Flussperlmuschel auf der Roten Liste

Perlen schmücken die Altardecken, Priestergewänder und Schatullen im Museum des Klosters Wienhausen bei Celle – ein Schatz vergangener Zeiten. Denn die heimische Flussperlmuschel, in der die Perlen einst heranwuchsen, ist heute bundesweit vom Aussterben bedroht. Nur in wenigen sauberen, naturnahen, kühlen und kalkarmen Bächen unserer Mittelgebirge und der Lüneburger Heide lebt sie noch.

Mutter der Perle

Flussperlmuschel. Foto: Joel Berglund / CC BY 1.0 Die Flussperlmuschel mag es nährstoffarm, sauerstoffreich und möglichst kühl.  (Joel Berglund / CC BY 1.0)

Unzählige, zart schimmernde Perlen schmücken die Altardecken, Priestergewänder und Schatullen im Museum des Klosters Wienhausen bei Celle – ein Schatz vergangener Zeiten. Denn die heimische Flussperlmuschel, in der die Perlen einst heranwuchsen, ist heute bundesweit vom Aussterben bedroht. Nur in wenigen sauberen, naturnahen, kühlen und kalkarmen Bächen unserer Mittelgebirge und der Lüneburger Heide lebt sie noch.

Am Bachgrund stehen sie dicht an dicht, mit dem Hinterende schräg in der Strömung. Trotz ihres muskulösen Fußes können sich Flussperlmuscheln nur wenig fortbewegen. Die Schalen bestehen aus einer sehr dünnen braunen Außenschicht und zwei Kalkschichten: einer Prismenschicht und darunter einer Perlmuttschicht, die seidig schimmert und glänzt wie ein Opal. Geraten die Zellen, die das Perlmutt bilden, aus der Außenhaut der weichen Mantellappen durch Verletzungen oder Parasiten ins Bindegewebe des Mantels, werden sie abgekapselt – eine Perle entsteht. Nur eine von etwa 5.000 Muscheln erzeugt eine Schmuckperle.

Eine abenteuerliche Entwicklung

Die Muschel pflanzt sich kompliziert fort: Das Muschelweibchen nimmt mit dem Atemwasser Spermien auf, die ihre rund 4 Millionen Eier befruchten. Die wachsen in zwei bis vier Wochen zu sehr kleinen Larven heran. Ab Hochsommer müssen sie dann alleine klar kommen: Sie werden ins Wasser abgestoßen. Nun wird es spannend, denn die Larven können nur überleben, wenn eine Bachforelle sie innerhalb eines Tages einatmet und sie ans Kiemengewebe des Fisches gelangen. Dort ernähren sie sich fast ein ganzes Jahr lang parasitär vom Blut des Wirtes – ohne ihn jedoch deutlich zu schädigen. Sobald die Larven zu 0,5 Millimeter kleinen Muscheln herangewachsen sind, verlassen sie den Wirtsfisch.

Für das allmähliche Verschwinden fast aller mitteleuropäischen Flussperlmuscheln gibt es viele Gründe: Abwässer, Flussausbau, Verschlammung, Düngerbelastung durch die Landwirtschaft, die auch zum Rückgang der Bachforelle beiträgt. Denn die Muschel überlebt nur in sehr sauberem Wasser. Besonders die jungen Muscheln sind sehr empfindlich. Sie können außerdem nur auf feinem Kies am Bachgrund siedeln. Wo dieser verschlammt, können sie sich nicht halten.

Fuß fassen

Heute weiß man, dass nur der Schutz nährstoffarmer, sauerstoffreicher und sommerkalter Bäche die extrem bedrohte Art retten kann. Auch die Renaturierung von Bächen und die Verringerung der Versandung sind wichtige Schutzmaßnahmen. "Wir haben Sandfallen in den Entwässerungsgräben eingerichtet, die in die Heidebäche münden. Dort sammeln sich Feinsedimente und werden aus den Bächen ferngehalten. Dadurch konnten hier wieder Jungmuscheln Fuß fassen", freut sich Reinhard Löhmer vom BUND Niedersachsen.

Es besteht also wieder Hoffnung für die Flussperlmuschel. In einigen von ihnen wird eines Tages vielleicht eine schimmernde Perle heranwachsen.

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Dr. Reinhard Löhmer

Bund-Landesverband Niedersachsen
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