Die Lachseeschwalbe bevorzugt bei ihrer Brutplatzwahl sandige Seeküsten und Inseln, die sowohl dem hohen Sicherheitsbedürfnis als auch der empfindlichen Reaktion auf Störungen der Vögel gerecht werden. Dabei ist sie oft auf sogenannte gastgebende Arten angewiesen. Anders als viele verwandte Arten ernährt sich die Lachseeschwalbe zu großen Teilen von Landtieren wie Insekten, Mäusen, Fröschen und Regenwürmern. Mit der Abnahme der extensiv genutzten Grünlandflächen hierzulande verschwinden deshalb auch potenzielle Jagdgebiete der Lachseeschwalbe.
In Deutschland ist das Vorkommen der zur Familie der Seeschwalben (Sternidae) gehörenden Lachseeschwalbe von der bereits kleinen Zahl von 150 Brutpaaren in Niedersachsen und Schleswig-Holstein im Jahr 1980 auf 31 Brutpaare in einer einzigen Kolonie im Jahr 2014 gesunken. Diese letzte deutsche Kolonie der Lachseeschwalbe lebt in den Elbvorländern Dithmarschens in Schleswig-Holstein. Dort konnten in der Brutsaison 2017 etwa 35 Brutpaare gezählt werden, die es in diesem Jahr zu einem Bruterfolg von 20 flüggen Jungvögeln gebracht haben.
Geplante Elbvertiefung bedroht die Lachseeschwalbe
Eine neue Gefahr für den Bestand der Lachseeschwalbe in Deutschland stellt die geplante Elbvertiefung und die damit einhergehenden wahrscheinlichen Veränderungen des lokalen Prielsystems am Neufelder Koog dar. Denn die Elbvertiefung begünstigt (neben dem ansteigenden Meeresspiegel und der geringer zu erwartenden Sommerniederschläge infolge des globalen Klimawandels) Sedimentablagerungen vom Mündungsbereich der Elbe flussaufwärts in den Prielen.
Zwei Effekte der Wasserbaumaßnahmen, die im Rahmen der Elbvertiefung vorgesehen sind, erhöhen die Wahrscheinlichkeit von Sedimentablagerung: Eine geplante direkte Verfüllung im Bereich der Medemrinne und die bereits bei vorigen Elbvertiefungen beobachtete Zunahme des "tidal pumping"-Effekts. Dieser Effekt beschreibt, wie die Stärke des Flutstroms mit zunehmender Tiefe der Fahrwasserrinne ebenfalls zunimmt und den Sedimenttransport elbaufwärts erhöht.
Eine solche, durch die Vertiefung der Fahrrinne veränderte Dynamik des Sedimenttransports im Mündungsbereich der Elbe kann zur Versandung der Priele am Neufelder Koog und damit zur Abnahme des lokalen Fischbestandes führen. Dieser Fischbestand ist die Nahrungsgrundlage für die dortige Flussseeschwalben-Kolonie, von deren Gesellschaft wiederum die Lachseeschwalben-Kolonie unmittelbar abhängig ist. Verschwinden die Flussseeschwalben, verschwinden auch die Lachseeschwalben – dann wohl für immer aus Deutschland.
Der BUND kämpft für die Lachseeschwalbe
Doch noch gibt es Anlass zur Hoffnung. Die Elbvertiefung ist vorerst gestoppt. Das Bundesverwaltungsgericht Leipzig hat am 9. Februar 2017 den damals vorliegenden Planfeststellungsbeschluss zur Elbvertiefung aufgrund unzureichender Anwendung des Umweltrechts für rechtswidrig erklärt. Von den klagenden Umweltverbänden – neben dem BUND waren WWF und NABU beteiligt – wurde insbesondere kritisiert, dass die Auswirkungen des Strombaukonzepts an der Medemrinne unterschätzt wurden.
Die kritisierte Auswirkungsprognose beruhte auf Modellrechnungen der Bundesanstalt für Wasserbau (BAW), welche vom Gericht zwar rechtlich nicht beanstandet wurden, die aber naturschutzfachlich weiter in der Kritik stehen. Der BUND wird den weiteren Prozess im Sinne des Lebensraums und Artenschutzes aufmerksam verfolgen – im Sinne der Rettung der letzten Lachseeschwalben in Deutschland.