insekten orientieren sich normalerweise an natürlichen Lichtquellen – in der Nacht sind dies nur wenige, wie Sterne oder der Mond. Den meisten Arten reicht dabei schon eine Lichtstärke von nur 0,0015 bis 0,6 Lux. Die Insekten halten einen rechten Winkel zum Mond und können sich aufgrund der großen Entfernung zum Mond so in einer geraden Linie orientieren. Künstliche Lichtquellen sind jedoch um ein Vielfaches heller, näher und überstrahlen natürliche Lichtquellen. Fliegen Insekten an einer Lampe vorbei, orientieren sie sich nun an dieser. Beim Umkreisen der Lampe ändert sich der Flugwinkel dann immer schneller und sie kommen dem Licht unweigerlich immer näher. Irgendwann fallen sie entweder erschöpft zu Boden oder verbrennen an der künstlichen Lichtquelle. 

Ein besonderes Problem stellt der Spektralbereich beziehungsweise die Wellenlänge des verwendeten Lichts dar, quasi die Farbe der Lampe. Die immer noch weit verbreiteten Quecksilberdampf-Hochdrucklampen (HME-Lampen) oder Metallhalogendampf-Hochdrucklampen (HCI-Lampen) sehen für das menschliche Auge weiß aus, da sie im gesamten Spektralbereich von 320-720 Nanometer (nm) strahlen. Unterhalb von 400 nm können Menschen dieses Licht aber nicht mehr wahrnehmen. Nachtfalter beispielsweise nehmen aber Licht im Bereich von 280-600 nm wahr. Insekten werden deshalb von Lampen dieses Typs besonders angelockt. 

Anlockwirkungen unterschiedlicher Lampentypen 

  • (HCI TT) Metallhalogendampf-Hochdrucklampe 3.000-6.500 Kelvin (K): 198-372 Insekten/Nacht
  • (NAV T) Natriumdampf- Hochdrucklampe 2.000 K: 162,9 Insekten/Nacht
  • LED 6.000 K: 74,9 Insekten/Nacht
  • LED 3.000 K: 41,1 Insekten/Nacht

Aus diesem Vergleich wird deutlich, dass Natriumdampf-Hochdrucklampen (NAV T) oder LED-Lampen eine deutlich insektenschonendere Alternative sind. Weitere Untersuchungen haben gezeigt, dass die Anlockwirkung beim Einsatz von Natriumdampf-Niederdrucklampen nochmals niedriger ist. Diese senden fast monochromatisches Licht mit einer Wellenlänge von 590 Nanometer aus. Dies ist weit oberhalb der 380 bis 400 nm, das die meisten Insekten wahrnehmen können. Eine Natriumdampf-Niederdrucklampe ist für Insekten also weniger sichtbar und deshalb nicht so gefährlich, wenn auch nicht völlig unbedenklich. 

Warm-weiße LED-Leuchten bilden zwar ein deutlich breiteres Spektrum ab, aber emittieren ebenfalls nicht unterhalb von 400 Nanometern. Sie sind damit für Insekten nur schwer wahrnehmbar. LED-Lampen haben zusätzlich noch den Vorteil, dass sie bei gleicher Leuchtkraft deutlich weniger Strom verbrauchen. So ist eine Umstellung auf LED-Leuchtmittel nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch sinnvoll und fördert zugleich den Klimaschutz. Durch die Umstellung eines Stadtteils auf LED-Leuchten senkte die Stadt Kiel den Stromverbrauch um ganze 48 Megawattstunden pro Jahr.

Dies gilt auch für den privaten Einsatz: günstige LED-Leuchtmittel mit geringem Stromverbrauch und insektenfreundlichem Lichtspektrum findet man inzwischen in jedem Leuchtmittel-Geschäft. Anders als noch vor einigen Jahren sind diese auch nicht mehr teurer in der Anschaffung und haben außerdem eine längere Lebensdauer als herkömmliche Straßenlampen. Projekte zur Umrüstung auf stromsparende und insektenfreundliche Beleuchtung sind oftmals über verschiedene Geldgeber förderfähig, wie beispielsweise über den Fonds für Regionale Entwicklung der EU (EFRE). 

Der BUND empfiehlt:

  • Insektenfreundliche Leuchtmittel (Natriumdampf-Niederdrucklampen oder bevorzugt LED-Lampen) einsetzen;
  • unnötige Lichtemissionen durch Gehäuse mit Richtcharakteristik vermeiden;
  • Lampen möglichst niedrig anbringen, um eine weite Abstrahlung in die Umgebung zu vermeiden;
  • Lampen verwenden, die nur nach unten strahlen;
  • abgeschlossene Lampengehäuse gegen das Eindringen von Insekten einsetzen;
  • Gehäuse verwenden, deren Oberflächen nicht heißer als 60 Grad Celsius werden;
  • Zeitschaltuhren, Dämmerungsschalter und Bewegungsmelder einbauen.

Insgesamt sollte Außenbeleuchtung sparsam verwenden werden, insbesondere im Nahbereich von insektenreichen Biotopen. Dies hat auch den Vorteil, dass weniger Energie verbraucht wird und die Stromkosten sinken.

Streuobstwiesen

Alte Obstbaumwiesen sind eine Oase der Artenvielfalt. Sie sind blütenreich, bieten viele Unterschlupfmöglichkeiten für Insekten und zur Ernte auch für Menschen einen reichen Tisch. Gemeinden sollten alles daran setzen, bestehende Streuobstwiesen zu erhalten. Bürger*innen sollten bei der Pflege beraten und beim Neuanlegen von Obstbaumwiesen gefördert werden. 

Wenn hochstämmige Obstbäume weitflächig entweder in Reihe oder locker verstreut auf Wiesen oder Äckern angepflanzt sind, spricht man von Streuobstwiesen. Sie werden in der Regel extensiv bewirtschaftet und bieten hunderten von Tier- und Pflanzenarten einen wertvollen Lebensraum auf mehreren Stockwerken. 

Die Wiesen im Unterwuchs werden nur sehr selten gemäht und kaum oder gar nicht gedüngt. So werden sie besonders arten- und blütenreich und bieten Insekten wie Bienen, Hummeln und Schmetterlingen einen reich gedeckten Tisch. Außerdem finden hier durch einen im Jahr meist späten Mahdzeitpunkt Bodenbrüter eine Heimat. Spitzmaus, Feldmaus und Igel profitieren gemeinsam mit Rehen, Hasen und Vögeln vom Fallobst um die Bäume. An den Stämmen der Obstbäume finden sich Flechten und Moose, in der Rinde leben Käfer. Auch morsche Stellen im Holz werden von totholzbewohnenden Insekten genutzt. In den Baumhöhlen finden Singvögel und Spechte einen Nistplatz. Auch Fledermäuse nutzen Spalten und verlassene Höhlen als Quartier. Die Baumspitzen werden von diversen Brutvögeln bewohnt, auch Garten- und Siebenschläfer suchen hier nach Nahrung. Freistehende Äste dienen Greifvögeln als Ansitz bei der Jagd auf Mäuse.

Was können Sie tun?

Streuobstwiesen sind in vielen Gegenden selten geworden, da sie nicht die gleichen Erträge wie Hochleistungs-Obstplantagen bringen. Wichtig ist, die noch bestehenden Streuobstwiesen unbedingt zu erhalten, denn gerade die alten Bäume sind von hohem ökologischen Wert. Hier kann die Gemeinde bei der Pflege unterstützen, beispielsweise durch den Verleih von Maschinen (Balkenmähern) oder indem sie kostenlose Kurse zum Obstbaumschnitt anbietet. Wichtig ist, dass die Mahd den ökologischen Grundsätzen zur Pflege von Grünfläche folgt (s. Punkt "Grünflächen").

Die Gemeinde kann Kooperationen zu Schäfer*innen vermitteln, um die Wiesen kurzzeitig beweiden zu lassen, Unterstützen kann sie auch beim Vermarkten der Produkte (von Säften, frischem Obst, Schnäpsen, Schafwolle und -fleisch etc.). Die Neuanlage von Streuobstwiesen befördert die Gemeinde, indem sie ihre Bürger*innen dazu berät und Zuschüsse für junge Bäume gewährt. Die Kommune kann natürlich auch selbst tätig werden. So eignen sich beispielsweise Streuobstwiesen im Rahmen von Kompensationsmaßnahmen hervorragend zur ökologischen Aufwertung ehemals intensiv genutzter Wiesen und Äcker.

Friedhöfe

Friedhöfe sind oft die größten Grünflächen in Gemeinden und sollten für ihre Besucher*innen in einem gepflegten Zustand sein. Das schließt den Insektenschutz jedoch nicht aus. Die Artenvielfalt wird zum Beispiel erhöht, indem man insektenunfreundliche, große Kiesflächen zu Wiesen oder Staudenbeeten umwandelt und auf Pestizide verzichtet.

Friedhöfe sollen Orte der Stille und des Gedenkens sein. Hierzu gehört für die meisten Menschen auch ein gepflegtes Erscheinungsbild. Dieses schließt eine ökologische angepasste und insektenfreundliche Bewirtschaftung jedoch nicht aus. Häufig sind Friedhöfe neben Parks die größten Grünflächen einer Gemeinde. Insbesondere alte Friedhöfe mit altem Baumbestand sind in dicht besiedelten Gebieten die Bereiche mit der höchsten Artenvielfalt, gleichzeitig ist der Besucherdruck in der Regel wesentlich geringer als in öffentlichen Parkanlagen.

Um das Potenzial von Friedhöfen zu nutzen und die Artenvielfalt weiter zu fördern, gibt es eine Vielzahl von Möglichkeiten, denn Friedhöfe vereinen verschiedenste Lebensräume: Wiesen, Hecken, alte Bäume, Brachen, alte Gemäuer und blühende Beete (siehe auch Abschnitt "Pflanzbeete").

Eine einfache, aber dennoch wichtige Maßnahme für den Insektenschutz ist der Verzicht auf Pestizide auf Wegen, Parkplätzen und Beeten sowie die Aufforderung an die Besucher*innen, bei der Grabpflege das Gleiche zu tun. Größere temporär ungenutzte Bereiche lassen sich mit regionalem Saatgut in Blühflächen umwandeln. Das spart Arbeit in der Pflege und bietet Nahrung für tausende Insekten.

Immer noch findet man auf Friedhöfen große repräsentative Kiesflächen. Diese sind Wüsten für heimische Insekten. Wege sollten so schmal wie notwendig gestaltet sein, der Rest der Flächen kann zu Staudenbeeten oder Blühwiesen umgestaltet werden. Das Mahdregime auf Flächen, die nicht täglich betreten werden, kann zudem ähnlich dem auf anderen öffentlichen Flächen sein (s. Abschnitt "Grünflächen").

Die Abgrenzung des Geländes sowie die Aufteilung innerhalb des Friedhofs lassen sich mit Hecken aus heimischen Gehölzen bepflanzen. Das Laub der Bäume sollte zudem im Herbst nicht überall entfernt werden, es bietet im Winter vielen Insekten Unterschlupf und Nahrung.

Landwirtschaftliche Flächen und Pachtflächen

Landwirtschaftliche Flächen sind nachweislich reicher an Insekten, wenn sie ökologisch und ohne Pestizide bewirtschaftet werden. Kommunen können eine schonende Bewirtschaftung fördern, indem sie entsprechende Klauseln in die Pachtverträge einfügen. Dafür gibt es bereits gute Beispiele. Einfach nachmachen!

Landwirtschaftlich genutzte Flächen spielen eine besonders wichtige Rolle für Insekten. Äcker und Wiesen sind in der Regel wesentlich größer als andere kommunale Grünflächen und bieten daher potenziell einer wesentlich größeren Zahl von Insekten einen Lebensraum. Andererseits werden in der konventionellen Landwirtschaft auch größere Mengen an Pestiziden und Insektiziden eingesetzt – einer der Hauptgründe für den starken Rückgang von Insekten. Auch, wenn die Kommune selbst keine Landwirtschaft betreibt, gibt es einige Stellschrauben, um die Landwirtschaft in und um die Kommune insektenfreundlicher zu machen.

Ein bewährter Ansatz, der bereits von vielen Gemeinden genutzt wird, ist die Aufnahme einer Klausel in Pachtverträge mit Landwirt*innen. Diese kann entweder das Verbot des Einsatzes aller oder bestimmter Pestizide (Glyphosat und Neonikotinoide) enthalten, oder eine Verpachtung nur an Bio-Landwirte. Ökologischer Landbau hat erwiesenermaßen einen äußerst positiven Effekt auf die Biodiversität in der Landschaft – und damit auch auf Insekten.

Auf Grünland kann die extensive Nutzung im Pachtvertrag festgeschrieben werden, also kein mineralischer Dünger, spätere und seltenere Mahd oder eine Beweidung mit traditionellen Weidetieren wie Schafen, Ziegen und einheimischen, alten Rinderrassen. Auch die Verpflichtung zu größeren Saatabständen, Blühflächen, Schutzmaßnahmen für Lerchen, Feldhamster und Rebhuhn oder zur Pflanzung von Bäumen oder Hecken sind denkbar. Diese Vorgaben können nach und nach bei der Vergabe neuer Pachtverträge eingeführt werden, da bereits bestehende Verträge in der Regel Bestandsschutz haben.

Entsprechende Beispiel-Pachtverträge finden Sie unter: www.pestizidfrei-verpachten.de

Gehwege

Um Löwenzahn zwischen Kopfsteinpflastern zu entfernen, gibt es für Insekten (und für die Anwohner*innen) viel gesündere Verfahren als mit der Giftspritze anzurücken. Das Kraut kann mit großer Hitze abgetötet oder auch mit Bürsten weggekratzt werden. Entsprechende Geräte gibt es für den Hausgebrauch und auch passend für kommunale Fahrzeuge.

Gehwege, ob gepflastert oder asphaltiert, müssen aus Gründen der Verkehrssicherung von Bewuchs frei gehalten werden. Obwohl das Pflanzenschutzgesetz grundsätzlich das Ausbringen von Pestiziden auf befestigten Flächen wie Gehwegen und Plätzen verbietet, werden hierfür häufig Ausnahmegenehmigungen durch die zuständigen Landesbehörden erteilt.

Durch Pestizide werden in der Regel nicht nur die ungewünschten Wildkräuter abgetötet, sondern auch Kleininsekten. Überleben sie die Behandlung, besteht die Gefahr, dass sie von Vögeln oder Reptilien gefressen werden und sich die Gifte so weiter oben in der Nahrungskette ablagern. Dabei stehen zum Kampf gegen den sogenannten "Unkrautdruck" auf gepflasterten Flächen zahlreiche nichtchemische Alternativen zur Verfügung.

Einteilen lassen sich diese nichtchemische Verfahren in zwei Gruppen: in thermische und in mechanische Verfahren. Die thermische Unkrautentfernung erfolgt durch starke Hitze auf die Pflanzen, entweder in Form von Wasserdampf und Heißwasser, von Infrarot oder durch direktes Abflammen. Der Effekt ist immer der Gleiche: Durch die starke Hitze (von mehr als 90 Grad Celsius) gerinnt das Eiweiß in den Zellen der Pflanzen; gleichzeitig bringt die sich ausdehnende Zellflüssigkeit die Zellen zum Platzen. Die behandelten Pflanzenteile sterben sofort ab, durch wiederholte Behandlungen ist bei mehrjährigen Unkräutern auch eine Wurzelwirkung gegeben.

Die mechanische Unkrautentfernung funktioniert in der Regel durch rotierende Drahtbürsten, welche die Pflanzen aus den Zwischenräumen herauskratzen. Auch diese Geräte lassen sich an Fahrzeuge anbauen. Für beide Verfahren existieren Lösungen zum Anbau an kommunale Fahrzeuge (Kleinschlepper oder ähnliches) sowie Handgeräte für den Hausgebrauch. Sie benötigen keine Ausnahmegenehmigung nach dem Pflanzenschutzgesetz. Der BUND empfiehlt den Kommunen als umweltverträglichste Alternative den Einsatz von mechanischen Verfahren.

Eine gute Zusammenstellung von verfügbaren Geräten gibt es hier.

Straßenbäume

Vor allem alte Straßenbäume verbessern die Luft sowie das Klima in der Stadt und reduzieren den Lärm. Für das Wohlbefinden der Bevölkerung sind sie somit essenziell. Ebenso für Insekten. Kommunen sollten den Schutz und die Pflege alter Baumbestände an allererste Stelle setzen – und dort, wo irgend möglich, zusätzlich neue Bäume pflanzen.

Bäume finden sich in jeder Stadt oder Gemeinde. Sie säumen Straßen und Plätze und bilden auf dem Land an Straßen Alleen. Gerade in dicht bebauten Innenstädten erfüllen Bäume äußerst wichtige (nicht nur) ökologische Funktionen.

Straßenbäume, als herausragende natürliche Elemente im Straßenraum, unterliegen in der Zahl zwar den Park- und Gartenbäumen, haben für die Stadt aber wegen ihrer Exponiertheit eine besonders große Bedeutung: Sie sind im alltäglichen Leben unmittelbar erlebbar, sie spenden in heißen Sommern Schatten, schützen vor Wind und Regen, lassen die Jahreszeiten erleben und sind Lebensort für unzählige Tiere und in ihren Baumscheiben auch für weitere Pflanzen. Außerdem wirken Bäume wie kleine Klimaanlagen in der Stadt: Sie senken nachweisbar die Umgebungstemperatur um bis zu zehn Grad. Dies geschieht durch die Überschattung großer Bereiche und indem die Bäume Wasser über ihre Blätter verdunsten.

Bäume verringern auch die Schadstoffbelastung in der Luft. Feinstaub lagert sich auf den Blättern ab und wird später vom Regen in die Kanalisation befördert, wo er nicht mehr gefährlich ist. Bäume nehmen auch Stickoxide in ihre feinen Blattöffnungen auf. Indem Bäume der Luft Kohlendioxid entnehmen und Sauerstoff ausstoßen tragen sie zur gesunden Luft in der Stadt und zum Klimaschutz bei. Mit ihren dicht belaubten Kronen schwächen Laubbäume zudem vor allem im Sommer die Schallreflexion zwischen den Häuserfronten ab. Die Stadt wird also durch sie ruhiger. Und: Lärm wird als weniger belästigend empfunden, wenn Lärmquellen zum Beispiel durch Bäume, verdeckt sind.

All dies macht Bäume für viele Stadtbewohner*innen zu einem Kristallisationspunkt für städtisches Wohlbefinden und Naturschutzbewusstsein. Gleichzeitig ist die Stadt für den Baum aber auch ein extremer Standort: Durch die versiegelte und stark verdichtete Oberfläche kommt wenig Wasser bis an die Wurzeln, die Abwärme und Strahlung von Bauwerken erhöht die Umgebungstemperatur. Häufig ist auch das Wurzelwachstum durch Pflanzgruben eingeschränkt. Mangelnde Pflege durch die zuständigen Ämter und schlechte Behandlung bei Baumaßnahmen ist ein weiterer Reibungspunkt.

Da Bäume bis zur vollen Entfaltung ihrer Wohlfahrtswirkungen Jahrzehnte benötigen, ist dem Schutz alter Bäume absoluten Vorrang vor Nachpflanzungen einzuräumen. Ein ernsthafter städtischer Naturschutz setzt sich dafür ein, dass Straßenbäume samt ihrer Baumscheiben erhalten bleiben und gepflegt werden. Das befriedigt auch das wichtige Bedürfnis der Bewohner*innen nach unmittelbarem Naturerleben.

Wir empfehlen:

  • Straßenbäume sollten durch bessere Pflege und schonendere Behandlung bei jeglicher Art von Bauprojekten im kommunalen Raum erhalten bleiben;
  • Baumschutzverordnungen bzw. -satzungen sollten so gestaltet und umgesetzt werden, dass sie den Baumbestand effektiv sichern;
  • durch ein kommunales Baumkataster sollte der Bestand ermittelt und dessen Entwicklung dokumentiert werden;
  • an neu angelegten Straßen und – wo irgend möglich – an existierenden, baumlosen Straßen sollten neue Bäume gepflanzt werden;
  • in besonders heißen und trockenen Sommer sollten die Bürger dazu aufgefordert werden, mit dem Gießen der Bäume zu helfen.

Bei Neupflanzungen muss entsprechendes Augenmerk auf die Auswahl der Baumarten gelegt werden. Diese sollten dem Stadtklima (das dem Klimawandel besonders stark ausgesetzt werden sein wird) angepasst sein und den höheren Temperaturen, Trockenperioden und Belastungen durch Abgase standhalten können.

Allerdings Vorsicht bei Exoten: Viele standortfremde Baumarten sind zwar eventuell resistenter gegenüber Hitzestress. Allerdings finden einheimische Insekten dort kaum Lebensraum. Auch invasive Insektenarten haben oft keine natürlichen Feinde, wodurch sie sich zahlreich vermehren können und viele Kommunen nur noch Insektizide als Ausweg sehen. Bei Neupflanzungen von Straßenbäumen sollte deshalb eher auf heimische Arten wie Traubeneiche, Esche oder Winterlinde gesetzt werden.

Umfangreiche Informationen zum Thema finden sich bei der Bayerischen Landesanstalt für Wein- und Gartenbau, die seit vielen Jahren Studien zum Thema Stadtgrün durchführt.

Weitere Informationen gibt es auch hier.

Spielplätze, Sportplätze und Schulhöfe

Dort, wo Kinder sich aufhalten, muss der Einsatz von Pestiziden tabu sein. Ein naturnaher Schulhof, Spielplätze gesäumt von Obstbäumen oder wildwüchsige Blumenwiesen an Sportplätzen: Das alles hilft nicht nur den Insekten, sondern es ist ein zentraler Baustein, um den Kindern und auch ihren Eltern die Natur näher zu bringen. Los geht’s!

Orte, an denen sich unsere Kinder aufhalten, sollten sicher und frei von Gift sein. Sie bieten großes Potenzial für Umweltbildung, und zwar nicht nur für Kinder und Jugendliche: Schüler*innen tragen Gelerntes zu den Eltern weiter und auf dem Spielplatz können die Erwachsenen sich beim Warten auf die Kleinen informieren.

Ein erster Anfang ist gemacht, wenn der Schulhof pestizidfrei gepflegt wird. Dies ist auch leicht zu vermitteln: Wer will schon Gifte dort, wo unsere Kinder spielen? Aber Schulhöfe bieten noch viel mehr Möglichkeiten der ökologischen und Insektenfreundlichen Gestaltung. Generell gilt: Umso grüner und wilder, umso mehr können Kinder und Jugendliche den Ort nutzen, um Naturerfahrungen zu machen und eigene Abenteuer zu erleben. Versiegelte Flächen können aufgebrochen werden, regionale Stauden und Hecken sowie Bäume als Schattenspender gepflanzt werden. Tolle Konzepte finden sich auch unter dem Stichwort "Essbarer Stadt" oder "Essbarer Pausenhof", wo die Voraussetzung bei jeder Neupflanzung die Essbarkeit der Früchte der Pflanzen ist. Ein guter Kontakt zum Hausmeister oder der Hausmeisterin sind hierbei wichtig.

Naturnahe Schulhöfe sind auch grüne Klassenzimmer. Im Biologieunterricht lassen sich zusammen mit den Schüler*innen tolle Projekte mit Insekten entwickeln, von der Beobachtung bis zur Herstellung von geeigneten Lebensräumen auf dem Schulgelände. Hilfe bei der Umsetzung eines grünen Schulhofs bietet z.B. die Beratungsstelle "Grün macht Schule".

Neue Blühflächen auf alten Brachen

Aus etwas Altem, Unschönem, Ungenutztem etwas Blühendes, Lebendiges und Schönes zu machen, ist für jede Kommune ein Gewinn. Brachen, Außenflächen von öffentlichen Gebäuden und kleine "Flurschnipsel" können ohne großen Aufwand in bunte Wildblumenwiesen verwandelt werden. Ein Genuss fürs Auge und für Insekten.

Ungenutzte Flächen im Kommunalgebiet, die nicht betreten oder befahren werden müssen, lassen sich ohne großen Aufwand in bunte Blühflächen umwandeln. Sie verschönern so nicht nur das Stadtbild, sondern sind auch äußerst wichtige Nahrungs- und Nistplätze für Tausende von Insekten. Flächen, die hierfür geeignet sind, gibt es bei genauerem Hinsehen zur Genüge: kleine "Flurschnipsel" zwischen Verkehrsflächen und auf Kreiseln, Brachen in Gewerbegebieten oder Außenanlagen von öffentlichen Gebäuden. Auch Ackerränder und Gewässerrandstreifen eignen sich hierfür.

Wichtig bei der Anlage ist eine gute Vorbereitung des Saatbettes. Dieses muss völlig frei von "Unkraut" sein, da dieses die weniger konkurrenzstarken Blühpflanzen verdrängen würde. Die Entfernung sollte mechanisch erfolgen, danach der Boden locker umgearbeitet werden. Der Boden sollte zudem trocken (keine Staunässe) und möglichst nährstoffarm sein. Im Falle eines zu hohen Nährstoffgehalts empfiehlt es sich, die oberen zehn Zentimeter des Bodens abzutragen und durch die Zugabe von Sand auszumagern. Nach einer kurzen Ruhephase von drei bis vier Wochen kann die Fläche erneut leicht umgearbeitet und nachkeimende Beikräuter entfernt werden.

Im Frühjahr kann dann das Saatgut ausgebracht werden. Es sollte möglichst regionales Saatgut eingesetzt werden. So wird eine Florenverfälschung – also die Ausbreitung gebietsfremder Arten – verhindert und die ansässige Insektenfauna erhält zum richtigen Zeitpunkt ihre Nahrung. Geeignete Anbieter hierfür sind beispielsweise Rieger-Hoffmann oder Zeller. Die Samen sollten oberflächlich ausgebracht werden und dann mit Walze oder Trittbrett leicht festgedrückt werden. Während der Keimung (bis zu vier Wochen) sollte die Fläche nicht austrocknen.

Die spätere Pflege der Blühfläche ist denkbar einfach. Nach der Blüte sollten die vertrockneten Stängel und Samenstände stehengelassen werden, sie dienen Wintervögeln als Nahrung und Insektenlarven als Kinderbett und Überwinterungsplatz. Im März können die trockenen Überreste dann entfernt und auf dem Kompost entsorgt werden. Sie sollten keinesfalls gehäckselt werden, damit sich die darin befindlichen Larven weiterentwickeln können. Muss eine Fläche schon vor dem Winter gemäht werden, sollte zumindest ein Teil davon stehen bleiben.

Durch die Kombination aus einjährigen und mehrjährigen Stauden sowie den verschiedenen Blühzeitpunkten verändert sich die Zusammensetzung der Blühfläche ständig. Wird der Unkrautdruck nach einigen Jahren zu hoch, kann neu umgegraben und eingesät werden.

Gewässerschutz und -renaturierung

Gewässer und ihre Ufer wirken als Frischluftschneisen in Städten. Sie sind – wenn zugänglich – perfekte Erholungsräume für die Bürger*innen und bieten den viefältigsten Tierarten wichtigen Lebensraum. Kommunen sollten schädliche Einträge in Gewässer stoppen, Ufer naturnah und offen für Besucher gestalten und dort von Bebauung absehen.

Fließ- und Stillgewässer stellen besonders vielfältige aber auch empfindliche Lebensräume innerhalb der Kommune dar. Gleichzeitig bieten Gewässer große Chancen für die Entwicklung naturnaher Räume innerhalb des Stadt- oder Gemeindegebiets, da sie in der Regel keinem so hohen Nutzungsdruck unterliegen. Für Insekten sind stehende Gewässer ein wichtiger Lebensraum. Viele Arten legen hier ihre Larven ab. Insektenlarven stehen wiederum auf dem Speiseplan vieler Süßwasserfische. Gerade innerhalb besiedelter Bereiche belasten jedoch hohe Schadstoffeinträge die Gewässer und ihre Bewohner. Zudem sind Begradigung, Uferbefestigung und bei größeren Gewässern auch der Schiffsverkehr keine idealen Voraussetzungen für das Wasserleben.

Unter den städtischen Gewässern finden sich neben seltenen Teilen der ursprünglichen Naturlandschaft vor allem Teiche, Kanäle und begradigte und befestigte Flüsse. In diesen städtisch überprägten Bereichen gilt es, die Erholungsfunktion für die Bürger*innen und den natürlichen oder naturnahen Zustand der Gewässer zu sichern beziehungsweise herzustellen. Hierbei sind die Anforderungen der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) eine gute Unterstützung, da sie die Aufmerksamkeit nicht nur auf die Qualität des Wasserkörpers, sondern auch auf die Qualität der Gewässerufer und ihrer Umgebung lenkt. Diese Uferbereiche verbinden Biotope miteinander, puffern Einträge ins Gewässer ab, wirken als Frischluftschneisen und ermöglichen auch Grünverbindungen für Fußgänger*innen und Radfahrer*innen.

Maßnahmen, um den Zustand von Gewässern und ihren Uferbereichen zu verbessern, können beispielsweise sein:

  • Fließgewässer renaturieren;
  • Uferbereiche von Bebauung und Versiegelung grundsätzlich freihalten;
  • Gewässerufer einer schonenden öffentlichen Nutzung zugänglich machen;
  • Biotopverbindung zwischen unterschiedlichen Gewässern herstellen;
  • Querbauwerke beseitigen oder – wenn das nicht möglich ist – Fischtreppen und anderen Hilfen für Otter und Biber einbauen;
  • Gewässerrandstreifen in landwirtschaftlich genutzten Bereichen von mindestens zehn Metern beidseitig vorschreiben. Diese Streifen sollten als extensives Grünland genutzt werden, Pestizide und chemische Dünger müssen hier tabu sein;
  • neue Inseln in offenen Gewässern im Stadtbereich schaffen und deren Natur sich selbst überlassen. Die Inseln sind störungsarme Freiräume für Pflanzen und Tiere und verschönern gleichzeitig als natürliche Kulisse die Aussicht vom verbauten Ufer.
Hecken und Knicks

Hecken bieten Insekten und Vögeln oft die einzige Unterschlupfmöglichkeit gerade in dicht bebauten Stadtteilen mit hohem Verkehrsaufkommen. Auch in der inzwischen ausgeräumten Agrarlandschaft sind Hecken für den Artenschutz zentral. Um Insekten und Vögel zu schützen, sind wichtige Regeln beim Schnitt der Hecken zu beachten.

Hecken sind seit Jahrhunderten wichtige Bestandteile unserer Kulturlandschaft und bieten tausenden Vögeln, Insekten und anderen kleinen Tieren Nahrung, Schutz und Lebensraum. Sie stellen außerdem einen wichtigen Teil der kleinräumigen Vernetzung verschiedener Lebensräume dar. Hecken bieten Schutz vor Wind und Erosion, gliedern die Landschaft und fördern den biologischen Pflanzenschutz. Sie sind also als Lebensadern in unserer Landschaft echte ökologische Alleskönner. (Weitere Informationen zu den ökologischen Funktionen von Hecken finden Sie hier.)

Auch in Städten finden sich viele Hecken. Hier sind sie als Lebensräume für Vögel und Insekten von besonders wichtig, da sie oft der einzige Unterschlupf in der Umgebung sind. In ländlichen Gemeinden gehören Hecken entlang kommunaler Feldwege seit Jahrhunderten zum Landschaftsbild. Bestehende Hecken genießen als Landschaftselemente den Schutz vor teilweiser und vollständiger Zerstörung (unter anderem durch die Agrarzahlungen-Verpflichtungenverordnung und durch das Bundesnaturschutzgesetz, BNatschG).

Außerdem können sie als geschützte Biotope eingestuft sein. Dennoch sind in den vergangenen Jahrzehnten zahlreiche Hecken der Säge zum Opfer gefallen, insbesondere die Flurbereinigung hat diesbezüglich oftmals große Schäden angerichtet. Die Neuanlage von Hecken ist daher, neben dem unbedingten Erhalt der bestehenden Hecken, dringend notwendig. Eine besondere Form der Hecke in Norddeutschland sind die sogenannten Knicks, die auf einem Erdwall verlaufen.

Damit eine Hecke dauerhaft ein hochwertiger Lebensraum bleiben kann, muss sie im Abstand von 15 bis 25 Jahren gepflegt werden. Das bedeutet, sie im Winterhalbjahr abschnittsweise "auf den Stock zu setzen" (also ca. 30 bis 40 Zentimeter über dem Boden abzuschneiden). Allerdings sollten nie mehr als 20 Meter beziehungsweise 20 Prozent der Hecke auf einmal beschnitten werden. Einzelne ältere Gehölze sollten komplett stehen bleiben, insbesondere solche, bei denen der Wiederaustrieb unwahrscheinlich ist (zum Beispiel Eichen). Das Schnittgut sollte idealerweise an Ort und Stelle verbleiben. Ein Schnitt darf außerdem nur zwischen September und März geschehen, das BNatschG verbietet in der Zeit vom 1. März bis 30. September Hecken "abzuschneiden oder auf den Stock zu setzen". Das gilt auch für "lebende Zäune, Gebüsche und andere Gehölze". Ein starker Rückschnitt ist in diesem Zeitraum also nicht möglich.

Bei der Neuanlage von Hecken ist das Hauptaugenmerk auf den Standort und die Zusammensetzung der Arten zu richten. Kann anhand historischer Bilder oder Karten ein ehemaliger Heckenstandort ausgemacht werden, ist eine Neupflanzung an dieser Stelle in der Regel auch sinnvoll. Die verwendeten Arten sollten möglichst heimische Arten sein und aus einer regionalen Baumschule stammen, um später auch zur richtigen Zeit als Futter für Vögel und Insekten zur Verfügung zu stehen. Gute Informationen zur Pflege und Neuanlage von Hecken finden sich hier und hier. Denkbar ist bei ausreichender Breite der Fläche auch eine Kombination von Hecke und Blühstreifen, um die Attraktivität für Insekten zur erhöhen. Das sorgt auch für zusätzliche Nahrung für Vögel.

Wegränder in der Landwirtschaft in kommunaler Verantwortung

Wegränder in der Landwirtschaft liegen wie die Wege selbst in Verantwortung der Kommunen. Gleiches gilt für Gewässer und ihre Randstreifen. Der BUND hat berechnet, dass die Fläche aller Weg- und Gewässerränder in Deutschland rund 6.000 Quadratkilometer beträgt. Eine enorm große Fläche, auf der Kommunen den Insektenschutz voranbringen können.

Noch zur Mitte des vergangenen Jahrhunderts bot die Kulturlandschaft Mitteleuropas vielfältigste Lebensräume (in der Fachsprache: Habitate) für eine große Zahl von Tier- und Pflanzenarten. Mit der zunehmenden Industrialisierung der Landwirtschaft und der damit einhergehenden Ausbreitung großflächiger Monokulturen wurden diese Habitate jedoch stark verkleinert und voneinander getrennt.

Für das Überleben von Insekten in dieser "aufgeräumten" Kulturlandschaft sind Feld- und Wegraine (also die schmalen und ungenutzten Streifen entlang von Feldwegen und zwischen Feldern) sowie die Ufer von Gewässern von großer Bedeutung. Deren Bewirtschaftung liegt in der Verantwortung der Kommunen – ein perfektes Feld also für Gemeinden, um den Insektenschutz voranzubringen.

Eine grobe Abschätzung der Flächen dieser Feld- und Wegraine sowie der sogenannten Gewässerrandstreifen ergibt sich aus dem Datensatz von Open Street Maps, einer frei nutzbaren Internetplattform, auf der Geodaten gesammelt, strukturiert und für Jede*n zugänglich gemacht werden. Aus dieser öffentlichen Datenbank lässt sich eine Länge des landwirtschaftlichen Wegenetzes in Deutschland von 1.099.795 Kilometern abmessen. Nimmt man einen zwei Meter breiten Wegrain auf jeder Seite des Weges an, ergibt das bereits 4.399 Quadratkilometer Wegraine. Zählt man hierzu noch Gewässerrandstreifen von fünf Metern Breite beidseitig der 140.000 Kilometer langen Gewässer, kommen 1.400 Quadratkilometer Fläche für den kommunalen Insektenschutz hinzu. Zusammen ergibt dies 5.799 Quadratkilometer, was 1,6 Prozent der Landesfläche Deutschlands entspricht. Diese Rechnung gibt natürlich noch keine Auskunft über den jeweiligen Zustand der Flächen, kann jedoch als Abschätzung für das Potenzial dieser Flächen dienen.

Trotz ihrer häufig geringen Breite bieten Feld- und Wegraine sowie Gewässerrandstreifen diversen Tier- und Pflanzenarten einen perfekten Schutz, soweit sie nicht vom Pestizid- und Düngereinsatz der umliegenden Landwirtschaft betroffen sind. Eine vielfältige Struktur aus Gräsern, Stauden, kleinen Gebüschen oder Einzelbäumen schafft Nischen für eine große Artenvielfalt. Hier leben "Nützlinge" wie zum Beispiel blattausfressende Käfer und Wespen, die von den Wegrändern aus Schädlingen in den Kulturflächen nachstellen. Der Randstreifen leistet so einen wichtigen Beitrag zur ökologischen Schädlingsbekämpfung.

Leider fallen diese schmalen, sogenannten Saumbiotope heute häufig Stück für Stück dem Pflug zum Opfer oder werden mit Pestiziden "behandelt". Um diese verlorengegangen Lebensräume zurückzugewinnen, lohnt es sich, Luftbilder und Kataster anzuschauen und dann gemeinsam mit Landwirt*innen und engagierten Naturschützer*innen vor Ort ein Konzept zu ihrem Schutz beziehungsweise zu ihrer Renaturierung zu entwickeln. Der BUND hat dazu einen Ratgeber geschrieben.

Wälder

Wälder, in denen alte Bäume stehen und totes Holz liegen bleiben darf, sind wahre Hotspots der Insektenvielfalt. Die Krabbeltiere verstecken sich im Totholz, zersetzen dieses nach und nach und schaffen so einen fruchtbaren Waldboden für nachwachsende Bäume. Kommunen sollten alles dafür tun, dass Bäume in Würde altern und sterben dürfen.

Fast jede Gemeinde besitzt neben anderen landwirtschaftlich nutzbaren Flächen auch Wald. In der Regel ist das der sogenannte Körperschaftswald. In Deutschland sind das ungefähr 20 Prozent der Waldfläche. Im Kommunalwald hat jede einzelne Gemeinde im Rahmen der verfassungsmäßig garantierten kommunalen Selbstverwaltung das Recht, eigene Ziele für die Bewirtschaftung zu setzen. Viele, vor allem größere Städte, setzen daher die Erholungsnutzung ihrer Wälder für die eigenen Bürger*innen an erste Stelle. Andere, vor allem kleinere ländliche Gemeinden, sind auf möglichst hohe laufende Einnahmen aus der Waldbewirtschaftung angewiesen. Allen kommunalen Forstbetrieben ist jedoch gemeinsam, dass sie auf Gemeindeflächen dem Allgemeinwohl mehr Aufmerksamkeit schenken müssen als dies bei Privatwaldbesitzer*innen der Fall ist.

Wälder sind wichtige Lebensräume für Zehntausende Insektenarten. Einige davon sind bei Förster*innen eher ungern gesehen, wie zum Beispiel der Buchdrucker-Borkenkäfer oder der giftige Eichenprozessionsspinner. Doch alle Insekten halten das Ökosystem Wald zusammen. Besonders wichtig ist, dass Insekten organisches Material zersetzen. Ohne Insekten sähe man buchstäblich vor lauter toten Bäumen den Wald nicht mehr. Das Problem: Da der Großteil der Wälder forstlich genutzt wird, bleibt kaum starkes Totholz, also dickere Stämme, am Boden liegen. Auch stehende tote Bäume findet man heutzutage kaum. Gerade diese bieten aber vielen Insekten und insbesondere Käfern wichtige Lebensräume. Auch Vögel und kleine Säugetiere profitieren von totem Holz.

Da die meisten Bäume im Alter zwischen 70 bis 100 Jahren für Holzverkäufe gefällt werden, gibt es kaum Bäume, die in Würde alt werden können. In solchen Bäumen leben hunderte Tiere und Pflanzen, sie sind die Hotspots der Biodiversität in einem Wald. Besonders wichtige Biotope sind auch die Waldränder. Dort, wo Wald Stück für Stück in Offenland übergeht, finden Insekten Lebensraum und Nahrung. Mehr Informationen hierzu finden sich hier.

Um Insekten in kommunalen Wäldern zu schützen, empfiehlt der BUND:

  • Tothölzer möglichst im Wald belassen, insbesondere starkes Totholz und stehendes Totholz,
  • Rückegassenabstände von mindestens 40 Metern,
  • alte und artenreiche Bäume stehen lassen,
  • Holzvorrat erhöhen, also insgesamt mehr Bäume erhalten,
  • kein Kahlschlag,
  • auf Pestizide verzichten,
  • zehn Prozent der Waldfläche als Naturwald belassen,
  • Waldränder offen gestalten.

Ratgeber "Insekten schützen leicht gemacht!"

Alle auf dieser Seite genannten Tipps finden Sie auch in gedruckter Form im BUND-Ratgeber "Insekten schützen leicht gemacht!".

Der Ratgeber beweist, dass es nicht schwer ist, Lebensräume für Insekten zu schaffen und dass dies häufig nur kleine Umstellungen in den jährlichen Arbeitsabläufen bedeutet. Doch die positive Wirkung der Schutzmaßnahmen ist groß – und zwar für alle Bewohner*innen der Kommune.

Deswegen: Machen Sie mit! Machen Sie Ihre Stadt zu einer bunten Insel der Artenvielfalt!

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Ratgeber: Insekten schützen! Eine Anleitung für Garten, Haus und Alltag

Obwohl Insekten essentiell für unser Ökosystem sind und deswegen eine besondere Art des Schutzes der Menschen benötigen würden, schrumpfen die Anzahl und Vielfalt der Insekten weltweit.

Dies liegt an dem Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft und daran, dass der Lebensraum von Insekten immer weiter eingeschränkt wird.

Deswegen fordert der BUND, dass die Politik hier eingreift und diesem fatalen Trend der letzten Jahre entgegensteuert, indem sie die Artenvielfalt schützt und den Einsatz von Pestiziden durch schärfere Auflagen unterbindet.

Doch auch jede*r Einzelne von uns kann etwas dazu beitragen, das Insektensterben aufzuhalten. Was genau das ist, erfahren Sie in diesem Ratgeber.

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