"Bio"-Plastik weckt falsche Hoffnungen

Es klingt vielversprechend: So genanntes "Bio“-Plastik, das aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt wird und einfach verrottet, anstatt die Natur zu verschmutzen. Leider sind solche biologisch abbaubaren oder "biobasierten" Kunststoffe jedoch nicht automatisch nachhaltig.

Das Label "Bio" wird häufig als Marketingstrategie missbraucht und weckt falsche Erwartungen bei Verbraucher*innen. "Bio"-Kunststoffe sind derzeit nur eine Scheinlösung für die Plastikkrise. Erstes Ziel als Antwort auf die Plastikkrise ist und bleibt die Vermeidung überflüssiger Kunststoffanwendungen, insbesondere im Verpackungs- und Einwegsektor.

Aus Sicht des BUND lenkt die oft heiß geführte Debatte um den Einsatz und die potenziellen Vorteile von "Bio"-Plastik hauptsächlich vom eigentlich notwendigen Umbau im Verpackungs- und im Kunststoffsektor allgemein ab. Im Fokus sollte hierbei stehen: viel weniger Plastik insgesamt und eine Kreislaufführung mit möglichst wenig Verlusten.

Biobasierte Kunststoffe? Flächen sind begrenzt!

Schauen wir uns einmal die Bio-Plastiktüte genauer an: Häufig besteht sie aus nachwachsenden Rohstoffen wie Maisstärke. Bei dem Begriff "nachwachsende Rohstoffe" schwingt die Illusion mit, hier handele es sich um unbegrenzt vorhandene Ressourcen. Das ist ein Irrtum. Denn die Erzeugung pflanzlicher Rohstoffe verbraucht Böden, Dünger und häufig Pestizide.

Es besteht einerseits die Gefahr der Flächenkonkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion und andererseits der Umwandlung von extensiv in intensiv genutzte Flächen. Einweg-Geschirr wird beispielsweise häufig aus Zuckerrohr hergestellt. Dessen Anbau führt in Brasilien bei der derzeitig hohen Nachfrage und der ungerechten Landverteilung zu einer Welle von Umwandlungen von ehemaligen Viehweiden in intensiv genutzte Monokulturen durch einige wenige Großkonzerne. Dies hat schwerwiegende negative Folgen für die indigene Bevölkerung, die lokale Umwelt und das Klima.

Bioabbaubare Kunststoffe? Kompostierung ist Entsorgung!

Weiterhin ist eine beträchtliche Menge an Energie notwendig, um zum Beispiel "Bio"-Plastiktüten herzustellen. Diese geht bei der Kompostierung vollständig verloren. Es entstehen auch keine Pflanzennährstoffe. Die Verrottung ist also eine reine Entsorgung. Auch "Bio"-Plastik führt dazu, dass immer wieder neue Einweg-Produkte hergestellt werden.

Zudem werden "Bio"-Plastiktüten in der Praxis faktisch nicht kompostiert, da ihre Verrottung im Kompostwerk zu lange dauert. Im Bioabfall lassen sie sich kaum von herkömmlichen Plastiktüten unterscheiden, sie werden somit aussortiert und verbrannt. Das ist absolut nicht "bio", sondern stellt eine Ressourcenvernichtung und Energieverschwendung dar. Zudem tolerieren die für den Abbau bioabbaubaren Plastiks existierenden Normen Rest-Mikroplastikpartikel und berücksichtigen mögliche negative toxikologische Effekte der enthaltenden Chemikalien auf Menschen und Umwelt nicht ausreichend.

Ähnlich schlechte Ökobilanz wie herkömmliches Plastik

Grundsätzlich haben heutige biobasierte Kunststoffe keine bessere Ökobilanz als herkömmliche Kunststoffe. "Bio"-Plastik enthält genauso viele unbekannte und teilweise schädliche Chemikalien wie herkömmliches Plastik, so dass eine Kompostierung oder generell "Littering" in die Umwelt mit Risiken für Mensch und Umwelt verbunden ist.

Für chemisch neuartige "Bio"-Kunststoffe gibt es derzeit kein werkstoffliches Recycling, da dies sich nicht lohnt. Die Hersteller sollten sich daher zukünftig unbedingt auf wenige unterschiedliche Sorten beschränken. Chemisch identische "Drop-in-Polymere" können auch heute schon in den Anlagen werkstofflich recycelt werden.

Einweg-Plastik steht für Wegwerfkultur – Umdenken nötig!

Die Hälfte der gesamten "Bio"-Plastik-Produktion wird für Einweg-Verpackungen verbraucht – hier besteht daher ein großes Einsparpotential. Die Vorstellung, man könne "Bio"-Plastik einfach wegwerfen, weil es ja doch verrotten würde, fördert die Wegwerf- und Verschwendungskultur. Abfallvermeidung und Umweltschutz beginnen jedoch mit der Vermeidung unnötiger Produkte und Verpackungen.

Für hochwertige, langlebige Anwendungsbereiche, bei denen der Einsatz von Kunststoffen sinnvoll ist, kann "Bio"-Plastik eine gute Alternative sein. Ansonsten gilt  insbesondere für Verpackungen: Nur einheitliches Mehrweg und "Unverpackt" stehen für echten Klima- und Ressourcenschutz!

BUND-Podcast zum Thema "Bio"-Kunststoffe

Bioökonomie – Zukunftschance oder leeres Versprechen?

In der vierten Folge unseres Bioökonomie-Podcasts folgen wir dem Weg von "Bio"-Plastik – am Beispiel einer einfachen Mülltüte. Startpunkt ist Brasilen: Bioökonomie-Experte Thomas Fatheur berichtet über die steigende Nachfrage nach Zuckerrohr für "Bio"-Plastik. Und mit Umweltaktivist Alan Tygel sprechen wir über die Folgen des massiven Pestizideinsatzes auf den Feldern. Bei der Berliner Stadtreinigung erklärt uns Sebastian Seibel, warum die "Bio"-Plastiktüte nichts im Biomüll zu suchen hat. Janine Korduan, Plastik-Expertin beim BUND, macht letztendlich klar, dass es politische Schritte braucht für einen wertschätzenden Umgang mit Materialien.

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