Die Krähenbeere – unbekanntes Heidekraut der Dünen

Während die kanadische Cranberry, die nach dem Kranich benannt ist, es mittlerweile zur Modefrucht geschafft hat, ist unsere heimische Krähenbeere (Empetrum nigrum) fast unbekannt. Ihre schwarzen Beeren mit fester Schale und kleinen Kernen sind ab Juli reif. Roh schmecken sie nicht allzu aromatisch, doch sie ergeben eine wunderbare Marmelade. Diese hat allerdings Seltenheitswert, da Krähenbeeren in Deutschland fast nur noch in Naturschutzgebieten wachsen.

Tundrapflanze im Wattenmeer

Früchte der Krähenbeere Früchte der Krähenbeere  (Stefan Menzel)

Die Krähenbeere ist ein arktischer Zwergstrauch, der von Island bis Kamtschatka verbreitet ist und bei uns an waldfreien Standorten vorkommt: in den Küstendünen der Nordsee und auf Hochmooren.

Sie ist von anderen Heidekräutern leicht zu unterscheiden, weil ihre rundum beblätterten Stängel wie kleine Flaschenbürsten aussehen. Die fünf bis zehn Millimeter langen Blättchen sind im Sommer grün, im Winter braun, und haben unterseits eine weiße Naht.

Im Querschnitt sieht man, dass die Blätter röhrenförmig sind: Die Blattränder sind nach unten eingerollt und an der weißen Naht verbunden. Dadurch kann die Art sehr trockene Zeiten überleben, denn im Inneren der Blattröllchen hält sich die Luftfeuchtigkeit.

Heidekraut mit schwarzen Beeren

Die Krähenbeere hat keine farbigen Blüten wie Besenheide und Glockenheide. Ihre rotbraunen Staubblätter erscheinen schon Ende März und die unscheinbaren Blüten werden vom Wind bestäubt.

Bis Anfang Juli wachsen die zahlreichen schwarzen Beeren heran, die – in größerer Menge gegessen – eine "durchschlagende" Wirkung auf die Verdauung haben. Da Stare, Möwen und Regenbrachvögel sich ab Juli in den Küstendünen in großen Schwärmen über die Beeren her machen, hinterlassen sie anschließend überall lila Kleckse. Diese abführende Wirkung der rohen Beeren rührt von giftigen Alkaloiden her, die beim Kochen zerfallen.

Bildergalerie der Krähenbeere

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Charakterpflanze der Braundünen

Krähenbeerbüsche wachsen nur auf sauren Böden, daher ist die Art in den meist kalkreichen Dünen West- und Ostfrieslands seltener. Sie bildet die nach EU-Recht streng geschützten "Atlantischen Küstenheiden" in Cuxhaven, St. Peter-Ording, Amrum und Sylt sowie großflächig in Dänemark.

Dabei lebt die Krähenbeere in Symbiose mit einem Wurzelpilz (Mykorrhiza), der ihr aus unzersetzten Pflanzenresten im Boden Mineralien "herausknackt". Daher ist die Heide bevorzugt in den älteren Dünen (den sogenannten Braundünen) anzutreffen, wo sich im Sand über Jahre Humus angereichert hat.

Die Blätter der Krähenbeeren sind mehrjährig, weil es sich die Pflanze auf armen Sandböden nicht leisten kann, alljährlich ihre Blätter mitsamt den mühsam erkämpften Mineralsalze abzuwerfen.

Die Zweige der Krähenbeeren können pro Jahr etwa zehn Zentimeter wachsen und einzelne Büsche in der Arktis bis zu 140 Jahre alt werden.

Opfer der Hitzesommer

Bei uns hat die Krähenbeere unter den Folgen der Hitzesommer zu leiden: 2018 und 2019 sind die Heidesträucher an den Südseiten vieler Küstendünen vertrocknet. Schon 2010 hatten Botaniker*innen der Universität Oldenburg berechnet, dass bei einer Erderwärmung um zwei Grad Celsius die Krähenbeere ihre südlichen Vorkommen an der Wattenmeerküste verlieren würde. Diese Vorhersage beginnt nun bereits Realität zu werden.

Es ist also auch im Sinne der Krähenbeere höchste Zeit für mehr Klimaschutz! Ein wichtiges Anliegen des BUND.

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Dieses Leitarten-Porträt entstand in Zusammenarbeit mit der Schutzstation Wattenmeer.

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