Die in Nord- und Ostsee weit verbreitete und häufig anzutreffende Grasnadel (Syngnathus typhle) ist eine von drei Seenadel-Arten in unseren Küstengewässern. Neben ihr kommen auch die Kleine Seenadel (S. rostellatus) und die Große Seenadel (S. acus) vor.
Die drei Arten unterscheiden sich durch Feinheiten im Körperbau, sind aber grundsätzlich von ähnlicher Gestalt: Sie haben einen langgestreckten, dünnen Körper mit einem äußeren Hautpanzer, der aus ringförmigen Knochenplatten besteht. Rippen besitzen sie nicht.
Seenadeln sind eng mit den Schlangennadeln und den Seepferdchen verwandt, was auch an ihrer Kopfform erkennbar ist: Ihr Maul ist röhrenförmig und wirkt beim Fang von Beute wie eine Pipette. Im Gegensatz zu den sehr ähnlich aussehenden Schlangennadeln haben Seenadeln Brustflossen und eine ausgeprägte Schwanzflosse – gute Erkennungsmerkmale!
Sie sind langsame Schwimmer; als Hauptantrieb dient die Rückenflosse, die wellenförmige Bewegungen ausführt; die Brustflossen dienen dem Manövrieren. Um trotz der reduzierten Schwimmleistung eine ausreichende Sauerstoffaufnahme zu gewährleisten, besitzen die Fische büschelförmige Kiemen mit einer großen Oberfläche.
Überraschende Tarnungskünstler
Mit ihren pipettenförmigen, zahnlosen Schnauzen saugen Seenadeln blitzschnell vor allem Kleinkrebse, die Larven verschiedener Meerestiere sowie Fischeier auf, die sich im freien Wasser befinden. Dabei kommt ihnen ihre vortreffliche Tarnung zugute, durch die sie in der Seegraswiese oder zwischen Algen auf ihre Beute lauern können.
Hinzu kommt, dass sich Seenadeln auch in ihrem Verhalten der Umgebung anpassen, um nicht selbst Opfer von Fressfeinden wie größeren Fischen oder Seevögeln zu werden. So findet man zum Beispiel Grasnadeln oft senkrecht zwischen den Halmen von Seegras stehen.
Männliche Alleinversorger
Seenadeln haben ein ähnliches Fortpflanzungsverhalten wie das, das man von Seepferdchen kennt. In den Sommermonaten werden nach langer Balz einige hundert ein Millimeter große Eier erzeugt, die das Weibchen beim Männchen in der aus zwei Hautlappen gebildeten Bruttasche an der Bauch- und Schwanzunterseite platziert. Kleine Seenadeln haben diese Bruttasche jedoch nicht.
Nach etwa fünf Wochen intensiver Brutpflege durch das Männchen schlüpfen die vollentwickelten, je nach Art ein bis drei Zentimeter langen Jungfische aus den Eiern, die sofort tierisches Plankton saugschnappen können. Sie leben vorerst im offenen Wasser, später dann jedoch in der Algenregion über sandigen, schlammigen oder gerölligen Böden bis zu einer Tiefe von rund 18 Metern, normalerweise zwischen Algen oder Seegras.
Lebensraumverlust unter Wasser
Seenadeln sind in ihrem Bestand nicht direkt bedroht, werden sie bei uns doch nicht kommerziell genutzt oder befischt. Eine indirekte Gefährdung ihrer Populationen besteht jedoch durch den kontinuierlichen Verlust ihres Lebensraums. Besonders die Seegraswiesen im küstennahen Bereich von Nord- und Ostsee sind von verschiedenen negativen Einflüssen wie der Überdüngung der Meere, der Einleitung von Schadstoffen sowie grundberührenden Fischereimethoden betroffen.
Bei diesen ursächlichen Problemen setzt die Arbeit des BUND an. Im Projekt "Weitsicht für die Meere" beispielsweise setzen sich BUND-Meeresschützer*innen für die Verringerung der Nährstoffbelastung in Nord- und Ostsee ein und fordern wirkungsvolle gesetzliche Vorgaben und deren effektive Umsetzung in Landwirtschaft und Industrie. Auch weisen sie Sie als Konsument*innen auf Ihre Rolle bei der Nährstoffüberfrachtung hin und zeigen Wege auf, wie jeder Einzelne unsere Meere sauberer und klarer werden lassen kann, zum Beispiel durch reduzierten Fleischkonsum sowie durch weniger Verkehr zu Wasser, Land und Luft.
Erst durch verringerte Nährstoffeinträge lassen sich die Lebensräume der Seenadeln langfristig erhalten. Helfen Sie uns dabei!