Derzeit gibt es weltweit noch etwa 1.100 Arten der Knorpelfische, von denen 19 in Nord- und Ostsee beobachtet wurden. Allerdings sind davon nur zehn Arten dauerhaft heimisch, darunter der vom Aussterben bedrohte Dornhai und der ebenso gefährdete Nagelrochen.
Die etwas anderen Fische
Knorpelfische unterscheiden sich in vielfacher Hinsicht von den verwandten Knochenfischen. Wie der Name schon verrät, besitzen Haie und Rochen ein Skelett aus Knorpel, was sie sehr leicht und beweglich macht und die Anpassung an den umgebenden Wasserdruck erleichtert.
Zudem besitzen Knorpelfische im Gegensatz zu Knochenfischen keine Schwimmblase, um im Wasser schweben zu können. Diese Funktion übernimmt teilweise die Leber, die sehr groß und ölhaltig ist. Allerdings müssen die Tiere permanent schwimmen, um nicht abzusinken.
Weitere sichtbare Unterscheidungsmerkmale von Knorpelfischen sind ein nachwachsendes Gebiss, eine Haut aus Tausenden kleiner Zähnchen und dass sie sich über innere Befruchtung fortpflanzen.
Auch ihre Sinneswahrnehmung hebt sie von den Knochenfischen ab. Über ein höher entwickeltes Seitenlinienorgan können Haie und Rochen Richtung und Stärke von Bewegungen wahrnehmen und so ihre Umwelt ertasten. Auch das Gehör ist hoch entwickelt und kann niederfrequente Geräusche, wie sie verletzte oder kämpfende Fische erzeugen, registrieren.
Der Geruchssinn von Knorpelfischen ist derart ausgeprägt, dass sie beispielsweise Blut in geringsten Konzentrationen (1:1.000.000 Moleküle) erschnuppern können. Darüber hinaus verfügen die Tiere auch über ein Sinnesorgan zur Wahrnehmung elektromagnetischer Reize, mit dem sie die Muskelbewegung ihrer Beute erkennen können und das ihnen bei der Navigation anhand des Magnetfeldes der Erde hilft.
Bedeutung für die Meere
Haie und Rochen stehen am oberen Ende der Nahrungsnetze. Ähnlich der Raubtiere an Land haben Knorpelfische nur wenige Nachkommen, die sich nach der Geburt langsam weiterentwickeln und teilweise erst nach über 20 Jahren ihre Geschlechtsreife erreichen.
In den marinen Ökosystemen haben Knorpelfische als Jäger eine wichtige Regulierungsfunktion. Denn sie ernähren sich von Tieren der unteren Ebenen der Nahrungsnetze, die sich stärker vermehren. Dadurch verhindern sie, dass die Ökosysteme in ein Ungleichgewicht geraten und ihre Funktionen nicht mehr aufrechterhalten können. Weil sie zumeist alte und kranke Tiere erbeuten, beeinflussen Knorpelfische zudem die natürliche Selektion. Somit tragen sie erheblich zur Gesundheit und Widerstandsfähigkeit der Ökosysteme bei.
Risikofaktor Mensch
Knorpelfische haben die Dinosaurier überdauert und Aussterbewellen überstanden – aber dem Jagddruck des Menschen können sie nichts entgegensetzen.
Bereits im 18. Jahrhundert gab es in Küstennähe eine zielgerichtete Fischerei auf Haie und Rochen. Anfänglich wurden sie aufgrund des Leberöls gejagt, das als Brennstoff für Lampen benutzt wurde. Ihre raue Haut fand als Sandpapier Verwendung und das gewonnene Leder galt als strapazierfähig und einfach zu verarbeiten.
Das Fleisch wurde selten gegessen; dafür jedoch als Dünger in der Landwirtschaft verwendet. Wenig später gab es auch erste Aufzeichnungen über den Handel mit Haiflossen – und schon damals war China der wichtigste Abnehmer.
Anfang des vergangenen Jahrhunderts wurden Haie dann wegen ihrer vitaminhaltigen Leber befischt. Diese galt speziell während des Zweiten Weltkriegs als wichtige Vitamin A-Quelle.
Seit den 1960er Jahren hat die industrielle Fischerei die Bestände weltweit stark einbrechen lassen. Haie waren entweder unerwünschter Beifang in der Thunfischfischerei oder wurden wegen ihrer Flossen aktiv gejagt. Im Nordostatlantik wurden so innerhalb von zwei Jahrzehnten 80 Prozent des Bestands des Blauhais gefangen. Im Mittelmeer wurde im gleichen Zeitraum die Population des Kurzflossen-Makos um 99 Prozent dezimiert.
Gefährdete Arten
Der hohe Fischereidruck macht Knorpelfischen besonders zu schaffen, da sie nur wenige Nachkommen zur Welt bringen und sich häufig in Schwärmen zusammenfinden, welche nach Alter und Geschlecht getrennt sind. So können auf einen Schlag viele Jungtiere oder trächtige Weibchen gefangen werden, wodurch eine Erholung der Populationen nicht möglich ist.
Die meisten Hai- und Rochenarten wurden weltweit dermaßen überfischt, dass ein Viertel ihrer Bestände mittlerweile stark gefährdet ist. In der Nord- und Ostsee ergibt sich eine ähnlich traurige Situation: Hier sind nur zwei der zehn vorkommenden Arten nicht gefährdet.
Weitere Gefahren drohen Knorpelfischen durch den Verlust von Lebensräumen, beispielsweise durch Schadstoffeinträge und durch die Folgen des Klimawandels.
Damit Knorpelfische auch in Zukunft in unseren Meeren leben können, setzt sich der BUND für die Errichtung fischereifreier Zonen in Nord- und Ostsee ein.