Der Protest rund um die Rodung des Dannenröder Walds sorgte bundesweit für Aufregung.
Gegen den Willen von Naturschützer*innen und weiten Teilen der Bevölkerung wurde der Neubau des Teilstücks der A 49 rabiat durchgesetzt – und damit die Abholzung des gesunden Waldes.
Leider ist die A 49 kein Ausnahmefall. Bundesweit sind eine Vielzahl von umwelt- und klimaschädlichen Fernstraßen geplant. Häufig sollen sie durch Natur- und Wasserschutzgebiete verlaufen. Die Straßen sind oft intransparent und unter Annahme falscher Daten entworfen worden.
Der BUND hat zu zahlreichen Neubauprojekten Alternativen entwickelt. Hier stellen wir zwölf von ihnen exemplarisch vor. Diese Alternativen schonen nicht nur Natur und Klima; auch die Gemeinden und die Wirtschaft vor Ort würden von ihnen profitieren. Es ist noch nicht zu spät, umzulenken!
Desaster im Dutzend: Zwölf unnötige Fernstraßen und ihre umweltschonenden Alternativen
Wenn der Abfluss des Waschbeckens verstopft ist, muss man die Verstopfung im Rohr beseitigen – logisch. Niemand würde stattdessen auf die Idee kommen, das Waschbecken einfach durch ein größeres zu ersetzen. Aber genau das passiert gerade zwischen Leverkusen und Oberhausen.
In diesem Szenario ist das Waschbecken die sechsspurige A 3, auf der es sich ständig staut. Die Ursache für den Stau liegt aber nicht auf der A 3 selbst – also dem Waschbecken – sondern an den kreuzenden A 46 und A 1. Trotzdem soll die A 3 ausgebaut werden. Nach dem Ausbau werden Autofahrer*innen also künftig auf acht statt sechs Spuren im Stau stehen. Und mit jedem Stau wächst die Belastungen für das Klima.
Die sogenannte "Pannen-Autobahn" soll es bald im XXL-Format geben – entsprechend entwickeln sich die Kosten des Projekts. Ursprünglich waren von der Bundesregierung 1,9 Milliarden geplant, 2020 hieß es dann, es werde ein bisschen teurer: satte sechs Milliarden. Auf mindestens sieben Milliarden schätzt der BUND die Kosten des Baus der A 20.
Allein aus wirtschaftlichen Gründen muss der Ausbau also gestoppt werden. Es kommt allerdings noch dicker: Die A 20 ist eines der umweltschädlichsten Straßenbauprojekte der Bundesrepublik. Rund 80 Prozent der geplanten Trasse verlaufen durch Moore und Marschböden, die insgesamt 450 Millionen Tonnen CO2 binden. Ein erheblicher Teil des Treibhausgases würde durch den Bau freigesetzt, seltene Tierarten und angepasste Pflanzen zerstört werden.
Noch ist zwischen Lüneburg und Wolfsburg nichts entschieden. Der BUND hatte bereits 2019 mit einer Klage gegen den Bau Erfolg. Ein Gericht stellte zahlreiche rechtswidrige Mängel in der Planung fest und gab damit dem BUND recht. Die geplante A 39 läuft durch wertvolle Wasserschutz- und Waldgebiete. Eine Umsetzung würde zu Rodungen und zur zusätzlichen Belastung von Gewässern führen.
Deshalb muss das Projekt A 39 endgültig eingestellt werden. Stattdessen kann die parallel verlaufende B 4 ausgebaut und Ortschaften durch Umfahrungen entlastet werden. Das ist kostengünstiger und stärkt laut Studien der Uni Lüneburg die regionale Wirtschaft. Es ist noch nicht zu spät!
Mehr zur A 39 und den Kosten für Natur und regionale Wirtschaft
Die A 46 ist das Gegenteil von einem guten Wein. Vor über 50 Jahren wurde die Autobahn geplant, aber statt zu reifen, ist sie heute vor allem unnütz und teuer. Niemand weiß das besser als die Einwohner*innen des östlichen Ruhrgebiets. In den Gemeinden vor Ort wächst bereits Widerstand gegen das Bauprojekt A 46.
Gerade mal auf zwei Straßen in der Region wird sich der Verkehr durch die Autobahn verringern, alle anderen Straßen werden kaum oder gar nicht entlastet. Im Gegenteil: Einige Ortschaften werden durch den Neubau zusätzlich mit Lärm und Smog belastet. Hinzu kommt, dass die Autobahn durch Naturschutz- und Naherholungsgebiete laufen soll. Trotzdem redet die zuständige Behörde den Bau schön – und geht dabei intransparent vor.
880 Millionen sind viel Geld für 40 Kilometer Autobahn. Bei so einem teuren Projekt sollte dann auch alles stimmen. Doch die A 98 ist alles andere als ein vielversprechendes Projekt. Stattdessen würde sie die wohl teuerste Sackgasse der Republik werden. Denn einen Anschluss an die bereits bestehende A 98 bei Singen lehnte der Schweizer Kanton Schaffhausen ab.
Somit wäre der Neubau für den überregionalen Verkehr in der Region nutzlos. Die Zerstörung der Natur am Rande des Schwarzwalds – hier soll das neue Teilstück verlaufen – muss also dringend vermieden werden. Stattdessen würden Schienenausbau und ein paar Ortsumgehungen der Bevölkerung vor Ort die gewünschte Entlastung bringen.
Eine Autobahn mitten durch Berlin: Für dieses abstruse Projekt müssten Gebäude abgerissen, Brücken und Tunnel errichtet sowie ein Gartendenkmal am Treptower Park vernichtet werden. Komplett absurd, könnte man meinen. Doch FDP, AfD, CDU und Teile der SPD halten an dem Weiterbau der A 100 fest. 500 Millionen Euro aus Bundesmitteln sollen in das Projekt fließen. Der Berliner Senat hätte dieses Geld lieber, um den ÖPNV und den Radverkehr auszubauen.
Aber die Bürokratie verbietet dem Senat, das Geld für klimafreundliche Verkehrsprojekte auszugeben. Dabei würde die Erweiterung besonders den im Osten der Stadt lebenden Berliner*innen zusätzlich mit Verkehrslärm und schlechter Luft schaden. Wo eine derartige Verkehrspolitik hinführt, kann man in einigen chinesischen Metropolen beobachten, wo Masken bereits vor der Corona-Pandemie zum Alltagsequipment der Bevölkerung gehörten.
Mehr dazu, warum der A-100-Ausbau ersatzlos gestrichen werden muss
Die Chemie-Lobby hat sich vehement für den Ausbau der A 553 eingesetzt und das gegen den Willen vieler Kölner*innen. Denn die sollen von der neuen Autobahnstrecke auch gar nicht profitieren. Stattdessen würden große Chemie-Unternehmen miteinander verbunden werden – auf Kosten der Steuerzahler*innen.
Das Geld, das für die A 553 eingeplant wird, fehlt beim Ausbau des ÖPNV. Doch gerade hier gibt es massiv Luft nach oben, um den Berufsverkehr zu entlasten. Die Niederkassler SPD hat das bereits eingesehen und ist nun gegen den Autobahnausbau. Es ist also nicht zu spät, um das Lobbyvorhaben noch zu stoppen.
Das UNESCO-Biosphärenreservat Pfälzerwald-Nordvogesen ist das größte zusammenhängende Waldgebiet Westeuropas. Ausgerechnet durch dieses Waldgebiet läuft die B 10 – und wenn es nach dem Willen der Behörden geht, soll sie sogar noch ausgebaut werden. Eine unnötige Belastung, da dieses Projekt nicht rentabel ist.
Absurd ist vor allem, dass parallel zur geplanten Straße eine Schienenstrecke liegt. Die könnte für den Güterverkehr ausgebaut werden. Der geplante Ausbau der B 10 ist somit ein Musterbeispiel für gescheiterte Verkehrspolitik. Statt auf die umwelt- und naturverträglichere Schiene zu setzen, soll die Bundesstraße vierspurig werden.
Mehr zur B 10 und wie der Ausbau stattdessen auf das Schienennetz umgelenkt werden kann
Seit 1974 und teils in dritter Generation wehren sich Anwohner*innen gegen den Neubau der B 15 zwischen Landshut und Rosenheim. Die Landesregierung in Bayern will das Vorhaben dennoch durchdrücken und das möglichst ohne die Öffentlichkeit zu beteiligen, denn die macht immer wieder "Probleme".
Ursprünglich war hier eine neue Autobahn geplant. Als der Widerstand wuchs, schwenkte man auf eine Bundesstraße um, doch auch die soll vierspurig werden – eine Scheinverbesserung. Mit ihren vier Spuren würde die Strecke der umliegenden Natur erheblichen Schaden zufügen. Ein fataler Eingriff in die bayerische Kulturlandschaft und mehrere Biotope.
Mehr zur geplanten B 15n und ihren dreizehn (!) Alternativen
Das Ziel des Projekts stimmt schon mal: Würzburg entlasten. Trotzdem wird die Landesregierung in Bayern dieses Ziel verfehlen – vorausgesetzt die B 26n kommt wie geplant. Denn der Ausbau von A 3 und A 7 macht die neue B 26n unnötig. Statt einer erheblichen Entlastung würde sie Verkehr von den Autobahnen hin zu den Gemeinden verlagern. Das bedeutet mehr Lärm und Smog für die Bewohner*innen.
Damit nicht genug: Der Neubau würde dem Naturschutzgebiet Grainberg-Kalbenstein schaden. Jagdverbände klagen bereits, weil sie die Gefahren durch Fernstraßen für Wild in der Region kennen. Auch Weinberge und fruchtbare Böden würden durch den Neubau zerstört werden. Diese haben einen unschätzbaren Wer für die regionale Nahrungsmittelproduktion der Zukunft.
Mehr über die zahlreichen Gründe, die gegen den Neubau der B 26n sprechen
Im Sommer nimmt der Verkehr von Berlin in Richtung Ostsee bekanntlich zu. Dann treibt es die Berliner*innen in Scharen ans Meer. Praktisch also, dass es bereits mehrere Autobahnen gibt, die Berlin mit der Ostsee verbinden: die A 19 und A 24 und etwas weiter östlich die A 11 und A 20. Doch dem Bundesverkehrsministerium reichen diese Verbindungen offenbar nicht aus. Nun soll zwischen den beiden Autobahnverbindungen auch noch die B 96 gebaut werden – als Konkurrenz zu den Autobahnen.
Dabei ist das Projekt B 96 überdimensioniert. Zwar braucht es etwa im brandenburgischen Fürstenberg dringend eine Ortsumfahrung, doch eine teils vierspurige Bundesstraße dürfte selbst den lärmgebeutelten Fürstenberger*innen übertrieben erscheinen. Der BUND plädiert deshalb auch dafür, die Bürger*innen bei der Planung von bedarfsgerechten Ortsumfahrungen stärker mit einzubeziehen.
Updates sind dazu da, Fehler zu beheben. Das geht manchmal in die Hose. Die B 190n soll sozusagen das Update der B 190 werden. Statt die bestehende Bundesstraße auszubauen, wollen Kommunalpolitiker*innen und Industrie- und Handelskammer einen 90 Kilometer langen Neubau errichten. Rentabel ist das nicht, doch mit falschen Daten hat sich die zuständige Straßenbaubehörde das Projekt "schöngerechnet".
Dabei wäre es ganz einfach: Eine zweispurige Bundesstraße hat eine Kapazität für 20.000 Fahrzeuge pro Tag. Lediglich 5.000 Fahrzeuge pro Tag würden die neue B 190n in Zukunft befahren, so die offizielle Prognose. Das zeigt: Die Behörden wollen am Bedarf vorbeiproduzieren und investieren Geld in neue überflüssige Straßen, anstatt die bestehende Infrastruktur zu erhalten. Ein Lehrstück in öffentlichem Missmanagement.
Mehr zum geplanten Bau der B 190n und dem günstigeren Ausbau der B 190
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