Eine kleine Wildbienenkunde

Bienenstich, Bienenwachs, Honig und Biene Maja: Die Honigbiene kennt jedes Kind. Aber in Deutschland leben auch über 560 verschiedene Wildbienenarten, die wilden Verwandten der Honigbiene. Dazu gehören die Hummeln, Pelz-, Zottel-, Sand- und Seidenbienen und eine Vielzahl von kleinen und unscheinbaren Arten, die man leicht mit Fliegen oder Wespen verwechseln kann.

Wildbienen – ihre Lebensräume, Nahrung, Feinde

Seidenbienen-Männchen auf der Blüte einer Magerwiesen-Margerite; Foto: Naturbildarchiv Günter Hätten Sie es erkannt? Ein Seidenbienen-Männchen auf der Blüte einer Magerwiesen-Margerite.  (Naturbildarchiv Günter)

So groß die Vielfalt unter den Wildbienenarten auch ist, eins haben sie gemeinsam: die Vorliebe für Blüten. Als Blütenbestäuber haben Sie einen riesigen Wert für den Menschen und die Natur.

Wildbienen gehören innerhalb der großen Insektengruppe der Hautflügler zu den Stechimmen. Charakteristisch sind zwei Paar durchsichtige Flügel, eine "Wespentaille" und ein Stachel. Man muss aber keine Angst vor ihnen haben. Bienen sind von sich aus nicht angriffslustig, die kleinen Wildbienenarten können die menschliche Haut mit ihrem Stachel gar nicht durchdringen.   

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Informationen zum Leben der Wildbienen

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Der Lebenszyklus: vom Ei zur Larve zur Puppe zur Wildbiene

Wie bei den Schmetterlingen, so entwickelt sich auch aus dem abgelegten Ei der Wildbiene zunächst eine Larve, die sich verpuppt und dann zum geflügelten Insekt (Imago) verwandelt. Diese Entwicklung findet im Inneren einer Brutzelle statt, die von dem Weibchen angelegt und mit Proviant aus Pollen und Nektar, manchmal unter der Zugabe von Blütenöl, ausgestattet wird.

Wenige Tage nach der Eiablage schlüpfen kleine Larven. Diese machen sich etwa zwei bis vier Wochen lang über den eingelagerten Proviant her. Dabei häuten sie sich viermal. Wenn der Vorrat aufgezehrt ist, beginnen viele Wildbienenarten sich in einen schützenden Kokon einzuspinnen, den sie aus Sekreten einer speziellen Drüse herstellen. So eingesponnen fahren sie ihren Stoffwechsel drastisch nach unten und überdauern als "Ruhelarven" den Winter.

Steigen die Temperaturen im Frühjahr wieder an, verpuppen sich die Larven. Nach zwei bis drei Wochen erfolgt die Verwandlung zum geflügelten Insekt und die jungen Wildbienen nagen sich ihren Weg aus den Nestern. Zwischen Eiablage und dem Schlupf der Wildbienen ist zu diesem Zeitpunkt etwa ein Jahr vergangen.

Das Leben einer Wildbiene ist kurz und bedroht

Die meisten Wildbienenarten haben eine Flugzeit von nur vier bis sechs Wochen, bevor sie sterben. Wildbienenweibchen können in dieser kurzen Flugzeit nur etwa zehn bis 30 Brutzellen anlegen – Wildbienen haben eine relativ geringe Fortpflanzungsrate.

Da die Larven zusätzlich durch Pilzbefall, sowie Futter- und Raubparasiten bedroht sind, können lokale Populationen schon durch eine längere Schlechtwetterperiode oder ein verkleinertes Blüten- oder Nistplatzangebot stark reduziert werden oder gar aussterben.

Ausnahmen bestätigen die Regel

Der oben beschriebene "Musterzyklus" trifft nicht auf alle Wildbienenarten zu. Manche Arten überwintern als Puppe. Einige Arten, zum Beispiel die Keulhornbienen und die Holzbienen, überwintern als voll entwickelte Insekten in geschützten Hohlräumen wie Pflanzenstängeln, Holz- oder Felsspalten. Ihre Nachkommen sind dann bereits im Sommer oder im Herbst aus ihren Brutzellen geschlüpft.

Lebensweise der Wildbienen: Einzelgänger, WG-Mitbewohner und Schmarotzer

Ein großer Unterschied zwischen Wildbienen und den bekannten Honigbienen ist, dass die meisten Wildbienenarten keine Staaten bilden. Stattdessen bauen die Weibchen ihre Nester alleine und versorgen die Brutzellen ohne Hilfe von ihren Artgenossen. Sie sind Solitär- oder Einsiedlerbienen. An besonders gut geeigneten Standorten kann es aber zu einer Art Koloniebildung kommen, wenn zum Beispiel in einer sonnenbeschienenen Steilwand viele Weibchen ihre Nester nebeneinander bauen.

Es gibt aber auch Wildbienenarten, wie die Zottelbiene (Panurgas caratus), die eine Art Wohngemeinschaft gründet. Mehrere Weibchen benutzen dann einen bereits gegrabenen Haupteingang und legen erst unter Tage ihre eigenen Nistkammern an. Hummeln und einige Arten der Furchen- und Schmalbienen gehören zu den wenigen Wildbienen, die einjährige Staaten aufbauen und mit einer Königin und den Arbeiterinnen eine Arbeitsteilung organisieren.

Fast ein Viertel der in Deutschland vorkommenden Arten hat sich allerdings auf eine sehr spezielle Form der Arbeitsteilung spezialisiert: Die Kuckucksbienen warten, bis andere Wildbienenarten ihr Nest gebaut und die Brutzellen mit Proviant ausgestattet haben. Im richtigen Moment schmuggeln sie dann ihre eigenen Eier in die Brutzelle. Nach dem Schlupf der Kuckuckslarve vernichtet diese dann das Wirtsei oder tötet die Wirtslarve und verzehrt bis zur Verpuppung deren Pollen- und Nektarproviant.

Ein Rendezvous im Blütenmeer und ein Nickerchen in der Glockenblume

Der Kontakt zwischen Weibchen und Männchen beschränkt sich bei den Wildbienen auf die Paarung. Die meisten Männchen schlüpfen etwas früher aus dem Nest als die Weibchen und patrouillieren dann vor den Nestausgängen. Sie warten auf den Schlupf der Weibchen, um diese möglichst früh zu begatten. Doch für viele Arten sind die von Weibchen besuchten Blüten der lohnenswertere Ort für ein Rendezvous. Einen Großteil ihrer kurzen Flugzeit verbringen die Männchen mit der Suche nach paarungswilligen Weibchen an geeigneten Blütenständen, wobei manche Arten ein Blütenrevier sogar aggressiv gegen Konkurrenten verteidigen.

Wenn die Wildbienen bei schlechtem Wetter und Dunkelheit ihre Aktivitäten einstellen, ziehen sich die Weibchen zum Ruhen und Schlafen meist in ihre Nester zurück. Die Männchen und die Kuckucksbienen, die keine Nester bauen, suchen sich geeignete Schlafplätze in Hohlräumen, beißen sich mit ihren Oberkiefern an Halmen oder Stängeln fest oder finden sich teilweise zu Schlafgemeinschaften in Blüten zusammen, wie denen der Glockenblume, des Storchenschnabels oder der Malve.

Nestbau: Wildbienen sind kreative Häusle-Bauerinnen

Der Nestbau ist bei den Wildbienen die Aufgabe der Weibchen. Ist der richtige Brutplatz gefunden und die Brutzelle gebaut, legt das Wildbienenweibchen meist ein Ei in die Brutzelle. Vorher hat das fleißige Bienchen ausreichend Proviant für die  Entwicklung der Brut eingelagert. Danach verschließt die Wildbiene die Zelle und beginnt mit dem Bau der nächsten.

Ein Großteil der in Deutschland vorkommenden Wildbienenarten baut seine Nester in gegrabenen Gängen im Erdboden. Aber auch vorhandene Hohlräume in Totholz, hohle Pflanzenstängel oder Fels- und Mauerspalten werden von verschiedenen Arten zum Nestbau genutzt. Die Zweifarbige Schneckenhaus-Mauerbiene (Osmia bicolor) – die Wildbiene des Jahres 2013 – nistet gar in leeren Schneckenhäusern. Einige Arten bauen ihre Nester auch frei an Oberflächen.

Die Brutzellen sind das Herzstück der Wildbienennester. Je nach Art verwenden die Wildbienen ganz unterschiedliche Baumaterialien: Erde, Laub- oder Blütenblattstücke, Pflanzenwolle, Harz, zerkautes Blattmaterial, Mark- oder Holzpartikel. Die Mohn-Mauerbiene (Osmia papaveris) trennt kleine Stückchen aus den Blütenblättern der Mohnblume heraus und tapeziert damit die Wände ihrer unterirdisch angelegten Brutzellen. So schützt sie ihre Nachkommen und deren Proviant vor dem Austrocknen. Die Garten-Wollbiene (Anthidium manicatum) hingegen baut ihre Brutzellen aus mühsam abgeschabten Pflanzenhaaren. Viele Wildbienenarten imprägnieren ihre Brutzellen mit wasserabstoßenden Drüsensekreten, um sie vor eindringender Feuchtigkeit und gefährlichem Pilzbefall zu schützen.

Aus der faszinierenden Vielfalt spezialisierter Nestbautechniken und der verwendeten Materialien wird klar, dass die Ansprüche der einzelnen Wildbienenarten an einen geeigneten Lebensraum sehr hoch sind. Es müssen nicht nur entsprechende Nistgelegenheiten, sondern auch das benötigte Material und die teils sehr speziellen Nahrungspflanzen vorhanden sein. Gerade eine vielfältige, kleinstrukturierte Landschaft mit unterschiedlichen Blütenpflanzen bietet daher meist einer größeren Anzahl an Wildbienenarten eine Lebensgrundlage.

Lebensräume: wählerische Wildbienen

Die allermeisten Wildbienen sind echte "Schönwetter-Insekten": Sie lieben es warm und trocken und sind nur bei entsprechend hohen Temperaturen unterwegs. Die meisten Arten schränken bei Regen und wechselhaftem Wetter ihre Aktivitäten stark ein. Eine Ausnahme bilden die Hummeln: Sie fliegen bis zu Temperaturen von null Grad, denn sie können durch Muskelbewegung Wärme erzeugen und speichern. Deswegen können Hummeln schon früh und bis in den späten Herbst hinein fliegen.

Ein Gebiet muss aber nicht nur trocken und sonnig sein, damit Wildbienen sich dort wohlfühlen können. Es muss auch ausreichend blühende Pflanzen als Nahrung, Nistmöglichkeiten und Material für den Nestbau bieten.

Geeignete Lebensräume sind zum Beispiel blütenreiche Wegränder, breite Wald- und Heckensäume, Acker- und Wiesenbrachen, extensiv genutzte Halbtrockenrasen, aber auch Flussauen, Kies- und Lehmgruben oder Felshalden. Die verschiedenen Wildbienenarten stellen dabei aufgrund ihrer unterschiedlichen Nistweisen und Blütenvorlieben unterschiedliche Ansprüche an ihren Lebensraum.

Die Wege zwischen Nest und Nahrung sind lang

Oft finden Wildbienen ihre Nistmöglichkeiten nicht in unmittelbarer Nähe von geeigneten Nahrungspflanzen und müssen so mühsam den Pollenproviant für ihre Brut aus der Umgebung zusammensuchen. Bei Sammelflügen legen die Weibchen Distanzen zwischen 300 und 1.500 Metern zurück. Dafür ist der sprichwörtliche "Bienenfleiß" von Nöten, denn der Blütenbedarf ist enorm: Die Weibchen mancher Wildbienenarten müssen teilweise über 100 Blüten für die Versorgung eines einzigen Nachkommens besuchen.

Aufgrund ihrer vielseitigen Lebensraumansprüche ist der Schutz von vielen Wildbienenarten unweigerlich mit dem Erhalt trockener und halbtrockener Biotoptypen, sowie strukturreicher kleinteiliger Landschaftselemente verbunden, die ein großes Angebot an verschiedenen Blütenpflanzen und Nistmöglichkeiten bieten.

Leider sind es gerade diese Lebensräume, die in den letzten Jahrzehnten der auf Effizienz getrimmten industriellen Landwirtschaft und dem hohen Flächenverbrauch zum Opfer gefallen sind und fallen. Auch Hecken und bunte Feldränder werden immer seltener. In der Stadt können alte Friedhöfe, Kleingärten und Brachen ein Wildbieneneldorado sein.

Nahrungsquellen der Wildbienen: Blüten, Blüten und nochmal Blüten

Alle Wildbienen sind bei ihrer Ernährung auf Blüten angewiesen – und das sowohl als Larve als auch als erwachsene Biene.

Die Wildbienenlarven ernähren sich vom von den Weibchen in ihren Brutzellen angelegten Proviant aus Pollen und Nektar. Pollen ist eine reichhaltige Eiweißquelle für die Larven. Nur die Bienenweibchen sammeln den Pollen für die Brutzellen. Als vollentwickeltes Insekt decken sie ihren Energiebedarf hauptsächlich mit Blütennektar, fressen aber auch Blütenpollen.

Spezialisierung auf wenige Pflanzen – ein zweischneidiges Schwert

Manche Wildbienen sind "polylektisch", sie sammeln an völlig unterschiedlichen Pflanzen Pollen und Nektar ein. Andere Wildbienenarten sammeln dagegen nur Pollen einer Pflanzenfamilie oder Pflanzengattung. Das nennt man "oligolektisch". Sich bei den Nahrungspflanzen so einzuschränken ist ein zweischneidiges Schwert: Auf der einen Seite sichert es die Bestäubung sehr spezieller Pflanzenarten im Ökosystem. Auf der anderen Seite führt es zu einer enormen Abhängigkeit mancher Wildbienenpopulationen vom Vorkommen weniger Blütenpflanzenarten.

Doch diese Spezialisten haben es heute besonders schwer. Die Agrarindustrie zerstört Futterangebot und Lebensraum viele Wildbienenarten, da sie zu artenarmen und naturfernen Landschaften führt. Etwa die Hälfte der heimischen Wildbienenarten steht deswegen auf der Roten Liste der bedrohten Arten.

Natürliche Feinde der Wildbienen: Räuber, Parasiten, Pilze

Zahlreiche Pflanzen sind bei ihrer Vermehrung auf die Bestäubungsleistung der Wildbienen angewiesen. Es gibt aber auch viele Organismen, die auf eine andere Weise von der Existenz und dem Fleiß der Wildbienen profitieren. Und das nicht immer zum Vorteil der Bienen ...

Fressfeinde und Räuber

Auf der einen Seite gibt es die Gruppe der Fressfeinde oder Räuber, die die Wildbienen als Vollinsekt erbeuten. Dazu gehören Spinnen wie die Krabbenspinnen (Thomisidae), die ihrer Beute auf den Blüten auflauern, oder einige Grabwespen (Sphecidae), die erbeutete Wildbienen durch einen Stich lähmen und als Nahrung für ihre Larven nutzen.

Einige Raubfliegenarten (Asilidae) und Raubwanzenarten (Reduviidae) jagen Wildbienen, um dann die Körper ihrer Opfer auszusaugen. Dickkopffliegen legen ihre Eier während des Fluges in den Hinterleib von Wildbienen, wo die Larven die Wirtsbiene dann bei lebendigem Leibe auffressen. Auch eine bekannte Vogelart schuldet ihren Namen der Tatsache, dass Wildbienen bei ihr auf der Speisekarte stehen: der Bienenfresser.

Parasiten und Kuckucksbienen

Neben diesen Räubern gibt es aber noch andere Arten, die Nutznießer der Wildbienenbrut sind. So befallen einige Buntkäfer- und Wollschweberarten, sowie zahlreiche Wespenarten direkt die Larven der Wildbienen.

Aber auch auf das Futter haben es andere Tiere abgesehen: Diese Futterparasiten ernähren sich von dem zusammengetragenen Pollen in den Brutzellen, allen voran die Kuckucksbienen. Diese Gruppe der Wildbienen hat sich darauf spezialisiert, ihre Eier in die Brutzellen bereits errichteter Nester anderer Wildbienenarten zu legen. So umgehen sie den Aufwand des Pollensammelns und des Nestbaus. Die meisten Kuckucksbienenarten sind auf eine oder wenige Wirtsarten spezialisiert, so dass sie auf deren Existenz angewiesen sind. Stirbt eine Wirtsbienenart aus, besiegelt dies das Schicksal für die jeweilige "Schmarotzerart".

Aber auch Wildbienenweibchen derselben Art brechen manchmal Brutzellen ihrer eigenen Artgenossen auf, um vorhandenen Eier gegen ihre eigenen zu tauschen. Aus diesem Verhalten haben sich wahrscheinlich im Laufe der Evolution die Kuckucksbienen entwickelt.

Pilze und Bakterien

Für die Wildbienenbrut, die sich über einen langen Zeitraum in den geschlossenen Brutzellen entwickelt, kann der Befall des Nestes mit Schimmelpilzen oder Bakterien vernichtend sein. Um dagegen vorzubeugen, sind viele Wildbienenarten extrem wählerisch bei der Nistplatzwahl. Sie bevorzugen zum Beispiel trockene und warme Standorte. Viele Arten "imprägnieren" ihre Brutzellen auch mit körpereigenen Sekreten oder kleiden sie mit Pflanzenharz aus, um einen Pilz- oder Bakterienbefall zu verhindern.  

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