Nationales Entsorgungsprogramm (NaPro) verschweigt Risiken und lässt Finanzierung der Endlagerung von Atommüll im Unklaren

Die Bundesregierung muss in einem umfangreichen Programm gegenüber der EU-Kommission darlegen, wie sie sich den weiteren Umgang mit dem Atommüll in Deutschland vorstellt. Nun hat das Bundesumweltministerium ein Konzept hierfür vorgelegt: das "Nationale Entsorgungsprogramm", kurz: NaPro.

Der Castortransport 2006 erreicht das Wendland; Foto: Simon Avenia / PubliXviewinG Der Castortransport 2006 erreicht das Wendland  (Simon Avenia / PubliXviewinG)

Der Bericht zur Lagerung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle ist aus Sicht des BUND ein wichtiger Schritt zur Lösung der vielfältigen Probleme im Umgang mit dem Atommüll. Endlich berücksichtigt das Ministerium auch einen großen Teil der radioaktiven Abfälle, die bislang bei der Endlagerplanung nicht einbezogen wurden.

Auch ist zu begrüßen, dass die Grundlage für die Suche nach einem dauerhaften Lager für hochradioaktive Abfälle eine weiße Landkarte sein soll. Allerdings bleibt der dunkle Fleck Gorleben, der aus Sicht des BUND als Standort nicht in Frage kommt. Und der Bericht verschweigt auch viele weitere Probleme oder spielt diese herunter.

Sicherheit der Atommüllager nicht gewährleistet

So bestehen erhebliche Sicherheitsrisiken an den bundesweit verteilten Zwischenlagern, die beispielsweise nicht gegen Terroranschläge oder Flugzeugabstürze gesichert sind. Viele Fässer und Behälter weisen undichte Stellen und starke Beschädigungen auf. Für das Zwischenlager Brunsbüttel wurde die Genehmigung inzwischen aufgehoben.

Nun gibt die Bundesregierung zu, dass wir die hochradioaktiven Abfälle weitaus länger als geplant in den Zwischenlagern unterbringen müssen. Wie das gehen kann und zugleich ein Höchstmaß an Sicherheit garantiert wird, bleibt jedoch unklar. Auch die beabsichtige Finanzierung ist unsicher, denn es ist zu erkennen, dass die vier großen Stromkonzerne in Deutschland versuchen werden, sich ihrer Kostenverantwortung zu entziehen. Wenn die Bundesregierung hier nicht schnell einschreitet, bleiben die Ewigkeitskosten der Atomenergie an den Steuerzahlern haften.

Unrealistisch ist auch der im NaPro umrissene Zeitplan: Die bisherige Planung könnte dazu führen, dass die Endlagersuche nicht mit der notwendigen wissenschaftlichen Sorgfalt und der unerlässlichen echten Bürgerbeteiligung durchgeführt wird.

Enttäuschend ist, dass es zwar eine Absichtserklärung von Bundesumweltministerin Barbara Hendricks gibt, die rückzuholenden Abfälle aus der Asse im neu zu suchenden nationalen Endlager einzuplanen, aber noch keine endgültige Entscheidung.

Fast 70.000 Einwendungen hatte es auf die erste Vorlage des NaPro vom Januar 2015 gegeben, darunter auch eine umfangreiche Stellungnahme des BUND.

Der BUND fordert:

  • Ein umfassendes Konzept für den gesamten vorhandenen und künftig anfallenden Atommüll, das die vorhandenen Probleme beschreibt anstatt sie zu ignorieren. Dem Schutz vor radioaktiver Strahlung muss dabei oberste Priorität eingeräumt werden.
  • Das Umdefinieren radioaktiver Abfälle (Freigabe niedrig strahlender Materialien aus Atomanlagen, Uranabfälle der Wismut-AG) und die unkontrollierte Verteilung gering strahlender Abfälle zu beenden.
  • Konsequenzen aus dem Entzug der Betriebsgenehmigung für das Standortzwischenlager Brunsbüttel für alle Zwischenlager zu ziehen anstatt dies zu ignorieren. Darüber hinaus dürfen ohne sicherheitstechnische Ertüchtigungen und den Einbau von "Heißen Zellen" keine Genehmigungen verlängert werden.
  • Ein Eingangslager für hochradioaktive Abfälle darf erst nach einer endgültigen Genehmigung eines "Endlagers" errichtet werden. Seine Dimensionierung als Zwischenlager mit bis zu 500 Castor-Behältern für alle abgebrannten Brennelemente und Wiederaufarbeitungsabfälle bedarf einer Alternativen-Abwägung.
  • Ein grundsätzliches Verbot des Exports abgebrannter Brennelemente aus Leistungsreaktoren, auch solchen zu Versuchs- und Demonstrationszwecken.
  • Das völlig veraltete, ohne Alternativen-Vergleich und mit politischen Weisungen durchgesetzte Projekt Schacht Konrad zu beenden anstatt nach Inbetriebnahme optional weiteren Müll einzulagern.
  • Im Rahmen des Standortauswahlgesetzes die Öffentlichkeit nicht nur informell zu beteiligen, sondern mit verbindlichen Rechten auszustatten, sowie die Beschneidung der Einspruchs- und Klagerechte der Bürgerinnen und Bürger zurückzunehmen.
  • Sicherzustellen, dass die AKW-Betreiber die entstehenden Kosten vollumfänglich übernehmen.
  • Die Stellungnahmen zum Nationalen Entsorgungsprogramm in regionalen öffentliche Veranstaltungen vor der Einreichung des Programms bei der EU zu erörtern.

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Juliane Dickel

BUND-Expertin für Energiepolitik, Klima und Atom
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