Zivilgesellschaft stärken, nationale Klimaziele verbessern

Eine gute Einbeziehung der Zivilgesellschaft ist unerlässlich für adäquate und breit akzeptierte Klimapolitik. Dennoch ist weltweit der Gestaltungsraum für zivilgesellschaftliches Engagement in Gefahr. Der BUND setzt sich mit internationalen Partnern dafür ein, dass die Stimmen der Bevölkerung Gehör finden und konstruktiv mit einbezogen werden.

Warum ist zivilgesellschaftliche Partizipation wichtig?

Schon heute sind weltweit die Auswirkungen der Klimakrise stark zu spüren. Mit jedem weiteren Zehntel Erderwärmung werden diese drastischer und unkalkulierbarer. Im Jahr 2015 haben sich 195 Staaten daher im Pariser Klimaabkommen geeinigt, die Erderwärmung auf deutlich unter 2 Grad - möglichst 1,5 Grad - zu begrenzen.

Ein Kernelement dieser Vereinbarung sind die Nationalen Klimapläne (NDCs), die alle Staaten nach 2020 zum ersten Mal vorgelegt haben und in einem regelmäßigen Abstand überprüfen und verbessern sollen. Bislang reichen die vorgelegten Pläne jedoch bei weitem nicht aus, um die 1,5 Grad Obergrenze einzuhalten. Besonders wohlhabende Staaten des Globalen Nordens, die eine besonders große historische Verantwortung tragen, müssen hier deutlich nachbessern, um ihren fairen Anteil zu leisten.

Bei der Entwicklung und Umsetzung der Nationalen Klimapläne (NDCs) können zivilgesellschaftliche Organisationen eine entscheidende Rolle spielen, wenn sie richtig einbezogen werden. Zivilgesellschaftliche Organisationen stehen in direktem Kontakt mit lokalen Gemeinschaften und bündeln vielfältigen Erfahrungen und lokales Fachwissen. Sie können eine wertvolle Unterstützung für lokale Regierungen darstellen, wenn es darum geht, Klimapolitik zu gestalten und umzusetzen, die sowohl wirksam als auch in der Gesellschaft akzeptiert ist.

Susann Scherbarth

Projektleitung
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Wie kann gute Partizipation gelingen?

Doch wie genau kann gute Partizipation gelingen? Welche Voraussetzungen müssen geschaffen, welche Hürden abgebaut werden? Und wie müssen die Prozesse selbst schließlich gestaltet werden? Durch wissenschaftliche Begleitstudien haben wir folgende Kriterien für gute zivilgesellschaftliche Partizipation erarbeitet:

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Inklusiv

Screening der Akteurslandschaft zu Beginn des Prozesses um sicherzustellen, dass alle relevanten Gruppen vertreten sind. Pünktliche Einladung aller Teilnehmenden. Bereitstellung von Übersetzungen und einem barrierefreien Zugang.

Auf Augenhöhe

Gute und wirksame Partizipation benötigt Vertrauen, Respekt und Kooperation zwischen den Beteiligten. Es reicht nicht, die Teilnehmenden nur über Vorgänge zu informieren.

Transparent

Ein klares Mandat muss von Anfang an transparent machen, welche Entscheidungen wie getroffen werden sollen. Alle relevanten Unterlagen müssen frei zugänglich sein.

Unterstützend

Bereitstellung von Fortbildungen, um die Teilnehmenden in die Lage zu versetzen, an dem Prozess teilzunehmen. Bereitstellung von Ressourcen und Kompensation von Arbeitszeit und Reisekosten.

Kontinuierlich

Partizipative Prozesse müssen verbindlich und kontinuierlich gestaltet sein. Institutionelle Unterstützung (z.B. Gremien und Abteilungen) für das Engagement der Zivilgesellschaft.

Wie gelingt erfolgreiche Klimapolitik auf allen Ebenen?

Für die Umsetzung der internationalen Klimaverpflichtungen im Rahmen des Pariser Abkommens braucht es ambitionierte Klimapolitik auf allen Ebenen, von nationalen Klimaschutzplänen (NDCs) bis zu ihrer lokalen Umsetzung. Außerdem braucht es eine umfassende Beteiligung der Zivilgesellschaft, wie etwa das Vorhandensein eines rechtlichen Rahmens für die Beteiligung und konkrete Praktiken der partizipativen Politikgestaltung.

Die BUND-Publikation „Don’t bypass people. Tracing NDCs to (local) climate action“ beleuchtet die strukturellen Hindernisse, welche eine erfolgreiche NDC-Umsetzung und Berichterstattung über Klimaschutzmaßnahmen sowie die sinnvolle Beteiligung der Zivilgesellschaft an der Klimapolitik behindern. Darüber hinaus bewertet der Bericht die Auswirkungen lokal umgesetzter Klimamaßnahmen in Bezug auf nationale und internationale Verpflichtungen und beurteilt ihre sozialen Folgen und Auswirkungen auf die Bevölkerung.

Diese Grafik fast den Report zusammen.

Der Bericht basiert auf zehn Studien von lokalen Forschungsteams aus Argentinien, Chile, Costa Rica, Moldawien und Kasachstan, die im Auftrag des BUND und des UfU zwischen Herbst 2022 und Frühjahr 2023 durchgeführt wurden.

 

Wie setzt sich der BUND für zivilgesellschaftliche Partizipation ein?

Seit 2018 setzt sich der BUND im Rahmen des Projekts "Stärkung der Zivilgesellschaft bei der Umsetzung nationaler Klimapolitik" mit Partnerorganisationen in Georgien (Greens Movement of Georgia), Kolumbien (Censat Agua Viva) und der Ukraine (Ecoaction) für partizipative und ambitionierte Ausgestaltung der NDCs ein.

Wie gute Beteiligung der Zivilgesellschaft gelingen kann und welche konkreten Schritte notwendig sind, um die Qualität von Partizipationsprozessen in der Klimapolitik zu verbessern, prüft das Unabhängige Institut für Umweltfragen (UfU)im Rahmen des Projekts.

Multiplikatorenprogramm für Klimaaktivist*innen

Multiplikatorinnenprogramm für Klimaaktivist*innen. Teilnehmer*innen des Multiplikatorenprogramms für Klimaaktivist*innen.  (Nargiza Korgoldowa/CAN EECA)

Der BUND hat im Jahr 2023 gemeinsam mit anderen NGOs ein Multiplikatorenprogramm für Klimaaktivist*innen und NGOs gestartet. Mit daran beteiligt sind die Friedrich-Ebert-Stiftung und das Climate Action Network Büro für die Region Osteuropa, Kaukasus und Zentralasien. Damit setzen wir die Reihe der Climate Dialogues fort, die seit 2020 die Zivilgesellschaft der Region zusammenbringt.

Klimagerechtigkeit diskutieren

In Tbilisi, Georgien, nahmen Teilnehmer aus elf Ländern an einer Trainings- und Networking-Woche teil. Dabei haben wir über Klimagerechtigkeit, Energieunabhängigkeit und Klimakommunikation diskutiert.

Danach erhieltet die Teilnehmer*innen den Auftrag, in ihren Heimatländern Veranstaltungen zu organisieren, die Menschen in ihrer Muttersprache länderspezifische Klima- und Energiethemen vermitteln. In diesen Veranstaltungen haben die Teilnehmer*innen ihr Wissen, das sie während der Trainings- und Networking-Woche erworben haben, an ein größeres Publikum weitergeben. Da die Veranstaltungen in der Muttersprache stattfanden, waren die Informationen leicht zugänglich und verständlich.

Konkretes Engagement für den Klimaschutz

Mit diesem Programm können die Teilnehmer*innen ihr Engagement für den Klimaschutz ganz praktisch demonstrieren und einen konkreten Beitrag leisten. In ihren Heimatländern stärken sie die Zivilgesellschaft und fördern nachhaltiges Handeln, indem sie Veranstaltungen und Workshops umsetzen. 

Podcast: Klima trifft Demokratie

Gemeinsam mit dem Unabhängigen Institut für Umweltfragen (UfU) produzierte der BUND im Jahr 2023 den englischsprachigen Podcast „[insert solutions here]. Climate meets Democracy". Darin wird gezeigt, wie die Klimakrise angegangen werden kann und dabei gleichzeitig demokratische Prinzipen gefördert werden können. Gäste aus Wissenschaft und Praxis aus verschiedenen Regionen der Welt teilen ihr Wissen und ihre Erfahrungen. Welche demokratischen Institutionen könnten helfen, der Klimakrise etwas entgegen zu setzen? Wie hängen Menschenrechte mit der Klimakrise zusammen? Welche Beispiele aus der Praxis gibt es, in der lokale Gemeinschaften erfolgreich agieren? In insgesamt acht Folgen werden diese und viele andere Fragen beleuchtet. Die Episoden des Podcasts „[insert solutions here]. Climate meets Democracy“ sind auf allen gängigen Podcast-Plattformen und der Website des UfU abrufbar.
 

Unsere Partnerorganisationen

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Ecoaction – Ukraine

In der Ukraine arbeitet der BUND mit der jungen, thematisch breit aufgestellten NGO Ecoaction zusammen. Durch fundierte Publikationen, wie bspw. die Roadmap 2030, tragen die Kolleg*innen Ecoaction essentiell zum Klimadiskurs in der Ukraine bei. Auch über die Landesgrenzen hinweg, wirkt Ecoaction als Teil einer klimabewegten Zivilgesellschaft als Blaupause für Länder mit post-sowjetischer Geschichte. Aber nicht nur regional, sondern auch lokal stärkt Ecoaction die Zivilgesellschaft: Bereits im vergangenen Jahr war Ecoaction erfolgreich, lokale Umweltorganisationen, die Überarbeitung städtischer Klimapläne in die Hand zu nehmen. Auch künftig wird Ecoaction verstärkt neben nationaler und regionaler Klimaarbeit die Steigerung lokaler Klimaambitionen vorantreiben.

Green Alternative – Georgien

Seit 2023 arbeitet der BUND in Georgien mit der progressiven Organisation Green Alternative zusammen. Die Organisation besticht durch ihr junges und zukunftsweisendes Engagement in der Klima-, Energie- und Umweltpolitik. Dabei pflegt sie kritische Kontakte mit der georgischen Regierung, während sie gleichzeitig direkt mit Menschen vor Ort zusammenarbeitet. Green Alternative setzt sich dabei für die Verbesserung der Beteiligung der Öffentlichkeit und für Grundsätze der sozialen Gerechtigkeit ein. In Kooperation mit lokalen NGOs , arbeiten die Kolleginnen und Kollegen von Green Alternative im gemeinsamen Projekt die konkreten lokalen Umsetzungsmöglichkeiten von Klimapolitik heraus. Die Ergebnisse werden auf eigens initiierten nationalen und regionalen Konferenzen publiziert und diskutiert.

Censat Agua Viva – Kolumbien

In Kolumbien ist die Friends of the Earth Gruppe Censat Agua Viva Partner des BUND. Censat arbeitet seit über 30 Jahren an der Schnittstelle von sozialen und umweltpolitischen Themen. Im Rahmen des Projekts initiiert Censat Agua Viva Foren zum Austausch zivilgesellschaftlicher Akteure in Kolumbien. Dabei sollen besonders die lokalen und sub-nationalen Gruppen in den Diskurs eingebunden werden. Ergebnis soll sein, Klimaziele in Form eines Policy Papers vorzulegen, welches politischen Entscheidungsträger*innen nähergebracht wird.  Censat bringt die Ergebnisse beispielsweise im Bündnis "Colombia libre de Fracking" ein. Dessen erfolgreiche Anti-Fracking Kampagne "Agua Piloto" trug dazu bei, dass im August 2021 ein neuer Gesetzesentwurf zum Verbot von Fracking im Parlament eingebracht wurde.

Unabhängiges Institut für Umweltfragen – wissenschaftliche Begleitung

Um besser zu verstehen, wie die Zivilgesellschaft ihren Platz in der Klimapolitik einnehmen kann und wie Umweltorganisationen ihre Anliegen besser an den richtigen Stellen vorbringen können, steht dem BUND mit dem Unabhängigen Institut für Umweltfragen (UfU) ein wissenschaftlicher Partner zur Seite.

Das UfU ist ein Think Tank und eine Bürgerorganisation mit besonderer Expertise im Bereich partizipativer Prozesse und Umweltrecht. Die Kolleg*innen analysieren tiefgehend, wie es um die Partizipationsmöglichkeiten in der kolumbianischen, georgischen und ukrainischen Klimapolitik bestellt ist und identifizieren u.a. länderspezifische Barrieren, die eine sinnvolle, effektive und langfristige Partizipation be- oder verhindern.

In der umfassenden Studie "Civic space for participation in climate policies in Colombia, Georgia and Ukraine" veröffentlicht das UfU seine Forschungsergebnisse, gibt Hinweise zur Überwindung der Barrieren und verweist darüber hinaus auf gute Praxisbeispiele für klimabezogene Partizipation aus anderen Ländern hin.

Veröffentlichungen

Um Klimapolitik gerecht, lokal angepasst und ambitioniert zu gestalten, muss die Zivilgesellschaft in die Entwicklung und Umsetzung von nationalen Klimaplänen (Nationally Determined Contributions, NDCs) eingebunden sein. Basierend auf Erfahrungen im Projekt "Stärkung der Zivilgesellschaft für nationale Klimapolitik" sowie auf dem fachlichen Austausch in internationalen Klimaschutz-Netzwerken präsentiert der BUND folgende Veröffentlichungen:

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