Die Bedeutung von Wiesen und Weiden für das Ökosystem

Wiesen und Weiden haben eine besondere Bedeutung für Natur und Landwirtschaft. Sie bedecken in Deutschland knapp ein Drittel der landwirtschaftlich genutzten Fläche und sind nicht nur als Lebensraum für Tiere und Pflanzen unverzichtbar.

Uferschnepfe; Foto: Naturbildarchiv Günter Die bodenbrütende Uferschnepfe findet kaum noch geeignete Feuchtwiesen. Kommt es doch zur Brut, zerstört die frühe Wiesenmahd oftmals das Gelege.  (Naturbildarchiv Günter)

Mehr als 2.000 höhere Pflanzenarten (52 Prozent des heimischen Gesamtbestandes) kommen im Grünland vor. Auf Feuchtwiesen leben etwa 3.500 Tierarten: tausende farbenprächtige Käfer, Bienen, Heuschrecken und Schmetterlinge, außerdem seltene Grünlandbrüter wie Kiebitz, Bekassine, Uferschnepfe oder Braunkehlchen, die fast ausnahmslos auf Deutschlands Roter Liste der vom Aussterben bedrohten Tierarten stehen.

Viele Dienstleistungen, die uns die Natur völlig kostenlos zur Verfügung stellt und die unser Überleben auf der Erde bestimmen, werden durch ein funktionierendes Netz von Grünland gewährleistet. Dazu zählen die Reinhaltung von Wasser und Boden und die Sicherung eines ausgewogenen Klimas. Für den Menschen sind Wiesen und Weiden mit ihrer Vielfalt an Farben, Formen und Strukturen zudem ein Ort der Ruhe und Naherholung und des Naturerlebens. 

Die Bedeutung von Wiesen und Weiden für ...

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... die Artenvielfalt

Die Artenvielfalt auf Wiesen und Weiden ist immens. Lichtliebende Pflanzen – vor allem Gräser – überwiegen in der Flora der oft bunt blühenden Wiesen und Weiden. Durch rasches Wachstum sowie schnelles Blühen und Fruchten sind sie an die extensive Nutzung perfekt angepasst.

Hierzulande kommen im Grünland mehr als 2.000 höhere Pflanzen vor. Auf 25 Quadratmetern wachsen auf intensiv genutzten Wiesen nur 10 bis 20 Pflanzenarten, auf artenreichen, extensiven Wiesen hingegen 50 und mehr. Unter ihnen leuchtende Nelken, filigrane Glockenblumen, stolze Margeriten und unzählige Köpfchen der Schafgarbe.

Das große Spektrum an Pflanzen bietet die Grundlage für eine ebenfalls vielfältige Fauna. Auf wenigen Quadratmetern können mehrere hundert verschiedene Insekten und Spinnen vorkommen. Unzählige Käfer, Heuschrecken, Schmetterlinge, Bienen, Hummeln und Ameisen leben hier.

Von ebenso großer Bedeutung ist dieses Biotop für am Boden brütende Vögel. Insekten naschen gerne vom süßen Nektar und Pollen der Wiesenblumen wie dem Wiesen-Salbei, der ab Ende Mai seine strahlend-blauen Blüten öffnet. Ab Juni nicken die blutroten Köpfchen des Großen Wiesenknopfes im Wind der Feuchtwiesen. Vor der Blüte dienen seine ungeöffneten Blütenköpfe, die aus bis zu 40 Einzelblüten bestehen, den Schmetterlingsweibchen des Dunklen und Großen Moorbläulings zur Eiablage.

Ein Paradies für Storch, Kiebitz & Co.

Nicht nur zur Brutzeit heißen Rotmilan, Wiesenweihe, Turmfalke oder Schleiereule das reiche Kleinsäugerangebot willkommen. Feldmaus, Wühlmaus, Erd- und Zwergmaus sind für sie schmackhafte Leckerbissen. Konkurrenz macht den Vögeln nur das Mauswiesel, eine heimische Marderart, das den Mäusen bis in ihren Bau hinein nachspürt. In der Luft jagen Feldlerche, Mauersegler, Mehl- und Rauchschwalben nach Käfern, Faltern oder Fliegen.

Man trifft seltene Grünlandbrüter wie Kiebitz, Bekassine, Uferschnepfe oder Braunkehlchen, die fast ausnahmslos auf der Roten Liste stehen. Sie benötigen ausreichend Zeit vor dem ersten Mahdtermin, um ihre Eier auszubrüten.

In ausgeräumten Kulturlandschaften und auf intensiv landwirtschaftlich genutzten Flächen sind sie durch den Einsatz großer Maschinen und Pestizide sowie die frühe erste Mahd nahezu verschwunden. Auf extensiv genutztem Grünland finden diese Vögel noch letzte Refugien. Andere Arten wie Neuntöter und Wiesenwürger, aber auch Störche sind auf extensives Grünland im Umfeld ihres Brutortes angewiesen, weil sie nur dort Insektennahrung in ausreichender Menge und Vielfalt finden.

Bei einer intensiven Nutzung geht erst die Vielfalt der Pflanzen verloren und anschließend verschwinden die Bodenbrüter und Insekten.

... Wasser und Boden

Im Vergleich zum Ackerland ist der Oberflächenabfluss von Dauergrünland nur halb so hoch. Dauergrünland speichert aufgrund seiner durchgängigen Pflanzendecke, des stark durchwurzelten Bodens und des erhöhten Humusgehaltes deutlich mehr Wasser als Ackerflächen. Auf einer Wiese werden bis zu zwei Liter Wasser pro Quadratmeter gehalten. Also ist der Erhalt von Dauergrünland auch ein zuverlässiger Hochwasserschutz.

Das dichte Wurzelgeflecht unter dem Dauergrünland und die geschlossene Pflanzendecke filtern das durchsickernde Oberflächenwasser. Anders als auf dem Acker entstehen hier kaum Probleme durch erhöhte Nährstoffeinträge (Nitrat) aus der Landwirtschaft. Auf angrenzende Gewässer und Biotope übt vor allem extensiv bewirtschaftetes Grünland eine Pufferwirkung aus. Damit sind Grünlandflächen die beste Basis für sauberes Trinkwasser.

Grünland erfüllt wichtige Funktionen im Erosions- und Bodenschutz. Vor allem in steilen Hanglagen und in Überschwemmungsgebieten von Flusstälern verhindern Wiesen und Weisen, dass der Boden abgetragen wird. Die Verluste auf Äckern sind im Durchschnitt doppelt so hoch wie auf Wiesen und Weiden, vereinzelt sogar zehnmal so hoch. Grenzertragsflächen können als Streuobstwiese genutzt werden und bieten einen sicheren Schutz gegen Bodenabträge. Die starke Durchwurzelung und der dichte Bewuchs der Wiesen und Weiden halten den Boden fest und wirken der Erosion entgegen. 

... das Klima

Ein gesundes Klima bildet die Grundlage unseres Daseins. Nach Berechnung der Europäischen Union binden Grünland und Wälder in Europa jährlich bis zu 100 Millionen Tonnen CO2. Sie bilden so genannte "Kohlenstoffsenken". Ackerland dagegen ist CO2-Nettoemittent und setzt zwischen 10 und 40 Millionen Tonnen Kohlenstoff jährlich frei.

Im Humusanteil des Bodens ist Kohlenstoff gespeichert. Die im Boden gebundene Kohlenstoffmenge ist etwa doppelt so groß wie die in der Atmosphäre und dreimal so groß wie die in der Vegetation. Kohlenstoff im Boden zu speichern ist ein kostengünstiges und sofort einsetzbares Mittel zum Klimaschutz, das keine neuen oder unerprobten Technologien erfordert.

Kohlenstoff entweicht aus den Böden in Form von CO2, wenn Grünflächen, bewirtschaftete Forstflächen oder natürliche Ökosysteme in Ackerflächen umgewandelt werden. Doch es besteht Hoffnung. Denn dieser Prozess ist umkehrbar – indem Ackerflächen in ihren Ursprungszustand zurückgeführt werden.

... Naherholung und Tourismus

Grünlandregionen sind mit ihrem typischen Landschaftsbild prägend für die Kulturlandschaft Mitteleuropas. Sie erzeugen als Anziehungspunkt im Landschaftsmosaik mit intensiver genutzten Wiesen, Äckern und Siedlungen bei Betrachter*innen Wohlbefinden und tiefe Entspannung. Städter*innen kehren gerne immer wieder an Orte zurück, an denen Kühe, Ziegen oder Schafe grasen und eine "heile Welt" mit naturgemäßer Landbewirtschaftung zum Erleben und Ruhen einlädt.

Die Ankunft und Balzrufe der Brachvögel und Kiebitze im Frühjahr ziehen Jahr für Jahr nicht nur die Bewohner*innen angrenzender Landschaften in ihren Bann. Dem Zirpen der Grillen zu lauschen oder das schillernde Flattern der Schmetterlinge zu beobachten, sind Erlebnisse, die in unserer geräuschvollen, oft hastigen Umwelt wichtiger denn je sind.

Nachhaltiger Tourismus im ländlichen Raum, begründet auf einer artenreichen, ästhetisch schönen Umgebung, kann zudem ein zweites Standbein für landwirtschaftliche Betriebe und die ländliche Bevölkerung darstellen.

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