Was ist Nanotechnologie und wo kommt sie zum Einsatz?

Die Nanotechnologie per se gibt es eigentlich gar nicht. Vielmehr werden unter dem Begriff unterschiedliche Technologien aus den Bereichen Physik, Biologie und Chemie zusammengefasst. Ihnen ist gemein, dass sie synthetisch hergestellte Nanomaterialien einsetzen, um deren größenspezifische Eigenschaften zu nutzen.

Nanoprodukte im Alltag

Auch alltägliche Produkte für Verbraucher*innen können Nanomaterialien enthalten – so reicht die Palette von Wandfarben über Tierpflegemittel bis hin zu Zahnpasta. Bisher gibt es jedoch keine Verpflichtung der Hersteller, die Verwendung von Nanomaterialien an eine staatliche Stelle zu melden oder auf Verbraucherprodukten zu kennzeichnen. Für die Verwendung in Kosmetika und Lebensmitteln hat die EU jedoch eine Kennzeichnungspflicht beschlossen. Für Kosmetika gilt diese seit 2013, für Lebensmittel seit 2014.

Deshalb hat der BUND eine eigene Produktdatenbank erstellt, mit der sich Verbraucher*innen über Nanoprodukte informieren können. Rund 200 Produkte sind in dieser Produkt-Datenbank bislang zu finden. 

Informationen zu einigen wichtigen Nano-Anwendungsbereichen:

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Nanotechnologie in Lebensmitteln und Verpackungen

In der Nahrungsmittelbranche kommen Nanomaterialien vor allem als Lebensmittelzusatz, in Verpackungen sowie als Verarbeitungshilfe zum Einsatz. Auch in der landwirtschaftlichen Produktion wird bereits Nanotechnologie eingesetzt. Da Lebensmittel der sensibelste Einsatzbereich von Nanomaterialien sind und die Verbraucher dieser Anwendung am kritischsten gegenüberstehen, wird hier kaum mit dem Attribut "nano" geworben. Lebensmittel, die Nanopartikel enthalten müssen ab 2014 gekennzeichnet werden. Aktuell ist es schwierig zu ermitteln, welche Artikel bereits auf dem Markt sind.

Der BUND hat im März 2008 den Bericht "Aus dem Labor auf den Teller – Die Nutzung der Nanotechnologie im Lebensmittelsektor" (PDF) veröffentlicht. Dieser stellt eine Liste mit 93 Nano-Produkten im Lebensmittelbereich vor, die in Deutschland erhältlich sind. 

Küche und Haushalt: Alles sauber und frisch mit Nano?

Für den Haushaltsbereich werden Küchenartikel wie Frischhalteboxen und Schneidebretter, Geräte wie Kühlschränke und Waschmaschinen sowie Reinigungsmittel mit Nanomaterialien angeboten.

Im Küchenbedarf wird Nano-Silber aufgrund seiner antibakteriellen Wirkung besonders häufig eingesetzt. Es findet sich in Frischhalteboxen, auf Schneidebrettern und sogar in Baby-Milchfläschchen und soll dafür sorgen, dass Lebensmittel länger haltbar bleiben und Bakterien abgetötet werden. Besonders verbreitet ist Nano-Silber in den Innenbeschichtungen von Kühlschränken: Viele große Kühlschrankhersteller wie Siemens, Bosch, Bauknecht, Samsung, LG und Daewoo setzen den Stoff ein.

Auch bei Waschmaschinen kommt Nano-Silber zur Anwendung. Die Firma Samsung hat schon vor Jahren ein solches Gerät auf den Markt gebracht, das keimfreies Waschen bei niedrigeren Temperaturen ermöglichen und die Entstehung unangenehmer Gerüche verhindern soll.

Neben ihrer antibakteriellen Wirkung sollen Nanomaterialien auch für eine verbesserte Antihaftbeschichtung sorgen. Hierzulande ist etwa die Bratpfanne Nano Maxx erhältlich.

Auch Reinigungsmittel können Nanomaterialien enthalten. Die meisten Nano-Reinigungsmittel werben damit, Oberflächen zu versiegeln bzw. zu härten. Dadurch sollen sie leichter zu reinigen sein und kratzfest werden. So bietet die Firma Henkel das Produkt "Sidolin mit Nano-Protect" an. Die damit behandelten Oberflächen sollen weniger schnell verschmutzen.

Kosmetika: faltenfrei dank Nano?

Kosmetika bilden einen besonders sensiblen Einsatzbereich von Nanopartikeln, da diese frei in den Produkten enthalten sind und der Verbraucher direkt mit ihnen in Kontakt kommt.

Viele Sonnenschutzcremes beinhalten Nano-Titandioxid- oder Nano-Zinkoxidpartikel. Die winzigen Teilchen werden als "physikalischer Sonnenschutz" genutzt – sie reflektieren wie Milliarden kleinster Spiegel das Sonnenlicht. Auch größere Teilchen von Titandioxid und Zinkoxid haben diese Wirkung, allerdings lassen sich mit Nanopartikeln dünnflüssigere und transparente Sonnencremes herstellen.

Nano-Aluminiumpartikel dienen in Make-Up dazu, Falten zu kaschieren. Auch die als besonders kritisch zu bewertenden Kohlenstoff-Nanokugeln (Fullerene) werden in Pflegeprodukten verwendet. Aufgrund ihrer Fähigkeit, die für die Hautalterung verantwortlich gemachten freien Radikale zu binden, werden sie unter anderem Antifaltencremes zugesetzt.

Die deutsche Kosmetikindustrie beteuerte in Gesprächen mit dem BUND, dass sie Fullerene bislang nicht einsetze und dies auch so lange nicht geplant sei, bis deren Sicherheit nicht ausreichend geklärt sei. Ciba und Novartis, zwei große Kosmetikhersteller, haben sich bereits verpflichtet, auf den Einsatz von Fullerenen zu verzichten, bis weitere Daten zur Risikobewertung vorliegen. Allerdings gibt es Konkurrenz-produkte aus anderen Ländern, für die mit der Verwendung von Fullerenen geworben wird und die auch auf dem deutschen Markt zu finden sind. So enthalten einige Produkte der Firma Dr. Brandt – erhältlich zum Beispiel bei Douglas –  Fullerene.

Welche Kosmetika auf dem deutschen Markt Nano enthalten, ist jetzt ganz einfach auf der Inhaltsangabe der Produkte abzulesen, denn seit dem 11. Juli 2013 gilt für Kosmetika die Kennzeichnungspflicht. Wenn die Inhaltsstoffe in Nanogröße im Produkt eingesetzt wurden, müssen Hersteller den Zusatz "Nano" hinter den Stoff setzen, um dies deutlich zu machen

Nano-Textilien: geruchsfrei, antibaktieriell und wasserabweisend

Im Textilbereich dienen Nanomaterialien dazu, Funktionskleidung herzustellen, die wasser- und schmutzabweisend, antibakteriell wirksam oder mit einem UV-Schutz ausgestattet ist.

In Sport- und Wanderbekleidung, insbesondere in Socken oder Schuheinlagen, werden häufig Nano-Silberpartikel eingesetzt, die eine keimtötende Wirkung entfalten und so unangenehme Gerüche vermeiden sollen. Bei Sonnenschutzausrüstungen wird nanoskaliges Titandioxid und Zinkoxid als UV-Schutz verwendet.

Durch nanostrukturierte Beschichtungen von Hosen oder Jacken wird eine schmutz-, fett- oder wasserabweisende Wirkung erzielt. Welche Stoffe genau in den Textilien enthalten sind, wird meist nicht veröffentlicht. Einige Hersteller geben an, dass die Beschichtungen wasserbasierend oder auch alkoholhaltig sind, die eingesetzten Nanopartikel bestünden aus Keramik, Diamant, Silber und Glas.

Zudem wird bereits an der Entwicklung von sehr leichten, gleichzeitig flexiblen und festen Kleidungsstücken aus Stoffen mit Kohlenstoff-Nanoröhrchen gearbeitet.

Zahlreiche Hersteller für Outdoor-Ausrüstung wie Blackbear, Seidensticker oder Mammut bieten bereits Textilien mit Nanomaterialien an. Vertrieben werden die Produkte in Deutschland unter anderem über Globetrotter, Niemeyer (Segelausrüstung), Karstadt oder Kaufhof. Jack Wolfskin hat sich aufgrund der ungewissen Risiken mittlerweile aus dem Verkauf von Nano-Textilien zurückgezogen.

Im Angebot sind zudem verschiedene Nano-Imprägniersprays für Schuhe und Kleidung, die Nässe und Schmutz fernhalten sollen.

Gesundheitsgefahren durch Nanopartikel in Laserdruckern und Kopierern

Laserdrucker und Kopierer können für den Menschen, insbesondere für Kinder, eine gesundheitliche Belastung darstellen. Schadstoffe, Feinstäube und Nanopartikel können ungefiltert über die Luftemission der Geräte in die Atemluft gelangen. Unter anderem wird Industrieruß (Carbon Black) mit einer Größendimension der Primärpartikel von 5 bis 500 nm, als Schwarzpigment in Farben, Tuschen, Tonern und Lacken eingesetzt (Sondergutachten des Sachverständigenrats für Umweltfragen (SRU) 2011, Vorsorgestrategien für Nanomaterialien).

Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) erklärte 2008, dass gesundheitliche Beeinträchtigungen durch die Exposition gegenüber Emissionen aus Büromaschinen nicht ausgeschlossen werden können. Zwar sind nach den bisher vorliegenden Daten keine schwerwiegenden Gesundheitsschäden beobachtet worden, jedoch sieht es das BfR als vordringlich an, weitere Studien durchzuführen, mit dem Ziel die physikalische und chemische Identität der gemessenen Partikel aufzuklären.

Auch bei den Herstellern kann man in den Sicherheitsdatenblättern Warnhinweise finden. So werden bei der Einatmung größerer Mengen mögliche Lungenschädigungen eingeräumt (z. B. Sicherheitsdatenblatt für Kyocera, Toner TK-170).

Schutz gegen Toneremissionen

Bester Schutz ist der Umstieg auf Tintenstrahldrucker. Falls die Entfernung des Tonerdruckers aus dem Umfeld nicht möglich ist, sollte die Belastung minimiert werden, indem unnötiges Drucken vermieden wird (auch im Sinne des Umweltschutzes), der Raum so oft wie möglich gelüftet wird, die Geräte bei Nichtnutzung ausgeschaltet sind und man sich während des Druckens (vor allem umfangreicher Dokumente) nicht im Raum befindet.

Ökotipp zum Thema umweltgerechte Drucker

Nanotechnologien als Umwelttechnologien

Der Klimawandel, die Erschöpfung der natürlichen Ressourcen und die Abhängigkeit vom endlichen Rohstoff Erdöl gehören zu den großen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts. An die Nanotechnologie knüpfen sich deshalb hohe Erwartungen. Manch einer sieht in ihr einen Schlüssel zur Lösung globaler Probleme. 

Durch den Einsatz von Nanomaterialien sollen etwa die Gewinnung regenerativer Energien und die Ressourcennutzung um ein Vielfaches effizienter werden. Auch im Wasser- und Abfallbereich erwartet man sich viel von nanotechnologischen Entwicklungen. Allerdings befinden sich die meisten dieser Anwendungen momentan noch in der Pilotphase. Die Erforschung der Auswirkungen auf die Umwelt und die menschliche Gesundheit hinkt zudem noch weit hinterher. So besteht die Gefahr, dass vorgeblich umweltfreundliche Techniken höchst negative Konsequenzen nach sich ziehen.

Einsatzbereiche in der Umwelttechnologie

  • Erneuerbare Energien
  • Wasseraufbereitung
  • Reinigung von Luft und Boden
  • Ressourcenschonung

Gewinnung Erneuerbarer Energien mittels Nanotechnik

Angesichts des Klimawandels und des zur Neige gehenden Rohöls verspricht man sich von der Nanotechnologie Verbesserungen im Bereich der Erzeugung, Speicherung und Verteilung von Energie. Die Verwendung von Nanomaterialien, die leichter und zugleich widerstandsfähiger als konventionelle Stoffe sind, wie etwa Kohlenstoff-Nanoröhrchen, kann zudem in Autos oder Flugzeugen zur Einsparung von Treibstoff beitragen.

Photovoltaik

Um die Effizienz von Solarenergieanlagen zu erhöhen und die Kosten zu reduzieren, werden große Hoffnungen auf den Einsatz von Nano- materialien gesetzt. Einige Anwendungen sind bereits auf dem Markt: So steigt durch den Ein- satz von Nanokristallen der ansonsten geringe Wirkungsgrad von Dünnschichtsolarzellen.

Ein weiteres Beispiel ist die Beschichtung von Solarzellen mit Nano-Silber, das den ungenutzten Teil des Lichtes ausblendet. Die Zellen heizen sich damit weniger auf – ein Effekt, der die Leistung des Solarmoduls ebenfalls steigert.

Kurz vor der Serienreife sind Farbstoffsolarzellen, die mit nanokristallinen Elektroden aus Titandioxid ausgestattet sind, anders als herkömmliche Solarzellen auch diffuses Licht nutzen und damit effizienter sind. Bisher entsprechen die Effizienzsteigerungen und Kosteneinsparungen dieser Anwendungen allerdings noch nicht den Versprechungen der Industrie.

Geforscht wird außerdem an organischen Solarzellen. Dabei werden elektrisch leitfähige Polymere mit Kohlenstoff-Nanokugeln, die als Lichtsammler dienen, zu einer Substanz verbunden, die hauchdünn auf eine Folie aufgetragen wird. Trifft Licht auf diese Schicht, geben die Polymere Elektronen ab und erzeugen so Strom. Zwar sind die Folien transparent und biegsam und könnten sehr vielfältig eingesetzt werden, Haltbarkeit und Wirkungsgrad lassen gegenwärtig aber noch zu wünschen übrig.

Windenergie

Rotorblätter von Windrädern sollen durch den Einsatz von Kohlenstoff-Nanoröhrchen widerstandsfähiger gemacht werden. Dies erlaubt eine Vergrößerung der Spannweite der Windräder und führt somit zur Effizienzsteigerung der Anlage.

Energiespeicherung

Bei den aufladbaren Batterien sind dank nanostrukturierter Elektrodenmaterialien die Lithium-Ionen-Akkus besonders leistungsfähig. Auch ermöglichen Nanomaterialien wie Kohlenstoff-Nanoröhren dank ihrer hohen Energiedichte die Entwicklung großer und zugleich leichter Batterien zum Beispiel für Elektrofahrzeuge.

 

Wasseraufbereitung mit Nanotechnik

Der Zugang zu sauberem Trinkwasser ist in vielen Regionen der Erde alles andere als selbstverständlich. Aber auch in Europa sind Wasservorkommen von industrieller Verunreinigung bedroht. Befürworter betonen, dass Nanoanwendungen wesentlich effektiver, effizienter und kostengünstiger als herkömmliche Materialien zur Wasseraufbereitung und Wasserentsalzung seien.

Eingesetzt werden Nanomaterialien in Membranen, Filtern und Geweben, etwa nanoskaliges Eisen, Nanomembranen aus Keramik sowie Hybridmembranen aus organischen und anorganischen Nano-Stoffen. Auch Kohlenstoff-Nanoröhrchen (CNT) können in Filtern zur Entfernung von Verunreinigungen, Bakterien und Viren genutzt werden.

Insbesondere der günstige Preis und die einfache Instandhaltung sprechen für die Nano-Variante. Allerdings wurde bisher noch nicht untersucht, ob und inwieweit CNT aus den Filtern in die Umwelt gelangen und von Organismen aufgenommen werden können.

Reinigung von Luft und Boden mit Nanotechnik

Die Sanierung von Altlasten wird angesichts wachsender Umweltverschmutzung eines der Hauptprobleme der Zukunft darstellen. Zur Reinigung der Luft von Schadstoffen wird bereits Nano-Titandioxid eingesetzt. Mit diesem Material beschichtete Hausfassaden oder Innenräume sind außerdem selbstreinigend und wirken antibakteriell.

Auch bei der Reinigung des Bodens von Altlasten werden Nanomaterialien verwendet. Hier werden nanoskalige Eisen- und Eisenoxidpartikel eingesetzt, die aufgrund ihrer hohen Reaktivität zur Reinigung des Bodens von Schadstoffen wie Pestiziden, chlorhaltigen Lösungsmitteln und Metallen dienen. Allerdings wurde ihre Wirkung auf Bodenökosysteme und Grundwasser noch nicht hinreichend untersucht.

Ressourcenschonung mit Nanotechnik

Durch die höhere Wirksamkeit von Nanomaterialien sollen die Mengen der eingesetzten Chemikalien in Produktionsprozessen und in Endprodukten reduziert werden. Hochgiftige Chemikalien sollen zudem durch Nanomaterialien ersetzt werden. Nano-Silberpartikel im Holzschutzmittel können etwa dazu beitragen, den Einsatz von giftigen Bioziden zu vermeiden.

Allerdings muss hier auch immer hinterfragt werden, wann der Ersatz zu einer wirklichen Entlastung für die Umwelt führt und wann stattdessen der Teufel mit dem Beelzebub ausgetrieben wird.

Zudem soll die Nanotechnologie Baustoffe für Straßenbeläge, Brücken und Häuser leistungsfähiger und langlebiger machen. Beton soll beispielsweise mit Hilfe von Nanomaterialien um das Zehnfache tragfähiger und korrosionsbeständiger gegenüber Normalbeton werden.

Leicht zu reinigende (Easy-To-Clean) bzw. selbstreinigende Oberflächenbeschichtungen sind bereits auf dem Markt. Am bekanntesten ist der sogenannte "Lotuseffekt". Durch Nanostrukturen wird die Oberfläche der Lotuspflanze nachgeahmt, auf der sich keine Schmutzschicht bilden kann, weil der Schmutz nicht daran haften bleibt bzw. mit Wasser abgespült wird. So soll der Verbrauch von Wasser und Reinigungsmitteln verringert werden.

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Wo steckt Nano drin?

Nanotechnologie  (PeteLinforth / pixabay.com)

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