Die Abbildungen stammen aus dem Buch "Schmetterlinge entdecken, beobachten, bestimmen" von Seggewiße und Wymann, das 2015 im Haupt Verlag erschienen ist.
Frostspanner – der letzte Schmetterling (im Jahr)
Der Frostspanner ist schon etwas besonderes. Kein anderer Schmetterling ist so spät – bis Ende Dezember – noch unterwegs. Und man muss "unterwegs sein" schreiben und kann nicht von "fliegen" sprechen, denn die Frostspanner-Weibchen können das nicht. Ihre Flügel bestehen nur aus kleinen Stummeln. Die Männchen haben dagegen ganz "normale" Flügel.
Gemeinsam ist Männchen und Weibchen dagegen, dass sie keine funktionierenden Mundwerkzeuge haben. Dass die Saugrüssel der Frostspanner so verkümmert sind zeigt, worum es in ihrem kurzen Leben als Schmetterling geht: Fortpflanzung. Und dafür müssen dann eben die Energiereserven aus der Raupenzeit reichen. Eine klare Kosten-Nutzen-Abschätzung: Sich paaren wenn die Feinde Winterschlaf halten und dafür keine Nahrung finden können? Klingt vernünftig, in den Augen der Frostspanner.
Die Falter schlüpfen im Herbst, oft erst nach dem ersten Frost, aus den Puppen. Die Männchen schwärmen in der Dämmerung und nachts in Wäldern, Obstplantagen und Parks. Die Weibchen klettern mit ihren kräftigen Beinen vom Boden – fliegen können sie ja nicht – auf die Stämme der Wirtsbäume hinauf. Hier locken sie die Männchen mit Duftstoffen an. Nach der Paarung legt das Weibchen seine Eier dann in Rindenritzen ab, wo die Eier überwintern. Im Frühjahr schlüpfen dann die Raupen. Wenn es soweit ist, verpuppen sich die Raupen am Erdboden.
Da die Weibchen nicht fliegen können, ist der Aktionsradius der "Erwachsenen" Frostspanner sehr beschränkt und sie können keine neuen Lebensräume erobern. Dies ist daher die Aufgabe der jungen Raupen. Sie spinnen dafür Fäden und lassen sich an diesen vom Wind verwehen.