Die übermäßige Bejagung im vorletzten Jahrhundert führte dazu, dass um 1900 die Graugans als Brutvogel in weiten Teilen Mitteleuropas fehlte. Nur im Frühjahr und Herbst konnte man skandinavische Graugänse dabei beobachten, wie sie gemeinsam mit Saat- und Blässgänsen auf traditionellen Zugrouten Deutschland überflogen.
In der Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts halfen Wiederansiedlungsprojekte, diese Situation zu verbessern. Ab 1950 kam es so zu einem langsamen, später rasanten Anstieg der Grauganspopulation. Heute gibt es kaum ein Gewässer mit Schilfgürtel, an dem keine Graugans brütet. Ihr Gesamtbestand in Europa ist von 20.000 auf etwa 300.000 angestiegen. Ihre Überwinterungsquartiere liegen in Südwesteuropa. Aber auch an der Nordsee überwintern sie in einigen Gebieten. Beliebte Ratsplätze für die wachsamen Vögel gibt es an Nord- und Ostsee. Besonders auf den Inseln und Halligen kann man sie dann beobachten.
Bereits im März, manchmal sogar schon Ende Februar, beginnen die Graugänse mit der Eiablage. Ihre Nester aus Schilfhalmen befinden sich in Röhrichten oder auf kleinen Inseln, wo sie gegen Füchse geschützt sind. Jede Gans legt zwischen sechs und zehn Eiern. Die anfangs schneeweiße Schale verfärbt sich während der vierwöchigen Brutzeit durch das Gefiederfett dann oftmals bräunlich. Die Jungen (Gössel) schlüpfen fast zeitgleich, so dass die Familie gemeinsam das Nest in Richtung Wasser verlassen kann.
Im Gegensatz zu den deutlich gelben Küken der Hausgänse verlieren die Küken der Graugänse ihren gelblichen Schimmer sehr schnell und werden tarnfarbig grau. Sie folgen den wachsamen Eltern und fressen Pflanzen und Insekten, sowohl an Land als auch im Flachwasser. Gänse leben sehr sozial in Familienverbänden und lernen von ihren Eltern viel über Zugwege.
Im alten Rom machte man sich übrigens die Wachsamkeit der Graugänse zu nutze: sie wurden für die Bewachung von Stadtmauern eingesetzt.
Das BUND-Meeresschutzbüro setzt sich für den Schutz des Nationalparks Wattenmeer und die Ausweisung von Schutzgebieten auf den Inseln und Halligen ein. Außerdem betreibt der BUND Nationalparkhäuser zum Wattenmeer. Dort können Interessierte an vogelkundlichen Wanderungen teilnehmen.
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Dieses Leitarten-Porträt entstand in Zusammenarbeit mit der Schutzstation Wattenmeer.