Der BUND fordert
Bundesverkehrsminister Scheuer muss Konsequenzen aus "Dieselgate" und schlechter Luft in unseren Städten ziehen und den Verkauf zu viel Stickoxid ausstoßender Diesel-Neuwagen stoppen!
Sein Handeln sollte geleitet sein von Sachlichkeit und Fakten (wie er es selber einfordert) und nicht von einem nachgewiesen unwissenschaftlichen Positionspapier, das am 23. Januar 2019 von einer Gruppe von Lungenärzt*innen veröffentlicht wurde. Internationale Forscher*innen, die – anders als die Verfasser*innen der Stellungnahme – mit der Erforschung der Gesundheitsgefahren von Luftschadstoffen befasst sind, kritisieren das Positionspapier scharf, wie u.a. die FAZ berichtet: Es entbehre jeglicher wissenschaftlicher Grundlage und argumentativer Kohärenz.
Die Grenzwert-Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation WHO und die seit 2010 geltenden EU-weiten Grenzwerte beruhen auf der gesamten weltweit verfügbaren wissenschaftlichen Evidenz zu den Auswirkungen der Luftverschmutzung auf die Gesundheit.
Der BUND sieht in den Aussagen von Bundesverkehrsminister Scheuer zur Rechtmäßigkeit der gesetzlichen Stickoxidgrenzwerte ein reines Ablenkungsmanöver. Der Minister versucht, vom Versagen der Bundesregierung und der Autokonzerne im Diesel-Abgasskandal abzulenken.
Offenbar wird dem Verkehrsminister nun langsam klar, dass die im so genannten "Diesel-Konzept" der Bundesregierung aufgeführten Maßnahmen nicht dazu geeignet sind, die gesetzlichen NO2-Grenzwerte in den von hohen Belastungen betroffenen 65 Städten zeitnah einzuhalten.
Doch jetzt jahrelang unbestrittene Grenzwerte, die zum Schutz der Schwächsten – nämlich kranker Menschen und Kinder – eingeführt wurden, aufgrund der Meinung einzelner Ärzt*innen und Motorenentwickler*innen zu hinterfragen, ist populistische Effekthascherei.
Gesundheitsgefahr Stickoxide
Stickoxide verursachen schwere Atemwegserkrankungen wie Asthma, belasten unser Herz-Kreislauf-System und führen allein in Deutschland jedes Jahr zu etwa 10.600 vorzeitigen Todesfällen. Laut Umweltbundesamt haben im Jahr 2017 rund 57 Prozent der verkehrsnahen Messstationen in Städten den Grenzwert für Stickstoffdioxid überschritten. Das muss sich ändern!
Dieselfahrzeuge sind die Hauptquelle für Stickoxide in unseren Städten. Daher gibt es einen seit 1999 festgelegten und seit 2010 gültigen, EU-weiten NO2-Grenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft, der zum Schutz der Menschen auf wissenschaftlicher Grundlage festgelegt wurde. Die meisten Diesel-Pkw, auch solche die aktuell noch als Neuwagen verkauft werden, erfüllen im "Realbetrieb" nicht einmal ansatzweise ihre fahrzeugspezifischen Grenzwerte. Und solange die Werte der Fahrzeuge nicht gesenkt werden, gehen die NO2-Konzentrationen in den Städten auch zukünftig nur sehr langsam zurück.
Der BUND fordert Bundesverkehrsminister Scheuer daher auf, Konsequenzen aus dem Abgasskandal zu ziehen. Er muss veranlassen, dass nur noch Diesel-Pkw, die die Abgaswerte sicher und im Realbetrieb einhalten, verkauft werden dürfen. Fahrzeuge im Bestand müssen zudem mit wirksamer Hardware auf Kosten der Hersteller nachgerüstet werden.
Noch immer rollen Diesel-Neuwagen vom Band, die ihre gesetzlichen Grenzwerte im Realbetrieb überschreiten und noch jahrelang unsere Luft belasten. Helfen Sie uns, den Betrug zu stoppen. Unterstützen Sie unsere Protestaktionen und unsere rechtlichen Schritte mit einer Spende. Für saubere Luft in unseren Städten.
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FAQs – häufige Fragen zu Diesel, NOx & Co.
"Stickoxide" (NOx) ist ein Sammelbegriff für verschiedene gasförmige Verbindungen, die aus Stickstoffatomen (N) und Sauerstoffatomen (O) aufgebaut sind. Meist werden nur die beiden wichtigsten Verbindungen, Stickstoffmonoxid (NO) und Stickstoffdioxid (NO2), aufgeführt.
Einer der Hauptverursacher von Stickoxiden (NOx) ist der Verkehr, aber auch andere Emittenten wie Baumaschinen, die Energiewirtschaft und Verbrennungsprozesse in Industrie und Gewerbe tragen je nach Region zum Teil stark zur Belastung bei.
Mit 64 Prozent ist der lokale Kraftfahrzeugverkehr der größte Verursacher von Stickoxidemissionen (NOx) in Innenstädten. Weitere 21 Prozent sind durch einen Transport aus größerer Entfernung bedingt, sieben Prozent durch Gebäudeheizung und lediglich drei Prozent durch Industrie. Maßnahmen zur Minderung der innerstädtischen NO2-Konzentrationen müssen daher hauptsächlich beim Kraftfahrzeugverkehr ansetzen. Bei den Kraftfahrzeugen sind die Diesel-Pkw mit 67 Prozent mit Abstand die größten Verschmutzter. Nutzfahrzeuge (Lkw) erzeugen etwa ein Fünftel, Busse fünf Prozent und Mopeds zwei Prozent. Weitere Pkw (Benziner und Hybrid) verursachen vier Prozent des NO2-Ausstoßes.
Stickoxide schädigen Menschen, Tiere, die Vegetation und das Klima. Für die menschliche Gesundheit besonders relevant ist Stickstoffdioxid (NO2). Dieses wird über die Atemluft aufgenommen und gelangt tief in die Lungen. Dort beeinträchtigt es die Lungenfunktion, führt zu Reizungen der Schleimhäute oder Infektionen. Ist man längerfristig übermäßigen Stickstoffdioxidkonzentrationen ausgesetzt, kann dies zu chronischem Husten, Bronchitis und Asthma führen. Besonders betroffen sind Kinder: Bereits bei einer geringen Aussetzung steigt das Risiko, an Asthma zu erkranken, enorm.
Studien haben festgestellt, dass es einen Zusammenhang zwischen hohen NO2-Konzentrationen und einer überdurchschnittlichen Gesamtsterblichkeit oder der Häufigkeit von Krankenhausaufnahmen gibt.
Auch die Natur reagiert sensibel auf veränderte Stickoxidkonzentrationen. So wachsen Pflanzen schlechter, Nutzpflanzen haben in der Folge geringere Erträge. Bei hoher Luftfeuchtigkeit entsteht aus Stickstoffdioxid Salpetersäure (auch bekannt als "saurer Regen"), was zu einer Schädigung der im Erdreich wurzelnden Pflanzen führt.
Stickstoffdioxid spielt auch eine wichtige Rolle bei der Bildung bodennahen Ozons. Insbesondere in den Sommermonaten (Sommersmog) reagieren NO2 und der Luftsauerstoff durch die Sonnenstrahlung zu Ozon (O3) und Stickstoffmonoxid (NO). Im Gegensatz zu Ozon in hohen Luftschichten, wo es schädliche UV-Strahlung zurückhält, hat bodennahes Ozon direkte negative Auswirkungen auf Menschen und Umwelt. Es reizt die Atemwege und Schleimhäute und beeinträchtigt die Lungenfunktion. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) geht von jährlich rund 21.000 vorzeitigen Todesfällen in Europa aufgrund hoher Ozonbelastungen aus.
Bodennahes Ozon hat auch eine nachgewiesene Klimawirksamkeit. Mittlerweile geht man davon aus, dass es nach CO2 und Methan das drittwichtigste, menschengemachte Treibhausgas ist und vehement zur globalen Erwärmung beiträgt.
Der Gesamtausstoß an Stickoxiden ist in den vergangenen 25 Jahren in Deutschland tatsächlich kontinuierlich gesunken. Wurden 1990 noch fast 2,9 Millionen Tonnen Stickstoffdioxid ausgestoßen, waren es 2011 nur noch rund 1,3 Millionen Tonnen. In diesem Zeitraum konnten alle NO2-Quellen ihre Emissionen reduzieren, absolut betrachtet der Verkehr am meisten. Jedoch hat er nach wie vor den mit Abstand höchsten Anteil an den Gesamt-Emissionen (ca. 38 Prozent).
Entgegen dieses Trends haben sich die NO2-Jahresmittelwerte in Deutschland nicht entsprechend verringert. So sind die NO2-Belastungen in den vergangenen zehn Jahren nur minimal gesunken. Mittels eines relativ dichten Netzwerks an Messstationen werden bundesweit die NO2-Werte erhoben. Dabei wird ein klarer Zusammenhang zwischen Messstandort und NO2-Belastung deutlich: An Hintergrundmessstellen (sowohl im ländlichen wie auch städtischen Raum) treten wesentlich geringere NO2-Belastungen auf, als an verkehrsnahen Messorten. Besonders belastet sind die Innenstädte und Hauptverkehrsstraßen. Dies verdeutlicht noch einmal eindrucksvoll die Rolle lokaler Emissionsquellen (Verkehr) und zeigt, dass die Reduzierung des Gesamtausstoßes an NO2 in Deutschland keine automatische Verbesserung der Luftqualität in den deutschen Städten nach sich zieht.
Sich (zum Beispiel als Fahrradfahrer*in oder Fußgänger*in) vor Stickoxiden in der Stadt zu schützen, ist nicht einfach. Auch gute Masken helfen kaum gegen Stickoxide. Diese können lediglich gegen Feinstaub helfen.
Am sichersten ist es, vielbefahrene Straßen und den Berufsverkehr zu meiden und eher Nebenstraßen zu nutzen. Dies gilt vor allem, wenn Sie mit Kinderwagen oder Kleinkindern unterwegs sind. Denn auf Auspuffhöhe sind die Belastungswerte am höchsten.
Je weniger Treibstoff verbraucht wird, desto weniger reaktiver Stickstoff wird freigesetzt. Jede*r Einzelne sollte das Autofahren und somit die Emissionen vermeiden. Viele Ziele lassen sich zu Fuß, per Fahrrad oder mit den öffentlichen Verkehrsmitteln (ÖPNV) erreichen.
Muss aber nach Prüfung aller Möglichkeiten doch ein Fahrzeug angeschafft werden, so sollte der geplante Kauf eines neuen Pkw nach Möglichkeit ganzheitlich durchdacht werden. Es sollte dann klein, leicht und sparsam sein. Das alle gesetzlichen Grenzwerte in allen Betriebszuständen eingehalten werden müssen, sollte selbstverständlich sein.
Neben sparsamen und effizienten Elektro- und Hybridfahrzeugen (bei Plug-in Hybride-Fahrzeugen ist dabei die Art der Nutzung entscheidend) sind vor allem Erdgasfahrzeuge eine Alternative, da ihre Abgase deutlich sauberer sind als die von Dieseln oder Benzin-Direkteinspritzern. Aber bitte beachten Sie: Auch Erdgas ist ein fossiler Energieträger und bestenfalls als Brückentechnologie anzusehen.
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Im Bericht der Untersuchungskommission "Volkswagen" des Bundesverkehrsministeriums wurden vier Modelle aufgezeigt, die ihren gesetzlichen NOx-Grenzwert von 80 Milligramm pro Kilometer (mg/km) unter realen Bedingungen einhalten oder fast einhalten. Darunter befinden sich drei Modelle des Volkswagen-Konzerns (Audi A3 2.0 (EA 288), VW (EA 288) Passat 2.0, VW Touran 2.0) und eines der Daimler AG (Mercedes C 220 Bluetec 2.1).
Auch der ADAC Eco-Test nennt zwei Diesel-Pkw-Modelle, die ebenfalls die Grenzwerte einhalten: Mercedes E 220 d 9G-tronic, BMW 118d Urban Line Steptronic.
Bei Messungen der Deutsche Umwelthilfe (DUH) haben der Mercedes E 200d (neue Motorgeneration) und der Audi A5 2.0 TDI die Grenzwerte eingehalten.
Vor zehn Jahren stießen die Diesel-Neuwagen im Durchschnitt zehn Gramm Kohlendioxid (CO2) weniger aus als die Benziner. 2015 waren es bereits zwei Gramm mehr. Die Gründe hierfür liegen in der immer höheren Motorisierung, höheren Gewichten und höhere Endgeschwindigkeiten.
Dazu kommt, dass die "Jahresfahrleistung" eines Diesels im Schnitt doppelt so hoch ist wie die des Benziners. Sprich: Die absoluten CO2-Emissionen der Diesel-Pkw sind doppelt so hoch wie die der Benziner. Sie sind ein Hauptgrund dafür, dass die CO2-Emissionen im Straßenverkehr nicht zurückgehen.
Der Dieselantrieb hätte das Potenzial gehabt, die CO2-Emissionen zur senken, er wurde vor allem von der deutschen Automobilwirtschaft in den vergangenen Jahren aber dazu benutzt, die Fahrzeuge immer größer und leistungsstärker auszustatten, egal ob es das Anforderungsprofil der Nutzer*innen notwendig macht. Dieser Trend ist noch immer nicht gestoppt, sondern geht mit dem Boom der Pseudo-Geländewagen munter weiter.
Gleichzeitig erscheinen Fahrzeuge immer umweltfreundlicher, da die offiziellen Angaben zu Verbrauch und CO2-Ausstoß immer weiter von den Realwerten abweichen, was übrigens auch für Benziner gilt. Deshalb müssen für uns die realen Gesamt-Emissionen als Größe betrachtet werden, denn diese sind es, die die Bundesregierung nach eigenen Angaben bis 2030 um 40 bis 42 Prozent verringern will.
Dazu bedarf es unter anderem weniger, kleinerer und vor allem sparsamerer Fahrzeuge – egal ob Diesel, Benziner oder E-Fahrzeuge.
Wir setzen uns für einen Verkaufsstopp schmutziger Diesel-Neufahrzeuge ein. Noch immer werden in Deutschland tagtäglich fabrikneue Diesel-Pkw verkauft, die ihren NOx-Grenzwert von 80 Milligramm pro Kilometer (mg/km) bestenfalls im Labor einhalten. Auf der Straße überschreiten sie teilweise bis zu 14-fach die Grenzwerte. Einige Neuwagen emittieren auf der Straße über 1.000 mg/km. Unseren Berechnungen zufolge werden in Deutschland täglich rund 3.500 fabrikneue Dieselfahrzeuge verkauft, die ihren gesetzlichen NOx-Grenzwert auf der Straße überschreiten.
Der BUND sagt klar: Emissionsgrenzwerte müssen eingehalten werden. Hält ein Diesel-Neuwagen den Emissionsgrenzwert für Stickstoffoxide nicht ein, soll das Fahrzeug nicht verkauft werden dürfen.
Das Hauptaugenmerk des BUND liegt darauf, dass nicht noch mehr schmutzige Diesel auf unsere Straßen kommen, die im Realbetrieb die gesetzlichen Grenzwerte nicht einhalten. Das selbst neue Diesel-Pkw die NO2-Grenzwerte nicht einhalten, ist ein Skandal, den Autoindustrie und Verkehrsministerium zu verantworten haben.
Dass Bürger*innen, die, eventuell sogar in dem Glauben, eine relativ "grüne" Kaufentscheidung zu treffen, dies ausbaden sollen, ist ungerecht. Deshalb muss die Industrie dafür sorgen, dass betroffene Fahrzeuge so nachgebessert oder nachgerüstet werden, dass sie ihre jeweiligen gesetzlichen NOx-Grenzwerte in allen Betriebszuständen einhalten. Deshalb soll vor allem der Verkauf schmutziger Diesel-Neuwagen gestoppt werden.
Da die Diesel-Pkw, die in den vergangenen Jahren neu auf die Straße kamen, ihre gesetzlichen NOx-Grenzwerte auf der Straße nicht einhalten, plädieren wir zusätzlich für die Einführung der Blauen Plakette.
Die Forderung des BUND nach einem Verkaufsstopp bezieht sich auf alle Diesel-Neuwagen, die ihren gesetzlichen NOx-Grenzwert im Realbetrieb nicht einhalten. Konkret beziehen wir uns dabei zunächst auf Daten des Bundesverkehrsministeriums, die im Rahmen des Berichts der Untersuchungskommission "Volkswagen" erhoben wurden.
Der Bericht benennt konkret Modelle der Marken Audi, BMW, Dacia, Ford, Honda, Hyundai, Jaguar, Land Rover, Mazda, Mercedes Benz, Opel, Peugeot, Porsche, Renault, Suzuki, Volkswagen und Volvo.
Wir gehen aber davon aus, dass weitere Modelle auch weiterer Hersteller betroffen sind.