Der Austernfischer – lauter Genosse im Sinkflug

Kein Watvogel ist ganzjährig an der Küste so allgegenwärtig wie der Austernfischer. Seine lauten Rufe und die auffallende Trillerbalz sind bei Tag und Nacht zu hören. Die kontrastreiche Färbung des "Halligstorches" und seine Größe – stolze 500 Gramm Gewicht und 43 Zentimeter Länge – tun ein übriges, dass dieser unverwechselbare Watvogel überall ins Auge fällt.

Austernfischer; Foto: Stefan Menzel Ganzjährig zu hören und zu sehen: die Austernfischer  (Stefan Menzel)

Der Austernfischer ist ein Küstenvogel, der am liebsten in unmittelbarer Ufernähe brütet. Hier können die Jungvögel am leichtesten ihr Futter finden. Daher sind Brutreviere mit "Seeblick" heiß umkämpft. Allerdings kommt der Austernfischer auf Wiesen und geschotterten Flachdächern mitunter weit entfernt vom Wasser vor. Dank seiner Anpassungsfähigkeit kann er sich im Binnenland auf Regenwürmer und Insekten als Nahrung umstellen.

Austernfischer sind sehr beharrliche Vögel, die einen Brutplatz und das zugehörige Revier im Watt lebenslang behalten und verteidigen – bis zu 40 Jahre lang! Das kann allerdings bedeuten, dass ein Vogel erst über zehn Jahre in Junggesellentrupps abwarten und dann unter Einsatz seines Lebens kämpfen muss, um einen der begehrten Brutplätze am Wasser zu erstreiten. Wer früher brüten will, muss dies weiter landeinwärts tun. Solche "Pendler"-Reviere fernab der nahrungsreichen Wattflächen zwingen die Altvögel, das gesamte Jungenfutter "einzufliegen". Dies führt zu Futtermangel und einem nur sehr geringen Bruterfolg.

Bildergalerie Austernfischer

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Die meist drei Jungen der Austernfischer schlüpfen erst im Juni. Anders als bei allen anderen Watvögeln, bei denen die Altvögel ihre lauffreudigen Küken nur bewachen und wärmen, betreiben Austernfischer eine intensive Brutpflege. Die Jungen bekommen das Futter vorgelegt oder direkt überreicht. Sie lernen wochenlang von ihren Eltern, wie genau man Muscheln öffnet oder Würmer aus dem Boden stochert.

Trotzdem braucht ein junger Austernfischer Monate, bis er bei der Nahrungssuche so schnell und effizient wird, wie seine Eltern. Die Vögel spezialisieren sich für Wochen oder Monate auf eine bestimmte Form der Nahrungssuche, indem sie beispielsweise Miesmuscheln mit dem Schnabel aufhämmern oder bei vergrabenen Herzmuscheln in die Atemlöcher stechen und den Schließmuskel durchtrennen.

Bei diesen Aktivitäten nutzt sich die orange Hornscheide des Schnabels ab und wird durch Hämmern stumpf oder durch Stechen spitz. Wie unsere Fingernägel wächst auch die Hornscheide des Austernfischerschnabels ständig nach, und zwar zu einem je nach Nahrungsangebot notwendigen Schnabeltyp.

Im Wattenmeer fühlt der Austernfischer sich zuhause

Im Juni sind die Austernfischer an der Küste zwar laut und auffällig, aber eigentlich haben sie ihr Bestandsminimum im Watt. Mit etwa 500.000 überwinternden Exemplaren und 40.000 Brutpaaren ist das Wattenmeer der mit Abstand bedeutendste Lebensraum des Austernfischers in Europa. Allerdings sinkt der Bestand seit etwa 20 Jahren ständig. Die starke Zunahme von Füchsen durch die Tollwutimpfung und eine Zunahme sommerlicher Sturmfluten haben den Bruterfolg so stark schrumpfen lassen, dass der Wappenvogel des Wattenmeeres im Sinkflug ist und unseren Schutz braucht.

Der BUND setzt sich im Haupt- und Ehrenamt für den Erhalt und Schutz der Brut-, Rast- und Überwinterungsgebiete der Küstenvögel ein – und trägt so zum Erhalt der Artenvielfalt an den Meeren vor unserer Haustür bei.

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