6,3 Milliarden Euro Agrar-Gelder fließen von 2021 bis 2027 jährlich nach Deutschland. Doch wofür wird das EU-Geld eingesetzt?
Gefördert werden die Großen
Den größten Anteil machen Direktzahlungen an Agrarbetriebe aus – rund 4,9 Milliarden Euro. Davon profitieren besonders die Betriebe, die viel Fläche bewirtschaften. In Deutschland kassieren 1,7 Prozent der Betriebe ein Viertel aller Direktzahlungen. Die Zahlung der Gelder erfolgt bisher, ohne dass dafür besonders hohe Anforderungen in den Bereichen Natur-, Umwelt- und Tierschutz eingefordert werden. Dies wird sich ab 2023 leicht verbessern, da beispielsweise vier Prozent der Ackerflächen für Hecken oder Brachen genutzt werden müssen.
In der laufenden Förderperiode wurde das so genannte "Greening" als verpflichtender Beitrag eingeführt, aber ohne großen Erfolg für Umwelt und Natur. Daher wird es ab 2023 wieder abgeschafft. Stattdessen werden umwelt- und klimapolitische Leistungen der Bäuer*innen durch eine neue Prämie namens "Öko-Regelungen" bezahlt. Auch die Grundanforderungen an die Bewirtschaftung werden leicht verschärft.
Leistungen für alle werden kaum honoriert
Die pauschalen Flächenprämien sind Teil der sogenannten "Ersten Säule" der gemeinsamen Agrarpolitik, die EU-weit rund 80 Prozent der Gelder in Beschlag nimmt. Die Mittel der "Zweiten Säule" der Agrarförderung fallen mit nur 20 Prozent der gesamten Zahlungen deutlich geringer aus. Aus der "Zweiten Säule" werden viele gesellschaftlich relevante Leistungen bezahlt. Dazu gehören u.a. der Ökolandbau, Agrar-Umweltprogramme, das Management der Natura 2000-Gebiete und die Regionalvermarktung.
Diese Säulen-Aufteilung und die Flächenprämie sind seit Jahren in der Kritik.
Gut ist, dass es ab 2023 bessere Förderangebote auch in der ersten Säule geben wird: Rund eine Milliarde Euro für die Öko-Regelungen, um Klima- und Umweltschutz auf den Betrieben zu stärken. Gelder für Mutterkuhhaltung, Schafe und Ziegen werden neu eingeführt. Auch Junglandwirt*innen werden unterstützt und Gelder von der ersten in die zweite Säule verschoben, um die Programme der zweiten Säule besser finanzieren zu können.
Chancen für eine ökologischere und gerechtere EU
Der BUND fordert, die bäuerliche und ökologische Landwirtschaft in der EU voranzubringen und ein weiteres Höfesterben zu vermeiden. Wir brauchen eine Landwirtschaft, die mit der Natur arbeitet statt gegen sie. Dies können wir nur durch eine andere, nämlich eine ökologische und gerechte Verteilung der EU-Agrarfördermittel erreichen.
Dabei muss klar sein: Die pauschale Flächenprämie muss schrittweise abgeschafft werden – wie von der Zukunftskommission Landwirtschaft zurecht gefordert – und durch Prämien zur Honorierung von gesellschaftlichen Leistungen der Bäuerinnen und Bauern ersetzt werden. Wenn Landwirtinnen und Landwirte freiwillig mehr für das Tierwohl sowie zum Schutz der Umwelt und des Klimas tun, dann verdienen sie dabei unsere Unterstützung. Dafür sollten die GAP-Milliarden verwendet werden. Gleichzeitig ist bei sinkenden GAP-Geldern die Politik in der Pflicht, den Rahmen für faire Preise für die landwirtschaftlichen Erzeuger*innen zu setzen.
Überarbeitungsbedarf in 2022 – Start der neuen GAP in 2023
Wie die GAP in Deutschland konkret aussieht, wird in mehreren Gesetzen und Verordnungen geregelt. In einem so genannten GAP-Strategieplan werden diese Regelungen näher beschrieben und von der EU-Kommission überprüft. Im Laufe des ersten Halbjahrs 2022 ist mit Kritik seitens der EU-Kommission und Änderungen an den GAP-Gesetzen und -Verordnungen zu rechnen.
Aus Sicht des BUND betrifft dies vor allem das zu geringe Budget für die Öko-Regelungen, die fehlenden Vorhaben zum Klimaschutz sowie die Finanzierung des Ausbaus des Ökolandbaus auf 30 Prozent in 2030.
- Stellungnahme der Verbände-Plattform zum GAP-Strategieplan vom März 2022 (PDF vom 22.3.2022)
- BUND-Stellungnahme zu deutschen GAP-Verordnungen (PDF vom 15.10.2021)
- Stellungnahme der Verbände-Plattform zu drei GAP-Gesetzen im Mai 2021 (PDF vom 26.5.2021)
- Stellungnahme zu drei Gesetzentwürfen zur nationalen Ausgestaltung der EU (GAP) nach 2023 (PDF vom 11.3.2021)
- BUND-Forderungen zur Ausgestaltung der EU-Agrarpolitik (GAP) in Deutschland ab dem 1.1.2023 (PDF vom 23.11.2020)
- Stellungnahme der Verbände-Plattform zur Agrarministerkonferenz im September 2020 (PDF vom 18.9.2020)
- Stellungnahme der Verbände-Plattform zum Entwurf der Bedarfsanalyse des BMEL (PDF vom 22.7.2020)
- Stellungnahme zur dritten Änderung des Direktzahlungen-Durchführungsgesetzes (PDF vom 2.6.2020)
- Stellungnahme zur nationalen Ausgestaltung der "Grünen Architektur" sowie der Direktzahlungen der EU-Agrarpolitik in Deutschland ab dem 1.1.2023 (PDF vom 26.5.2020)
- Stellungnahme der Verbände-Plattform zum BMEL-Entwurf einer SWOT-Analyse zur GAP nach 2020 (PDF vom 18.9.2019)
- Stellungnahme der Verbände-Plattform zur Ausgestaltung der Eco-Schemes im Rahmen der EU-Agrarpolitik nach 2020 (PDF vom 21.3.2019)
- Stellungnahme der Verbände-Plattform zum TOP "GAP nach 2020" auf der Agrarministerkonferenz von Bund und Ländern am 27./28.9.2018 (PDF vom 18.9.2018)
- Stellungnahme der Verbände-Plattform zum Bund-Länder-Gespräch mit den Kommissaren Hogan und Oettinger am 10. Juli 2018 in Brüssel (PDF vom 3. 7.2018)
- Stellungnahme der Verbände-Plattform: Die EU-Agrarpolitik muss gesellschaftlichen Mehrwert bringen (PDF vom März 2018)
- DNR-Positionspapier: Forderungen zum EU-Budget nach 2020 (PDF vom 8.1.2018)
- Stellungnahme der Verbände-Plattform: Für eine gesellschaftlich unterstützte Landwirtschaftspolitik (PDF vom März 2017)
Fragen und Antworten zur EU-Agrarpolitik
Agrarpolitik wird nicht in Dublin, Paris oder Bukarest gestaltet, sondern in Brüssel. Kein anderer Wirtschaftsbereich ist in der Europäischen Union so stark durch gemeinschaftliche Regeln geprägt wie die Landwirtschaft – sie unterliegt der Gemeinsamen Agrarpolitik – kurz "GAP".
Ihre Ziele und Aufgaben wurden erstmals 1957 festgelegt. Die anfangs aus nur sechs Ländern bestehende Staatengemeinschaft wollte die Menschen im zerstörten Nachkriegseuropa mit genügend Nahrungsmitteln zu angemessenen Preisen versorgen. Daher sollten die Produktivität in der Landwirtschaft gefördert, die Märkte stabilisiert und der landwirtschaftlichen Bevölkerung eine angemessene Lebenshaltung gesichert werden.
Das Ziel der Selbstversorgung hat die GAP innerhalb kürzester Zeit erreicht. Schon in den 1970er Jahren produzierten die Bäuer*innen in der EU mehr Nahrungsmittel, als gebraucht wurden. Die Zeit der "Butterberge", "Milchseen" und spektakulären Obstvernichtungen in den südlichen Mitgliedsländern begann.
Obwohl seither die EU-Agrarpolitik viele Male grundlegend überarbeitet wurde, ist nie ein neuer Zielkatalog vereinbart worden, der den Herausforderungen des 21. Jahrhunderts entspricht. Das betrifft vor allem den enormen Einfluss der Landwirtschaft auf Umwelt, Natur, nachhaltige Entwicklung und globale Gerechtigkeit.
Derzeit stehen der Agrarpolitik ca. 38 Prozent des jährlichen EU-Budgets zur Verfügung: Das sind ca. 58 Milliarden Euro – umgerechnet 114 Euro pro EU-Bürger*in. Auch, wenn die GAP momentan der größte EU-Haushaltsposten ist, sinkt ihr prozentualer Anteil seit Jahren. 1988 waren es 55 Prozent – 2027 sollen es nur noch 27 Prozent sein.
Die GAP wird in zwei Teilbereiche aufgeteilt. Diese werden "Säulen" genannt. Die erste Säule verfügt über 75 Prozent des GAP-Geldes und heißt "Europäischer Garantiefonds für die Landwirtschaft". Aus diesem Fonds werden die Pauschalen an landwirtschaftliche Betriebe gezahlt: die Flächenprämien. Im Durchschnitt gibt es in der ganzen EU für jeden Hektar pro Jahr 267 Euro – in Deutschland etwa 280 Euro. Wegen der unterschiedlich großen Betriebe führt diese Regelung dazu, dass EU-weit ungefähr 80 Prozent der Gelder an nur 20 Prozent der Prämienempfänger*innen gehen.
Die zweite Säule umfasst nur 25 Prozent des GAP-Budgets und heißt "Europäischer Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums". Daraus werden die Programme zur Entwicklung der ländlichen Räume, für Ökolandbau, zur Unterstützung der Landwirtschaft in benachteiligten Gebieten oder für Umwelt-, Klima- und Naturschutz bezahlt.
In der laufenden Förderperiode von 2014 bis 2020 wurden 30 Prozent der Direktzahlungsmittel aus der ersten Säule in das so genannte "Greening" gesteckt. Dieses Greening hat drei Komponenten, die zu mehr Umwelt- und Naturschutz beitragen sollten (Details: siehe Frage zum Greening).
Darüber hinaus befindet sich in der zweiten Säule ein Fördertopf namens "Agrarumwelt- und -klimaschutzmaßnahmen", mit welchem konkrete Maßnahmen finanziert werden können.
Zukünftig soll es nach dem Vorschlag der EU-Kommission ein neues Instrument der "grünen Architektur" geben: die "Öko-Regelungen" oder auch "Eco-Schemes". Mit diesem Fördertopf sollen flächenbezogene Maßnahmen aus der ersten Säule finanziert werden. Die Mitgliedstaaten sollen verpflichtet werden, "Eco-Schemes" anzubieten. Allerdings wurde bisher weder vorgeschrieben, wie viel Geld sie dafür reservieren sollen, noch ist gesichert, dass die Bauernhöfe davon Gebrauch machen. Denn für Landwirt*innen sollen "Eco-Schemes" freiwillig sein.
Der BUND fordert gemeinsam mit anderen Verbänden in einer Stellungnahme ein EU-weites Mindestbudget von anfangs 30 Prozent für die "Eco-Schemes" und möchte damit zum Beispiel breitere Gewässerrandstreifen, extensive Weidetierhaltung oder auch die Anlage von Blühstreifen, Hecken, Brachen oder Baumreihen zwischen Ackerschlägen finanzieren. Auch der Ökolandbau könnte so finanziert werden. Im Laufe der Förderperiode sollte der Prozentsatz jährlich angehoben werden.
In Deutschland bekommen Landwirt*innen von der GAP durchschnittlich 280 Euro Flächenprämie pro bewirtschafteten Hektar. Wer also viel Fläche bewirtschaftet, kann viel Hektarprämie erhalten. Für die ersten 46 Hektar gibt es etwas höhere Beträge.
Laut dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft beträgt der Anteil an EU-Zahlungen am Einkommen eines Betriebs rund 46 Prozent. Aus diesem Grund lehnen viele Landwirt*innen Änderungen im Bereich der pauschalen Flächenprämie kategorisch ab und die Bauernverbände blockieren jegliche Reformversuche.
Aus Sicht des BUND geht es jedoch nicht darum, alle Prämien abzuschaffen und damit einen erheblichen Einkommensverlust zu verursachen. Die Fördermittel sollen so reformiert werden, dass damit gezielt gesellschaftlich gewünschte Leistungen honoriert werden können. Darüber hinaus setzt sich der BUND für faire Erzeugerpreise ein.
Dem Landwirtschaftssektor werden derzeit rund acht Prozent der nationalen Treibhausgasemissionen zugerechnet. Einschließlich der Emissionen aus Acker- und Grünlandflächen erhöht sich der Anteil auf etwa 11,5 Prozent.
Die Emissionen von im Ausland genutzten Flächen, auf denen Futtermittel für den Import nach Deutschland produziert werden, und die damit verbundenen Landnutzungsänderungen sind in diesen Zahlen noch nicht enthalten. 2016 verursachte die Landwirtschaft fast 60 Prozent der Methan- und 80 Prozent der Lachgasemissionen. In absoluten Zahlen entspricht der Landwirtschaftsanteil der Emissionen etwa 72 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten.
Bei den Reformen der EU-Agrarpolitik gewann die Klimakrise zwar zunehmend an Bedeutung. Dennoch gibt es bei der Förderung von Klimaschutzmaßnahmen große Unterschiede zwischen den EU-Staaten. In vielen Ländern ist das Engagement eher marginal.
Für alle Mitgliedstaaten verbindlich sind nur die "Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen" (siehe Frage "Wie kann Umwelt- und Naturschutz aus der GAP finanziert werden?"). Durch sie werden ein integriertes Düngemittelmanagement, diversifizierte Fruchtfolgen und andere klimabezogene Maßnahmen gefördert. Es wurde aber nie ein konkretes Ziel formuliert, wie weit die Emissionen der EU-Landwirtschaft reduziert werden sollen.
Wer viel Fläche bewirtschaftet, bekommt viel Geld aus der ersten Säule der GAP. Dafür verlangt Brüssel kaum Gegenleistungen – außer Gesetze und Verordnungen einzuhalten.
Während hierzulande ein Bauernhof mit 50 Hektar jährlich ca. 14.000 Euro erhält, kann ein Großbetrieb von 5.000 Hektar mit 1,4 Millionen Euro Flächenprämien auf dem Konto rechnen. EU-weit erhalten 20 Prozent der Betriebe auf diese Weise 80 Prozent der Gelder.
Selbst in Brüssel wurde dieses Ungleichgewicht erkannt. Daher räumt die EU-Kommission den Mitgliedstaaten ein, Flächenprämien ab einem bestimmten Betrag zu kappen und einen "Erste-Hektar-Aufschlag" zu zahlen. So bekommen die Betriebe in Deutschland für die ersten 46 Hektar eine Bonuszahlung (von 30 bis 50 Euro pro Hektar).
Aus Rücksicht auf die ost- und norddeutschen Großbetriebe werden die darüber hinaus bestehenden Möglichkeiten, eine Maximalgrenze pro Betrieb einzuführen oder die Flächenprämie stufenweise abzuschmelzen, in Deutschland nicht genutzt (Kappung und Degression).
Dabei ist der Reformbedarf groß, denn ganze 26 Prozent der Direktzahlungen gingen 2016 in Deutschland an nur 1,6 Prozent der Betriebe.
Öko? Logisch! Das hat auch die Bundesregierung erkannt. Sie will den Ökolandbau bis 2030 auf 20 Prozent der Fläche steigern. Die EU strebt sogar 25 Prozent an. Damit das gelingt, müssen mehr GAP-Gelder als bisher für Öko-Prämien genutzt werden.
So können Betriebe auf Ökolandbau umgestellt und bisherige Bio-Höfe für ihre ökologischen Leistungen besser bezahlt werden. Zusätzlich zur Flächenprämie bekommen Ökobetriebe in Deutschland ca. 250 Euro Öko-Prämie pro Hektar und Jahr aus der zweiten Säule der GAP. Hierbei wird zwischen einer Umstellungsprämie und einer Prämie für die ökologische Bewirtschaftung unterschieden. Bereits 1,6 Millionen Hektar werden in Deutschland auf fast 35.000 Bio-Bauernhöfen ökologisch bewirtschaftet. Das sind knapp zehn Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche. Doppelt so viel wie vor 15 Jahren!
Für den BUND ist der Ökolandbau das Modell der Zukunft – wir wollen 100 Prozent. Die Erfahrungen der Bio-Bauernhöfe können der konventionellen Landwirtschaft helfen, Schritt für Schritt umwelt- und klimaschonender zu arbeiten. Der BUND erwartet daher von der Politik, den Ökolandbau besser zu fördern als bislang.
Außerdem erwartet der BUND, dass die zukünftigen GAP-Gelder dafür genutzt werden, den Ausbau auf 20 Prozent bis 2030 abzusichern. Dafür wären etwa 830 Millionen Euro pro Jahr notwendig. Zur Finanzierung bieten sich aus Sicht des BUND auch die so genannten "Eco Schemes" an.
Die Bindung bestimmter EU-Agrarzahlungen an Verpflichtungen für den Umweltschutz, die Gesundheit von Mensch, Tier und Pflanze sowie den Tierschutz wird als "Cross-Compliance" bezeichnet.
Diese so genannte Auflagenbindung ("Cross-Compliance") wurde bei der EU-Agrarreform 2003 eingeführt. Diesen Cross-Compliance-Verpflichtungen unterliegen EU-weit alle Betriebe, die EU-Fördermittel erhalten. (Quelle: BMEL)
Das "Greening" besteht aus drei Elementen: Es umfasst den Erhalt von Dauergrünlandflächen (mindestens fünfjährige Wiesen und Weiden), eine gewisse Anbaudiversifizierung (Mindestanzahl und maximale Anteile der angebauten Feldfrüchte) sowie die Bereitstellung so genannter "ökologischer Vorangflächen" an oder auf Ackerland.
Das Greening gilt als verpflichtend für alle Betriebe, die Direktzahlungen beantragen. Ausgenommen vom Greening sind Betriebe, die unter die Regelung für Kleinlandwirt*innen fallen. Zudem gibt es Ausnahmen für Betriebe mit einem hohen Anteil (mindestens 75 Prozent) an Grünland, Grasanbau, Leguminosenanbau und Brachen. Als automatisch "green" gelten Betriebe des Ökolandbaus.
Die "ökologischen Vorrangflächen" müssen auf fünf Prozent der Ackerfläche bereitgestellt werden. Anstatt hierbei nur nicht-produktive Flächen wie Brachen, Randstreifen oder Feldgehölze anzubieten, wurden auch Agrarkulturen wie Leguminosen oder Zwischenfrüchte in den Angebotskatalog aufgenommen. Bis Ende 2017 war auf diesen Flächen sogar der Einsatz von Pestiziden erlaubt (was den "ökologischen Vorrang" auf diesen Flächen ad absurdum führte).
Die Greening-Prämie beträgt 30 Prozent der Direktzahlungen. Durch die starken Abschwächungen im damaligen Gesetzgebungsprozess im EU-Agrarrat und EU-Parlament und durch eine entsprechend komplizierte, aber inhaltlich weiter abgeschwächte Umsetzung in den Mitgliedstaaten hat das Greening nur sehr wenig positive Verbesserungen für den Erhalt der Biodiversität gebracht.
Die Verwässerungstaktik der Agrarlobby ist voll aufgegangen und hat das gut gemeinte Greening nahezu zerstört. Daher sieht nicht nur der BUND das Greening als gescheitert an. In der neuen Förderperiode sollen die Greening-Elemente auf Vorschlag der EU-Kommission direkt in die Förder-Grundbedingungen (Konditionalität) aufgenommen werden.
Im Juni 2018 hat die EU-Kommission ihre Vorschläge zur Zukunft der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) vorgelegt. In ihren Vorschlägen hält die EU-Kommission grundsätzlich an der bisherigen GAP-Struktur fest. Sie favorisiert weiterhin eine Aufteilung in eine große erste Säule mit den in der Regel pro Hektar berechneten Direktzahlungen und der wesentlich schwächer ausgestatteten zweiten Säule.
Neu ist der Vorschlag, von jedem Mitgliedstaat die Erarbeitung und Vorlage eines GAP-Strategieplans für beide Säulen zu verlangen. Die EU-Kommission will viele Festlegungen über Maßnahmen, Kontrolle und Sanktionen nicht mehr auf EU-Ebene im Detail treffen, sondern dies den Mitgliedstaaten überlassen. Mit den neuen GAP-Strategieplänen sollen die Mitgliedstaaten neun zentrale Ziele verfolgen. Dafür schlägt die EU-Kommission basierend auf drei allgemeinen Zielen je drei wirtschaftliche, ökologische und soziale Ziele vor. Jedem GAP-Strategieplan geht eine Bedürfnis- und SWOT-Analyse voraus.
Die EU-Kommission schlägt zudem eine neue "grüne Architektur" für die GAP vor: Das "Greening" (siehe FAQ-Eintrag dazu) soll abgeschafft bzw. in die neue Liste an Grundanforderungen ("erweiterte Konditionalität") aufgenommen werden. Weiterhin sind in der zweiten Säule "Agrarumwelt- und –klimamaßnahmen" (AUKM) vorgesehen.
Neu ist, dass die Mitgliedstaaten verpflichtet werden sollen, nun auch in der ersten Säule eine gezielte Förderung von besonders umwelt- und klimaschonenden Maßnahmen anzubieten. Dieses neue Förderinstrument trägt den etwas irreführenden Namen Öko-Regelungen (siehe "Eco-Schemes").
Das ohnehin schleppende Gesetzgebungsverfahren wird durch die Corona-Pandemie weiter verzögert. Mit einer Einigung über den neuen Sieben-Jahres-Haushalt der EU (MFR genannt), der ab dem Jahr 2021 gültig sein wird, ist nicht vor Ende 2020 zu rechnen. Im künftigen MFR sind ca. 32 Prozent für die EU-Agrarpolitik vorgesehen (aktuell ca. 38 Prozent).
Im Europaparlament legten die Berichterstatter*innen Ende Oktober 2018 ihre Entwürfe für Stellungnahmen des Parlaments zu den GAP-Verordnungsentwürfen der EU-Kommission vor. Im Februar und April 2019 beschlossen die Ausschüsse für Umwelt und für Landwirtschaft jeweils ihre Stellungnahmen. Seitdem wird im Parlament diskutiert – eine Entscheidung im Plenum wird für Oktober 2020 erwartet.
In den Diskussionen im Europaparlament und auch im Rat der Agrarminister*innen der Mitgliedstaaten zeigt sich, dass das, was die Vorschläge der EU-Kommission an inhaltlicher Substanz aufweisen, stark unter Druck steht. Gleichzeitig hat die EU-Kommission mit der Farm-to-Fork-Strategie und dem Green Deal ambitionierte Ziele, die auch die Agrarpolitik betreffen, formuliert. Damit diese Ziele auch Teil der zukünftigen GAP werden, ist die Zivilgesellschaft aufgerufen, sich intensiv in diese Debatte einzumischen.
Der BUND steht für ein vielfältiges und lebenswertes Europa. Dazu gehört auch eine gemeinsame, europäische Agrarpolitik. Aber die GAP muss sich ändern: Sie muss sich entschieden gegen das Höfesterben, gegen den Verlust der Artenvielfalt, gegen die Verschmutzung der Gewässer, der Luft und des Bodens stemmen.
Die GAP muss zudem ihren Beitrag zu Klima-, Biodiversitäts- und Tierschutz leisten und Regionalität fördern anstatt Agrar-Exporte zu unterstützen. So betrachtet, sind die aktuell vorliegenden Vorschläge zur Zukunft der GAP nach 2020 eine große Enttäuschung. Selbst der Europäische Rechnungshof kritisiert die Entwürfe und bemängelt vor allem das Festhalten an der pauschalen Flächenprämie.
Der BUND setzt sich daher für eine grundliegende GAP-Reform ein.
Für die zukünftige europäische Agrarpolitik fordern wir:
- Alle Gelder sind an den Grundsatz "öffentliches Geld für öffentliche Leistungen" zu binden.
- Die pauschale Flächenprämie ist schrittweise zugunsten der Förderung konkreter Umwelt- und Tierschutzleistungen abzuschaffen.
- Feste Budgets sind für öffentliche Leistungen in den Bereichen Biodiversität, Klimaschutz und Umweltschutz einzusetzen.
- Bauernhöfe und Junglandwirt*innen sind gezielt zu unterstützen.
- Der Umbau der Tierhaltung ist auch mit GAP-Geldern zu finanzieren.
- Ökolandbau und besonders extensive Landbewirtschaftungen sind gezielt zu unterstützen.
- Gesetze, Marktregeln und Kennzeichnungen müssen auf eine ökologisch-bäuerliche Landwirtschaft und regionale Wertschöpfungsketten ausgerichtet werden.
- Die GAP darf keine negativen Auswirkungen auf die Länder des Globalen Südens haben.
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Die Reform der EU-Agrarpolitik hält an pauschalen Flächenprämien fest, bietet aber auch Raum für mehr Umwelt-, Klima- und Tierschutz sowie eine gerechtere Mittelvergabe. Ein Beitrag von BUND-Experte Christian Rehmer gemeinsam mit Phillip Brändle (AbL).
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