Farbenprächtige Riffbewohner in Nord- und Ostsee

Die Familie der Lippfische umfasst über 500 Arten. Die meisten leben in den Riffen der Tropen und fallen sogar dort noch durch ihre bunte Färbung auf. Die Riffe und felsigen Bereiche in Nord- und Ostsee bieten insgesamt sieben Lippfischarten ein Zuhause: dem Kleinmäuligen Lippfisch, der Goldmaid, dem Klippenbarsch und den beiden wohl farbenprächtigsten Fischen in unseren Meeren, dem Kuckuckslippfisch und dem Gefleckten Lippfisch. Seltener lassen sich in der Nordsee auch der Meerjunker und der Schuppenflossen-Lippfisch beobachten.

Gefleckter Lippfisch; Foto: istock.com / wrangel Gefleckter Lippfisch  (wrangel / istock.com)

Die nordeuropäischen Lippfischarten leben meist in kleinen Verbänden zwischen Tang und Felsen. Dort finden sie auch ihre Nahrung: meist Krebse, Würmer und kleine Fische. Tang und Felsen bieten ihnen auch die nötige Deckung vor Fressfeinden. Das farbenprächtige und je nach Art zwischen 20 und 60 Zentimeter große Männchen bewacht aufmerksam sein Revier und eine kleine Gruppe Weibchen.

Aus Kuckuckslippfisch-Eiern schlüpfen nur Weibchen

Besonders interessant ist die Fortpflanzungsstrategie des Kuckuckslippfisches. Zur Paarung baut das Männchen gut versteckt zwischen Felsen ein kleines Nest aus Algen und Tangresten. Die eigentliche Paarung beginnt dann oft mit einer Art Balztanz, bei der das Männchen seine Farbe wechseln kann. Die Befruchtung der Eier findet, wie bei den meisten Fischen üblich, in der Wassersäule statt. Anschließend bewacht das Männchen die bis zu 1.500 Eier, bis nach etwa einer Woche die Larven schlüpfen und als Plankton davon treiben.

Aus den Larven entwickeln sich innerhalb weniger Wochen kleine Lippfischweibchen. Denn Kuckuckslippfische, und auch der Gefleckte Lippfisch, sind Hermaphroditen: Sie beginnen ihr Leben als Weibchen und können später ihr Geschlecht wechseln. In der Regel geschieht das bei einer kleinen Anzahl Weibchen nach vier bis sechs Jahren, meist aber erst dann, wenn das Männchen im Revier gestorben ist. Der Auslöser dieser Entwicklung und die Entscheidung, welches Weibchen die neue Rolle übernimmt, sind noch weitgehend unerforscht.

Unfreiwillig für die Lachspflege eingespannt

Weiblicher Kuckuckslippfisch; Foto: Stefano Guerrieri Weiblicher Kuckuckslippfisch  (Stefano Guerrieri)

Die europäischen Lippfischarten waren lange Zeit von keinem Interesse für die Fischereiwirtschaft. Dies hat sich in den vergangenen Jahren geändert. Denn einige Lippfischarten betätigen sich gelegentlich als Putzerfische und befreien größere Fische von Parasiten.

Dies hat Lachszüchter*innen auf die Idee gebracht, junge Lippfische in großer Zahl lebend zu fangen und in ihren Lachskäfigen auszusetzen. Dort sollen sie die Lachse von den lästigen Lachsläusen, einem kleinen parasitischen Krebs mit einer Vorliebe für Lachsblut, befreien.

Diese Methode ist effizient und erspart den Züchter*innen den Einsatz von giftigen Chemikalien. Doch leider überleben nur wenige der jungen Lippfische diesen Einsatz, was dazu geführt hat, dass Lippfische in einigen Gebieten selten geworden sind. Inzwischen versuchen Forscher*innen, Lippfische extra für ihren Einsatz in den Lachsfarmen zu züchten.

Keine der heimischen Lippfischarten ist in ihrem Bestand derzeit bedroht. Doch ihr Lebensraum, die Riffe und Algenwälder, schrumpfen durch menschliche Aktivitäten und den Klimawandel immer weiter zusammen. Auf lange Sicht sind daher auch diese einheimischen Fischarten gefährdet. Der BUND setzt sich daher für den Schutz und Erhalt dieser Lebensräume ein.

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